Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
seine junge Frau so ausgezuckt? – Wird Pauer jetzt quasi posthum zum Helden? Ich muss aufpassen, was ich schreibe. Wie ich es schreibe. Zum Glück habe ich alles auf Band. Ich bin durcheinander. Egal, wer er wirklich war, wie er wirklich war: Ich bin betroffen, dass er tot ist. Ich erinnere mich daran, wie er am Seeufer gelächelt hat, als er von den ersten Begegnungen mit seiner zweiten Frau erzählt hat. Ich sollte mich lieber daran erinnern, was er gesagt hat: dass Feministinnen nur ein richtiger Mann fehle. All diese Sprüche. Und das Buch. Und vor allem Nicole. Wie sie damals in der Hotelhalle gestanden ist. Trotzdem. Ich trauere um einen, den ich für ein Arschloch gehalten habe.
Gegen Mitternacht treffe ich mich mit Jana und Vesna bei der Aspernbrücke. Ich kann kaum mehr aufrecht stehen. Selbstverständlich kommt Pauers Tod auf Seite eins. Jetzt berichte ich natürlich auch über den Streit zwischen ihm und der Verlegerin, als zufällige Ohrenzeugin. Wir rechnen damit, dass sie mich verklagt. Ich habe das alles mit dem Chefredakteur durchgesprochen. Wir werden morgen vorsorglich den Anwalt, der das „Magazin“ in solchen Fällen betreut, informieren. Ob ich über die aufgebrachte Frau Pauer zwei am Pool schreibe, weiß ich noch nicht. Sie kann das Telefonat mit bald wem geführt haben. Ich muss natürlich auch bei der Polizei aussagen. – Soll ich erzählen, dass ich mir eingebildet habe, ich hätte Nicole gesehen?
Jana und Vesna lauschen mit offenem Mund. Eine seltene Sache. Der Donaukanal unter uns, letzte Ausflugsboote, nur noch wenige Menschen bei der Festlandbar. Sie sperrt um Mitternacht, soviel ich weiß. Wir gehen trotzdem runter. Ich kenne Alex, die Besitzerin, ich mag sie und ich mag ihre Bar. Aber sie ist schon weg. Nur mehr ein Kellner da. Ein schnelles Glas könnten wir noch kriegen, sagt er, wenn es uns nicht störe, dass er nebenbei zusammenräumt.
„Von Nicole schreibst du nichts. Dir ist klar, dass sie das unter Verdacht bringen könnte. Sie hat genug am Hals“, sagt Jana.
„Aber wenn sie doch dort war …“
„Du hast selbst gesagt, dass du dir nicht sicher bist. Ich versuche mit ihr Kontakt aufzunehmen. Noch heute. Sie muss natürlich zurückkommen.“
Das Verfahren wegen versuchter Vergewaltigung wird eingestellt werden. Der mutmaßliche Täter ist tot. – Was heißt das für sie? Erlösung? „Sag ihr, dass wir uns so schnell wie möglich treffen müssen.“
„Das ist klar. Glaubst du, ich will nicht wissen, ob sie wirklich in Sardinien war?“
Vesna schüttelt den Kopf. „Da schreibt jemand Bestseller. Tausende rennen ihm nach. Er versucht Vergewaltigung an junger Frau. Streitet ab. Große Aufregung. In Amerika drucken sie jetzt noch viel mehr von seinen Büchern. Bei Literaturfestival mag man ihn nicht. Er tut brav, was Verlagschefin verlangt. Aber dann ein Streit. Sieht fast aus, er will aufmucken. Und nächsten Tag er ist tot. Beim Joggen auf Stein. Unfall. Das ist gut möglich. Aber es gibt auch andere Möglichkeiten.“
„Warum hat man ihn eigentlich so lange nicht gefunden?“, überlegt Jana. „Seine Frau war doch dort. Seifried war dort. Er hat viele Termine. Ist er keiner abgegangen?“
Ich nicke. Und erzähle von Carina Pauer und ihrem Telefonat am Pool. Hatte sie keine Lust, nachzusehen, wo er steckt? Oder hatte sie einen viel naheliegenderen Grund, nicht nach ihm zu suchen? „Ich nehme an, die beiden sind noch in Gavoi. Ihre Alibis wird die Polizei wohl ziemlich rasch überprüfen. – Während so gut wie alle anderen schon abgereist sein dürften.“
„Schwierige Ermittlungen. Wenn es nicht doch Unfall war“, murmelt Vesna und nimmt einen Schluck Rotwein.
Ich schrecke hoch, irgendwas rüttelt. – Das Flugzeug? Pauer? Bin ich gestürzt?
„Höchste Zeit, du kommst nach Hause“, sagt Vesna. „Schlaft am Tisch ein.“
„Ich bin nicht, der ich bin!“ … „Und sie ist nicht, was ihr glaubt!“ Es ist erst neun in der Früh, schon wieder eine kurze Nacht. Ich bin in der Redaktion und brüte über den beiden Sätzen. Können sie mit seinem Tod zu tun haben? Karl Simatschek fliegt tatsächlich nach Sardinien. Man hat sich für ihn entschieden, weil er perfekt Italienisch kann. Eigentlich naheliegend. Und nicht unbedingt ein Glück für mich. Wenn er in offizieller Mission unterwegs ist, muss er mit Informationen weit vorsichtiger sein. Was ich inzwischen aber jedenfalls weiß: Bei der Stelle, an der Pauer gestürzt ist, handelt es sich um den
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