Männertaxi: Eine turbulente Komödie (German Edition)
zuständig sein würden. Schönen Tag noch!« Er deutet tatsächlich so etwas wie eine Verbeugung an – und geht.
»Wie jetzt? Sie wollen gar keinen Film ausleihen?«, frage ich ihm hinterher.
Er dreht sich noch einmal um, grinst breit und sagt: »Nö.«
Ich schaue ihm einigermaßen verdattert hinterher, aber dann muss ich fast lachen, während ich den Kopf schüttle. Das ist wirklich ein schräger Vogel!
Um 19 Uhr betreten Pia und ich das Libri, ein sehr gemütliches Café. Die vielen kleinen Tischchen mit den brennenden Kerzen sind fast alle besetzt, und zwar mit Menschen aller Altersgruppen, was mir sofort auffällt; hier sollte ich Charlotte mal hinschicken. Ich glaube, dass meiner einsamen Nachbarin diese entspannte Stimmung und auch die gemütliche Einrichtung gefallen würden: An den Wänden hängen alte Blechschilder, von der Decke baumeln Kannen und Töpfe aus Kupfer. Und noch dazu gibt es ein altes, rustikales Buchregal voller Romane und Zeitschriften, aus dem sich ein Teil der Gäste wohl bedient hat, während die anderen mit ihren Freunden reden und lachen. Eine sehr anheimelnde Atmosphäre.
»Meinst du, es ist der Typ da vorne?«, fragt Pia und deutet auf einen Mann, den man eigentlich nur als »alten Knacker« bezeichnen kann. Oder als Hutzelmännchen, wie meine Mutter sagen würde. Er trägt das typische Rentner-Beige und hat wässrige Augen, mit denen er vor sich hinstarrt und irgendwie senil aussieht. Nee, oder? Aber direkt vor ihm liegt eine Zeitung auf dem Tisch.
»Das ist das Erkennungszeichen. Wieso bewirbt sich denn so ein Opi um einen Job bei einem Männertaxi!« Pia schüttelt ungläubig den Kopf. »Das ist ja aktive Sterbehilfe!«
»Und irgendwie … unappetitlich.« Ich möchte mir diesen Mann wirklich nicht beim Sex vorstellen, den er mit Sicherheit eh nicht mehr ausüben könnte. »Was machen wir denn jetzt?«
»Also, wir müssen schon hingehen, allein aus Höflichkeit.«
Ich nicke. »Okay, dann mal los.« Wir bahnen uns einen Weg durch das Lokal auf den alten Mann zu – und bleiben gerade noch rechtzeitig stehen, als aus Richtung der Toiletten eine alte Frau auftaucht und an den Tisch tritt.
»Komm, Heinrich«, sagt sie zu ihm – und zu meiner Überraschung wandelt sich der Gesichtsausdruck des Mannes. Er lächelt die Frau an, nickt und erhebt sich dann schwerfällig. Fasziniert beobachte ich, wie er ihr etwas mühsam, aber galant in den Mantel hilft und dann seinen eigenen anzieht. Mit den Knöpfen scheint er Probleme zu haben.
»Komm, lass mich mal«, sagt die Frau, hilft ihm und drückt ihm dann einen sanften Kuss auf die Wange. »Wenn ich nicht auf dich aufpasse …«
Hand in Hand verlassen die beiden das Café. Und trotz der vielen Falten, der altmodischen Kleidung und der wässrigen Augen wirken die beiden so glücklich und zufrieden, dass ich einen Kloß im Hals bekomme. Werde ich in dem Alter auch jemanden haben, der mir den Mantel zuknöpft, wenn ich es nicht mehr selbst kann?
»Entschuldigen Sie bitte – sind wir vielleicht verabredet?«
Ich schaue zur Seite und entdecke einen älteren Mann, der sich hinter einem anderen Tisch erhoben hat – und vor ihm liegt, wie ich nun sehe, eine Frankfurter Allgemeine . Kein Vergleich zu dem Opi, den ich zuerst gesehen habe. Auch er ist alt, hat graue Haare, aber er ist ein ganz anderer Typ Mann. Ein richtig feiner Herr, denke ich. Er trägt eine Brille und einen wohl nicht mehr ganz neuen, aber schönen dunklen Anzug; eine goldene Uhr blitzt an seinem linken Handgelenk. »Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle: Ernst von Topphoff-Erpenstein. Und Sie müssen Isa sein?«
Ich gehe auf ihn zu und strecke ihm die Hand entgegen, die er aber nicht schüttelt, sondern einen altmodischen Handkuss andeutet. Mein erster Gedanke ist: Auweia, hoffentlich ist hier im Café gerade niemand, der mich kennt. Wie peinlich! Aber als Ernst mich freundlich anlächelt, lächle ich zurück, denn eigentlich ist so ein Handkuss ja eine formvollendete Geste, die durchaus einiges für sich hat.
»Kommen Sie, setzen Sie sich«, bittet Ernst mich und sieht dann Pia hinter mir. Ich stelle die beiden vor; auch meine Freundin bekommt einen Handkuss, und wir nehmen Platz.
»Ich hatte schon befürchtet, dass ich Ihnen zu alt bin und Sie unsere Verabredung nicht einhalten würden«, beginnt Ernst das Gespräch. Ist er das denn vielleicht auch? Ich sehe ihn mir genauer an. Er hat ein Gebiss, von dem ich spontan nicht sagen könnte, ob es in
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