Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
keinen klassischen Kondolenzbesuch handelt?
„Ich weiß, wer Sie sind. Ich habe nur ganz kurz Zeit, die Polizei war da und dauernd will jemand was von mir, meine Mutter passt auf die Kinder auf, aber ich möchte sie nicht allein lassen. – Glauben Sie, dass es ein Unfall war?“ Jetzt sieht sie mich an. Helle Augen, gerötet. Ungeschminkt. Bleich.
Ich setze mich ans andere Ende der Bank. „Ich weiß es nicht. Niemand weiß es noch. Ich kenne den Weg, ich bin dort selbst ausgerutscht.“
„Thomas hat mir erzählt, dass er Sie beim Joggen getroffen hat. Er hat ganz gut über Sie gesprochen, wissen Sie das?“
Ich schüttle den Kopf. „Ich hab … kritisch berichtet. – Was war mit ihm am letzten Abend los?“
„Er … hatte zu viel getrunken, den ganzen Tag ein Interview nach dem anderen, und immer wieder böse Fragen, er hat einfach Durst gehabt, er ist üblicherweise keiner … er war …“ Sie schüttelt den Kopf und bricht ab.
Ich schweige eine Zeit lang und sage dann: „Der Druck war ziemlich groß, das hat er auch mir gesagt.“
„Er war enorm. Die Anfeindungen, die Kritik an seinem Buch. Und dann die Lügen mit der Vergewaltigung. Und eben die vielen Termine.“
„Die Lügen mit der Vergewaltigung?“
Carina Pauer starrt mich böse an. „Er war es nicht!“
„Was … macht Sie da so sicher?“
„Sicher? So etwas weiß man eben.“
„Seine erste Frau hat erzählt, dass ihm Sex nicht besonders wichtig war.“
„Na ja. Wir haben immer so viel zu tun gehabt, zuerst die Vorbereitungen zum Buch und dann der plötzliche Erfolg, er war ja dauernd unterwegs, und dazu auch noch die beiden Kinder. Es passt schon, wie es ist.“
„Das heißt … da hat sich nicht viel geändert? Er war nicht eben … hyperaktiv?“
„Das dürfen Sie auf keinen Fall schreiben, das klingt, als wenn er ein Weichei gewesen wäre. Das war er nicht, ganz und gar nicht, es war nur so wenig Zeit. Sie haben keine Ahnung, wie das ist, dauernd auf Tour und die Kinder. Und die Fans.“
„Hat es Ihnen etwas ausgemacht, dass er so viele weibliche Fans gehabt hat?“
„Nein, gar nicht. Das ist ja kein Wunder, er hat ein großartiges Buch geschrieben.“
„Sie stehen zu allem, was er darin behauptet? Auch dass Männer längst benachteiligt sind? Auch dass man sie endlich wieder Männer sein lassen sollte, was immer das bedeutet?“
Große Augen im blassen Gesicht. „Total. Ich bin immer hinter ihm gestanden und ich tue es weiterhin. Die Anfeindungen … sie waren einfach nur gemein. Niemand hat ihm wirklich zugehört. Die wollen alle nur die Sensation.“
„Es sieht so aus, als hätte Farah Seifried nichts gegen Sensationen gehabt. Und es sieht so aus, als hätte sie ganz gezielt zum Image Ihres Mannes beigetragen.“
„Sie ist sehr tüchtig.“
„Sie kommen gut mit ihr aus? Warum sind Sie abgeflogen und Ihr Mann und Frau Seifried sind geblieben?“
Sie seufzt. „Das hab ich der Polizei schon erzählt. Ich wollte endlich wieder zu den Kindern. Und die beiden mussten weiter nach Paris. Ich habe meinen Mann zum letzten Mal gesehen, als er sich zum Joggen fertig gemacht hat … dann bin ich abgeholt worden …“
Ich schweige eine Zeit lang. Sie steht also hinter allem, was er gemacht hat. Für sie bleibt er der Held. Sexuell eher weniger als mehr aktiv. – Was natürlich über den Vergewaltigungsfall nicht besonders viel aussagt. Bloß dass er nicht so ein durchgeknallter Sexsüchtiger gewesen sein dürfte.
„Und warum haben Sie dann im Flugzeug geweint?“, frage ich leise.
„Woher wollen Sie das wissen? Das stimmt nicht!“
„Ich weiß es.“
„Es hat vielleicht bloß so ausgesehen. Es muss mir was ins Aug …“
„Sie haben geweint und gleichzeitig waren Sie wütend.“
„Ich … es hat nichts mit meinem Mann zu tun.“
„Sondern?“
Sie seufzt, bückt sich, zupft am Gras herum, reißt einen Halm ab, wirft ihn weg. Wenn ich derlei deuten könnte … aber wahrscheinlich ist es nicht zu deuten.
„Ich will Ihnen nichts Böses, aber ich hab es aus zuverlässiger Quelle“, setze ich nach.
„Ich war sauer, weil sie mich heimgeschickt hat.“
„‚Sie‘ ist Farah Seifried, nicht wahr?“
„Ja. Ich wollte mit nach Paris. Meine Mutter kann wunderbar auf die Kinder aufpassen, es macht ihr richtig Freude und die Kinder lieben sie. Ich bin trotzdem eine gute Mutter, nur damit das klar ist. Aber Paris … Doch sie hat gesagt, ich müsse zurück, sonst fällt es auf, dass ich mit meinem Mann in
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