Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
kichern, verstummen auch.
„Tja, ob das gar so eine Schande ist …“ Das kommt von der blonden Schauspielerin, Angelina übersetzt es. Wieder Gelächter.
Pauer greift zum Mirto-Glas, der Schauspieler schnappt es ihm weg.
„Ich bin nicht, der ich bin!“, ruft Pauer noch einmal, fast verzweifelt.
„Ein Fall wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde?“, antwortet der Festivalpräsident. Aber nur wenige lachen.
„Und sie ist nicht, was ihr glaubt!“, schreit Pauer.
„Oh, bin ich doch“, antwortet die Schauspielerin und jetzt sei es Zeit, ihm endlich seinen Mirto zu geben, insgesamt sei das wohl Schande genug! Klatschen, Lachen, Buh-Rufe. Pauer trinkt und stolpert von der Bühne. Er dürfte wirklich deutlich zu viel vom Rotwein erwischt haben. Er tut mir beinahe leid. – Tickst du noch richtig, Mira? Der tut dir leid? Ist aber so. Ich verliere ihn im Trubel aus den Augen, wahrscheinlich führt ihn seine Frau ab. Der Festivalpräsident verabschiedet sich vom Publikum, viel Applaus. Musiker kommen auf die Bühne und spielen sardische Volksmusik. Stampfender archaischer Rhythmus, Schellen, helle Flötentöne.
Bewegung in der Ecke, in der die Schweine brutzeln. Ich sehe, dass die ersten Stücke Spanferkel ausgeteilt werden. Üblicherweise hasse ich es, mich in der Schlange anzustellen. Aber für dieses Tier mache ich es gerne.
„Ich bin nicht, der ich bin!“ „Und sie ist nicht, was ihr glaubt!“ Ich habe die Sätze noch auf dem Fest in mein Mobiltelefon getippt. Eine Art von Geständnis? Farah Seifried scheint es zumindest geschafft zu haben, dass er nicht deutlicher geworden ist. Hat sich der Satz auf sie bezogen? Oder hat er mit seiner jungen Frau zu tun? – Was kann er sonst damit gemeint haben? Oder war er einfach betrunken?
Ich fahre die Küstenautobahn entlang, gleich bin ich in Olbia. Ich habe das Gefühl, zu früh abzureisen. Ich hätte Pauer mit dem Streit vorgestern Nacht konfrontieren sollen. Und wie er mit den kryptischen Sätzen auf dem Mirto-Fest zusammenhängt. Unwahrscheinlich, dass ich noch einmal an ihn herangekommen wäre. Oder doch? Er könnte bald mehr für mich haben, hat er gesagt. Er lebt meistens bei Korneuburg. Wir können ja in Österreich weiterreden.
Es tut mir trotzdem leid, dass ich schon wegmuss von hier. Aber ich komme mit Oskar wieder. Oder mit Vesna. Oder mit beiden. Einfach Urlaub machen.
Außerdem werde ich, sobald ich in Wien bin, Karl Simatschek anrufen. Er soll mir erzählen, wie ihm Sardinien gefallen hat. Vielleicht war er ohnehin schon oft hier. Seine Mutter ist Italienerin, das weiß ich. Schade, wie schnell man auch sehr sympathische Menschen nach großen Reportagen wieder aus den Augen verliert. Nur bei ganz wenigen ist das anders. Karl gehört hoffentlich dazu. Wir werden ein sardisches Abendessen machen. Auch wenn wir leider kein Spanferkel an offenem Feuer braten werden können. Meine Güte, war das Schwein gut. Das beste, das ich je gegessen habe: zarte und trotzdem knusprige Kruste, saftiges Fleisch und dazu dieses Aroma von würzig mit dem genau richtigen Holz Gegrilltem.
[ 14. ]
Im Flugzeug habe ich an meiner Reportage für die Kulturseiten gearbeitet, fertig bin ich nicht geworden. Kein Wunder bei einer Flugzeit von eineinhalb Stunden. Ich bin in die Redaktion, man hat mich gebührend für die Dienstreise beneidet, ich habe mit Droch und dem Chefredakteur beratschlagt, was wir im nächsten Heft bringen. Leider habe ich von Pauer noch kein Okay für das Interview. Ich habe ihm eine E-Mail an seine persönliche Adresse geschickt: Es sei dringend und wenn ich keine Antwort bekäme, dann ginge ich davon aus, dass ich alles schreiben dürfe, was ich auf Band habe. Und wenn es darüber hinaus noch etwas gäbe, das er sagen wolle: Ich würde ihn fair behandeln, nichts kürzen, nichts verfälschen. Wahrscheinlich muss er einfach seinen Rausch von gestern ausschlafen. Oder er ist schon unterwegs zum nächsten Festival, zum nächsten Auftritt, zum nächsten Interview. – „Ich bin nicht, der ich bin!“ Hätte er vielleicht gern.
Ob es wirklich Nicole Moser war, die ich in Gavoi gesehen habe? Ich werde es wohl nur erfahren, wenn sie es mir erzählt. Irgendwann nach dem Gerichtsverfahren. Morgen ist jedenfalls Redaktionsschluss. Der Streit zwischen Pauer und seiner Verlegerin … ich werde nicht direkt darüber schreiben. Aber ich werde klarmachen, dass das Verhältnis zwischen den beiden gespannt ist. Und dass es Hinweise darauf gibt, die deftigsten Passagen habe
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