Maennerschlussverkauf - Roman
machen wir nicht bloß einen Hugo, sondern gleich drei. Hilft ja nichts.
Neuanfang auf Französisch
Shoppingbeutetagebuch:
Lippenstift, Rosé Nude und kussecht (man weiß ja nie): 1
Sündhaft teures Bauchweg-Höschen mit hundert Prozent Stretchanteil (trägt heute jede Frau, die etwas auf sich hält): 1
Push-up- BH s mit Aufpumpfunktion (Leonies Idee): 1
Als ich heute Morgen in die Redaktion komme, ist die Hölle los. Erst kapiere ich gar nicht, warum, aber als immer neue Glückwunsch-E-Mails in mein Postfach flattern, verstehe ich allmählich, dass es etwas mit der Quote zu tun haben muss.
»Dein Interview hat einen Quotenrekord erzielt!«, singt mir auf einmal jemand fröhlich ins Ohr.
Ich drehe mich um und sehe eine bis über beide Backen strahlende Leonie vor mir.
»Nicht dein Ernst!«, schreie ich sie an.
»Oh dohoch! Das wird eine superspannende Moooorgenkooooonfiii heute«, singt sie weiter und hakt sich bei Manuel ein, der lautstark »For she’s a jolly good fellow« grölt und in Richtung Konferenzraum marschiert.
Anscheinend ist bei meinen Mitbewohnern das Musikfieber ausgebrochen. Neugierig bin ich natürlich ebenfalls, deswegen flitze ich wie der Blitz hinter den beiden her. Der Saal ist brechend voll, ganz vorn kann ich Tom erkennen, der mich (kann der Tag noch besser werden?) anlächelt. Kurz darauf wirft Verena wie jeden Morgen per PowerPoint-Präsentation ein riesiges Bild von der Zuschauerkurve an die Wand, auf der man ablesen kann, wie viele Menschen die Sendung gesehen haben und welche Beiträge am besten liefen. Heute sieht die Kurve aus wie ein Bild von New York, allerdings von einem New York mit nur einem Wolkenkratzer. Die Unterschrift zu dem Wolkenkratzer lautet: »Interview Marco Tossi«. Ich kann es mir nicht verkneifen und fange an zu strahlen. Währenddessen höre ich, wie ein Raunen durch den Konferenzsaal geht.
»Also, wir hatten gestern einen kleinen Quotenrekord«, fängt die Vampirella selbst für ihre Verhältnisse auffällig eisig an. »Wir sind zwar recht verhalten gestartet, aber das Interview von«, sie räuspert sich kurz, »Anna und dem Bayernspieler ist recht gut angekommen. Sehr gut sogar. Genau genommen ist das die am besten gelaufene MAZ von Flash! , die wir jemals gesendet haben. Ihr wisst ja, der Zuschauer ist unberechenbar, den Beweis haben die Leute uns wieder einmal erbracht. Wie dem auch sei, danach können wir mit dem Beitrag über die zehn besten Methoden zur Intimrasur das Niveau nicht mehr ganz halten, laufen aber immer noch auf einem recht hohen Stand weiter. Im Endeffekt hatten wir gestern eben die beste Quote des Jahres. Ich habe soeben einen Gratulationsanruf vom Vorstand bekommen, ihr könnt also alle stolz auf euch sein! Diesen Erfolg haben wir uns gemeinsam lange und hart erarbeitet. Ich bin sehr stolz auf eu…«
In diesem Moment der vollendeten Scheinheiligkeit wird Verena unterbrochen, weil die aufgeregte Redaktionsassistentin dir Tür aufreißt. »Sorry, aber alle Server sind eben zusammengebrochen! Nichts geht mehr, weil seit gestern Abend massenhaft Zuschauermails wegen dieser Löffelsache reinkommen! Die diskutieren alle, ob Marco Tossi recht hat, dass man zum Nudelessen keinen Löffel nehmen darf. Scheint ’ne Riesensache zu sein, das habe ich noch nie erlebt. Müssen Tausende E-Mails sein, ich …«
»Das reicht, danke, Sina!«, unterbricht Verena sie mitten im Satz scharf. »Ruf bitte den technischen Support an, wir sind hier mitten in der Konferenz, ja?«
Die Assistentin schaut sie kurz ungläubig an, zieht den Kopf zurück und schließt die Tür etwas lauter als nötig, woraufhin Vampirella sich sofort wieder an uns wendet und weiterredet, ohne auf das eben Gehörte einzugehen. Was das im Saal ausgebrochene Getuschel allerdings nicht unbedingt leiser werden lässt. Das Grinsen kann ich mir daraufhin erst recht nicht verkneifen, und ich meine aus dem Augenwinkel zu erkennen, wie Toms Mundwinkel ebenfalls nach oben wandern, was bei mir gleich wieder Herzrasen auslöst.
Aber es soll noch besser kommen.
»Nun gut, widmen wir uns dem wirklich wichtigen Thema des Tages.«
An dieser Stelle entfährt Manuel ein empörtes Schnauben.
»In drei Monaten findet das Großereignis des Jahres statt: die erste Münchner Fashion Week, exklusiv präsentiert von unserem großartigen Sender und seinem nicht minder großartigen beliebtesten Moderator, unserem Tom Vanderscheid! Tom, wir freuen uns alle schon riesig und sind furchtbar aufgeregt.
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