Männertaxi: Eine turbulente Komödie (German Edition)
aus, als wünschte er sich, in der heutigen Zeit noch einmal jung zu sein. »Also heirateten Gerlinde und ich. Natürlich wünschten wir uns auch Kinder, aber irgendwie schien der liebe Gott uns einen Strich durch die Rechnung machen zu wollen, denn zunächst klappte es einige Jahre gar nicht, und dann erlebte meine Frau zwei Fehlgeburten.« Er macht eine kurze Pause, während er einen Schluck Cappuccino aus seiner Tasse nimmt. Mir scheint, als würde es ihm nicht gerade leichtfallen, über seine Vergangenheit zu reden.
»Nach diesen harten Schicksalsschlägen verabschiedeten wir uns von unserem Kinderwunsch und steckten unsere ganze Energie in unsere Berufe. Als Gerlinde dann plötzlich mit vierzig erneut schwanger wurde, war die Freude zunächst groß. Sie brachte ein gesundes Kind zur Welt, und für mich war das die Krönung unserer Ehe. Doch Gerlinde sah das leider anders. Sie fühlte sich auf einmal zu alt für ihre Mutterrolle, steigerte sich in eine ziemliche Midlifecrisis und zog eines Tages von heute auf morgen aus, weil sie einen anderen Mann kennenlernte. Sie ließ mich tatsächlich mit unserem Kind allein zurück!« Er schluckt schwer; die Erinnerung scheint ihn immer noch sehr mitzunehmen. »Später lebte sie in Amerika, aber wir hatten keinen Kontakt mehr zu ihr. Sie können sich vorstellen, wie schwer es für mich war, unser Kind alleine großzuziehen. Früher gab es noch keine Kindertagesstätten oder ähnliche Institutionen, aber ich glaube, ich habe alles ganz gut managen können. Ein paar Jahre später erfuhr ich, dass Gerlinde an einem Herzinfarkt gestorben war.«
O mein Gott, wie schrecklich musste das für ihn gewesen sein. Männer, die ihre Kinder alleine aufziehen müssen, sind doch meist so … so … hilflos.
»Ich war dann einige Zeit allein, bis ich eines Tages Henriette kennenlernte.« Sein etwas nachdenklicher Blick mit einer guten Portion Traurigkeit weicht auf einmal einem versonnenen Lächeln, und in seinen Augen entdecke ich diesen bestimmten Glanz, den ich bei mir selber schon lange nicht mehr gesehen habe. Meine Gedanken schweifen für einen Moment zu Tom. Ob er mich auch mit einem Kind hätte sitzenlassen?
»Sie müssen wissen, Henriette war meine ganz große Liebe. Nein, das stimmt so nicht: Sie ist es immer noch, auch wenn sie vor einigen Jahren ebenfalls verstorben ist. Das hat mir wirklich das Herz gebrochen, und deswegen habe ich lange Zeit nicht geglaubt, dass ich mich noch einmal binden möchte. Sie sind noch so jung, Sie werden das vielleicht nicht verstehen, aber …« Er schluckt schwer.
Oh doch, wie gut ich ihn doch verstehen kann! Ich bin allerdings sehr überrascht, dass diese Problematik anscheinend vor keiner Altersstufe haltmacht. Es wird tatsächlich nicht besser, wenn man älter wird. Der Verlust einer Liebe scheint in jedem Alter weh zu tun. Wirklich tröstlich ist dieser Gedanke nicht gerade.
»Ernst, wir verstehen Sie«, sagt Pia und legt ihre Hand auf seine. Sie schaut gerade sehr betroffen aus, und ich bin froh, dass sie versucht, die Unterhaltung in eine andere Richtung zu bringen. »Aber nun erzählen Sie uns doch bitte noch ein bisschen über Ihre Interessen.«
Während Ernst uns von den letzten Theaterinszenierungen berichtet, die er gesehen hat, und von einer Ausstellung über flämische Malerei des 17. Jahrhunderts, für die ich mich bisher nicht die Bohne interessiert habe, die ich nun aber spontan besuchen möchte, schlürfen Pia und ich unsere Cappuccinos und werfen uns über den Tassenrand begeisterte Blicke zu, als hätten wir unverhofft ein Paar grandiose Schuhe gefunden, obwohl wir eigentlich wegen etwas ganz anderem in die Stadt gegangen sind.
Ernst erzählt aus seinem Leben, von seinem Beruf als Lehrer und von den Streichen, die seine Schüler ihm gespielt haben. Nie hat er sie ernsthaft bestraft, doch immer hat er ihnen eine kleine Lehre erteilt. Ich glaube, einen solchen Lehrer hätte ich auch gerne gehabt. Ernst redet aber nicht nur von sich – er fragt uns nach unserer Meinung zu verschiedenen Themen, er zeigt, dass er wirklich daran interessiert ist, was wir denken, und er kommentiert das, was wir von uns geben, mit so schlauen Kommentaren, dass ich mir einige davon sofort aufschreiben möchte. Ich lächle Ernst an, und auf einmal erinnert er mich an Heinz Rühmann, dessen Filme ich als Kind so sehr geliebt habe. Okay, ich möchte mir immer noch nicht vorstellen, dass ihn Frauen bei uns für ein heißes Date buchen – aber
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