Männertaxi: Eine turbulente Komödie (German Edition)
erstaunlich gutem Zustand ist oder ob sein Zahnarzt bei der Prothese ganze Arbeit geleistet hat. Seine Kosmetikerin jedenfalls nicht, denn Ernsts Augenbrauen überschatten riesig und buschig seine dunklen Augen. Andererseits wirken auch sie nicht ungepflegt. Er erinnert mich an eine Mischung aus meinem eigenen Opa und einem dieser typischen Landadligen aus einem englischen Film; würde Ernst jetzt ein Gewehr herausziehen, um noch schnell auf die Entenjagd zu gehen, es würde mich nicht wundern.
Pia nimmt mir die Antwort ab, indem sie sich mit Ernst solidarisch stimmt: »Ach was, warum denn zu alt? Es gibt so viele Frauen, die auf ältere Herren stehen. Männer und Frauen finden sich doch eigentlich in jedem Alter interessant, oder nicht?« Sie wirft ihm einen verschwörerischen Blick zu.
Flirtet Pia gerade mit ihm? Ich fasse es ja nicht. Dafür ist Ernst dann doch wirklich ein paar Jahre zu alt. Ich korrigiere: Jahrzehnte!
»Das beruhigt mich. Wissen Sie, ich bin schon seit ein paar Jahren Pensionär. Ich habe ein sehr ausgefülltes Leben, unternehme sehr viel und habe auch jede Menge Spaß an allen Aspekten des Lebens. Aber manchmal fehlt mir doch eine Frau, mit der ich all das teilen kann. Deswegen habe ich mich auch schon einmal bei einer Singlebörse angemeldet.«
Ich muss an das Paar von vorhin denken und auch an Charlotte. Ob es wohl schwer ist, im Alter jemanden kennenzulernen?
»Dort fühlte ich mich aber nicht sehr gut aufgehoben. Es gab eigentlich keine Damen in meinem Alter, und bei den wenigen jüngeren Frauen, die mir geschrieben haben, hatte ich das Gefühl, dass ihr Interesse eher meinem Geld und nicht meiner Gesellschaft galt.«
Hallo, Erde an Isa? Natürlich ist es schwer. Es ist ja schon kein Kinderspiel, in meinem Alter einen Menschen zu finden, der mir nicht das Herz bricht. Aber das behalte ich jetzt lieber für mich.
Pia räuspert sich. »Und deswegen möchten Sie sich nun bei uns bewerben, weil Sie hoffen, dadurch Frauen zu finden, die …« Sie spricht es nicht aus, aber ich ahne, was sie denkt: zwar jung sind, aber auf ältere Männer stehen und kein Geld dafür verlangen.
»Wissen Sie, Pia, ich bin fünfundsiebzig, und ich suche keine Tochter oder gar Enkelin. Ich möchte von Damen in meinem Alter als interessanter und reizvoller Kontakt wahrgenommen werden … und nicht als Martinsgans, die man ausnehmen kann, oder als potentieller Pflegefall. Aber nun, meine Lieben, erlauben Sie …« Er winkt den Kellner heran, damit wir zwei Cappuccino bestellen können, und lächelt uns freundlich zu, während er Pia ein Kompliment für ihre Bluse macht. Flirtet er jetzt mit ihr? Nein, irgendwie denke ich eher, dass er … ich suche nach dem passenden Wort … galant ist. Genau: galant. Ich glaube, dieses Wort habe ich noch nie im Zusammenhang mit einem Mann benutzt, aber zu Ernst passt es. Und es gefällt mir ausgesprochen gut.
»Was würden Sie mit den Frauen unternehmen wollen, wenn wir Sie engagieren?«, wende ich mich dann meinem Fragenkatalog zu, auch wenn ich diesen natürlich etwas abändern werde.
»Ich liebe das Theater, Museen, kulturelle Veranstaltungen. Aber natürlich soll im Vordergrund stehen, was die Damen sich wünschen. Ich sehe das als Herausforderung, der ich mich stellen möchte. Ich habe Frauen immer gerne verwöhnt, und es ist leider einige Jahre her, dass ich das letzte Mal Gelegenheit dazu hatte.«
Beim Stichwort verwöhnen wird mir dann doch ein bisschen blümerant. Ernst ist ein wirklich sympathischer älterer Herr, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er noch über Sex nachdenkt. Mit fünfundsiebzig? Geht das dann überhaupt noch? Und wie mag das aussehen? Isa, ermahne ich mich, schalte sofort diese Phantasieecke deines Gehirns ab ! Ernst wird das anders gemeint haben, ganz sicher.
Aber selbst wenn nicht, meldet sich eine kleine Stimme neben meinem Ohr, von der ich nicht sagen kann, ob es sich um ein Engelchen oder Teufelchen handelt, warum soll er keinen Sex mehr haben? Warum muss das irgendwann aufhören? Möchtest du irgendwann darauf verzichten, weil andere meinen, dass es sich in deinem Alter nicht mehr gehört? »Sie sind also nicht verheiratet?«, frage ich schnell. Ich möchte mehr über seine Lebensumstände erfahren.
»Nicht mehr. Meine erste Ehe ging ich bereits mit fünfundzwanzig Jahren ein. Damals war es nicht üblich, eine Freundin zu haben und mit ihr in wilder Ehe zusammenzuleben, wie man es heute tut.« Er grinst und schaut fast frech
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