Maennerschlussverkauf - Roman
Das wird toll!«, kreischt Verena schrill und fängt begeistert an in die Hände zu klatschen, was ihr die Redakteure sogleich begeistert nachmachen.
Tom, dem der ganze Zirkus sichtlich peinlich ist, nimmt beschwichtigend die Hände hoch und erhebt sich langsam von seinem Stuhl. »Vielen Dank euch allen, aber bisher gibt es noch nichts zu beklatschen, sondern nur einen Haufen Arbeit, der vor uns liegt. Das Team für den großen Live-Dreh ist fast komplett, wir arbeiten ja schon eine ganze Weile an den Vorbereitungen. Vielen Dank dafür, ihr seid eine Riesenhilfe! Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass das gewisse Etwas für die große Show noch fehlt, deswegen habe ich Verena gebeten, mir eine Zusatzkraft für das Projekt an die Seite zu stellen. Da sie so lieb war und mir erlaubt hat, mir einen Redakteur oder eine Redakteurin auszusuchen, der oder die mich ab sofort voll und ganz unterstützt, würde ich jetzt gerne jemanden von euch zum Fashion-Week-Beauftragten und meiner rechten Hand ernennen.«
Im Konferenzsaal ist es wie auf einen Schlag mucksmäuschenstill, nur vereinzelt ist noch ein aufgeregtes Wispern zu hören. Ich halte gespannt die Luft an.
»Ich möchte gerne Anna fragen, ob sie sich vorstellen kann, den Job zu übernehmen!«, lässt Tom in diesem Moment die Bombe platzen und lächelt mich freundlich an.
Ich habe das Gefühl, gleichzeitig zu explodieren und keine Luft mehr zu bekommen, und als ich Verenas entsetztes Gesicht sehe, wird mir noch schwindeliger. Aber dann blende ich die Vampirella und alle anderen aufgeregt durcheinanderredenden Menschen um mich herum einfach aus und sehe nur noch in Toms Augen. »Ja«, antworte ich mit zitternder Stimme, »ich möchte sehr gerne deine Fr… äh … deine rechte Hand werden!«
Wieder herrscht kurze Stille, woraufhin Leonie und Manuel ziemlich peinlich in lautstarken Jubel ausbrechen und Tom mir durch den direkt danach ausbrechenden allgemeinen Trubel nur noch ein »Dann lass uns das heute beim Mittagessen besprechen!« zurufen kann.
Ich bin kaum in der Lage, mein Glück zu fassen.
Die nächsten drei Stunden entwickeln sich zu einem reinen Adrenalin-Training. Bei jeder E-Mail, die auf meinem Bildschirm aufploppt, zucke ich zusammen und erwarte Toms Wollen-wir-jetzt-zum-Essen-gehen?-Mail. Ich zucke ziemlich oft zusammen, denn Leonie und Manuel bombardieren mich mit guten Ratschlägen für mein bevorstehendes »Date«, wie Manuel es nennt. Meine beharrlichen Hinweise darauf, dass es sich mitnichten um ein Date, sondern ein Geschäftsessen handele, ignoriert er in seiner gekonnt ignorant liebenswürdigen Art. Neben »Iss ja keine Spaghetti mit Tomatensoße, das geht bei dir sowieso schief!« und »Trink bloß kein Mineralwasser mit Kohlensäure, sonst musst du die ganze Zeit aufstoßen!«, entwickeln meine engagierten Freunde noch einen speziellen Schlachtplan.
Leonie hübscht mich auf der Damentoilette mit Lipgloss, Haarspray und ihrem sündhaft teuren neuen Chanel-Parfüm auf, während Manuel mir ein Menü mit unverfänglichen Speisen zum Mittagessen ausarbeitet: »Erst einen Salat, das zeigt, wie gesund und bewusst du dich ernährst, dann ein gegrilltes Stück Fleisch oder Fisch – kein Lamm, das bleibt in den Zähnen hängen! – und danach unbedingt einen Nachtisch. Er soll schließlich merken, dass du ernährungsbewusst, aber nicht essgestört bist. Frauen, die Nachtisch essen, sind besser im Bett, das weiß ja sogar ich!«
Dank der beiden bin ich gegen zwölf Uhr, als Toms E-Mail tatsächlich aufploppt, so nervös, dass ich befürchte, gleich nicht mal ein Salatblättchen runterzukriegen.
Glücklicherweise gehen wir in ein kleines französisches Bistro zwei Straßen weiter und nicht in die Kantine. (Vanessa hat mich den ganzen Vormittag über ausreichend mit ihren Stirb-du-Biest-Blicken traktiert, die würde ich bei meinem Date mit Tom nicht auch noch verkraften. Mist, jetzt habe ich selbst Date gesagt. Aber irgendwie ist es ja auch ein bisschen so.) Tom ist der vollendete Gentleman, er hilft mir aus der Jacke, zieht den Stuhl für mich nach hinten und bestellt direkt eine Flasche Perrier und zwei Gläser Crémant. Ich hoffe inständig, dass ich ihn nicht nach dem dritten Schluck anrülpsen werde, und verfluche innerlich Leonie und Manuel, denn ohne die beiden wäre ich nicht mal auf die Idee gekommen, dass so etwas passieren könnte.
»Eigentlich trinke ich keinen Alkohol während der Arbeitszeit, aber ich schätze, wir zwei haben es uns
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