Märchen aus 1001 Nacht
dem der Name unseres Herrn, des Kalifen geschrieben steht. Raihän, unser Sklave, hat ihn mir vor vier Tagen gebracht und er wollte ihn mir nicht geben, bis er von mir zwei Dinare dafür erhielt.â Wie Dschaâfar von jenem Sklaven und dem Apfel hörte, freute er sich und griff mit der Hand in die Tasche seiner Tochter, zog den Apfel hervor, erkannte ihn und rief: âO du, dessen Hilfe so nahe war!â Darauf befahl er, den Sklaven zu bringen und als dieser kam, sagte er zu ihm: âHeda, Raihän! Woher hast du diesen Apfel?â âBei Allah, Herrâ, erwiderte er, âwenn die Lüge helfen kann, so kann die Wahrheit doch noch viel besser helfen! Ich habe diesen Apfel nicht aus deinem Palast gestohlen, noch aus dem königlichen Palaste, noch aus dem Garten des Beherrschers der Gläubigen. Die Sache ist so: Vor fünf Tagen ging ich aus und als ich in eine der Gassen der Stadt kam, sah ich Knaben beim Spiel und einer von ihnen hatte diesen Apfel. Ich riss ihn ihm weg und schlug ihn und er weinte und rief: âdu Mann, dieser Apfel gehört meiner Mutter und die ist krank. Sie hatte sich von meinem Vater einen Apfel gewünscht; da ist er nach Basra gereist und hat ihr drei Ãpfel für drei Dinare gebracht. Einen davon habe ich mir genommen, um damit zu spielen.â Dann weinte er wieder, aber ich kümmerte mich nicht darum und nahm den Apfel und kam hierher; und meine kleine Herrin kaufte ihn mir ab um zwei Golddinar; das ist die ganze Geschichte.â Als Dschaâfar diese Worte hörte, staunte er, dass der Mord des Mädchens und all dies Elend hatte durch einen Sklaven verursacht werden können; und es tat ihm leid, dass es gerade sein Sklave war, aber er freute sich doch der eigenen Rettung und sprach die Verse:
Wenn ein Unheil kommt durch einen Sklaven,
Bringe ihn statt deiner ins Gericht!
Denn du wirst noch viele Diener finden,
Doch ein zweites Leben findest du nicht.
Dann nahm er den Sklaven bei der Hand und führte ihn vor den Kalifen und erzählte ihm die Geschichte von Anfang bis zu Ende; da geriet der Kalif in höchstes Staunen und lachte, bis er auf den Rücken fiel und befahl, dass die Geschichte aufgezeichnet und dem Volk bekanntgegeben würde. Dschaâfar aber sagte: âStaune nicht, O Beherrscher der Gläubigen, über dies Abenteuer, denn es ist nicht wunderbarer als die Geschichte des Wesirs Nur Edin All von Ãgypten.â Da sprach der Kalif: âHer damit! Aber was könnte seltsamer sein als dies Abenteuer?â Dschaâfar erwiderte: âO Beherrscher der Gläubigen, ich erzähle sie dir nur unter der einen Bedingung, dass du meinen Sklaven vom Tode begnadigst.â Der Kalif darauf: âWenn sie wunderbarer ist als das, was wir jetzt erlebt haben, so schenke ich dir sein Blut; doch wenn nicht, so werde ich deinen Sklaven töten lassen.â Da begann Dschaâfar, die Geschichte von Nur Edin und Schems Edin zu erzählen, die am Anfang dieses Buches aufgeschrieben ist.
Als der Kalif Harün al-Raschid diese Geschichte aus dem Munde des Dschaâfar gehört hatte, da staunte er sehr und sagte: âEs gebührt sich, dass solche Geschichten mit goldener Tinte aufgezeichnet werden.â Und er lieà den Sklaven frei und befahl, dass dem Jüngling ein monatlicher Sold bestimmt würde, von dem er gut leben könnte; auch gab er ihm eine seiner eigenen Sklavinnen und nahm ihn in den Kreis seiner Freunde auf.
Schluss der Geschichten aus 1001 Nacht
Während der Zeit, in der Scheherazade dem König Nacht für Nacht ihre Geschichten erzählte, hatte sie ihrem Gatten drei Kinder geboren. Und als sie in der tausendundersten Nacht ihre letzte Geschichte beendet hatte, erhob sie sich auf ihre FüÃe und sprach, die Erde vor dem König küssend: âO König der Zeit und einzige Zierde des Jahrhunderts, siehe, ich bin deine Sklavin und habe dir nunmehr tausendundeine Nacht hindurch die Geschichten der Früheren und die warnenden Beispiele der Alten erzählt; darf ich mir nunmehr die Freiheit nehmen und mir von deiner Majestät einen Wunsch erbitten?â Der König versetzte: âWünsche und es wird dir gegeben werden, O Scheherazade.â Da rief sie nach den Ammen und Eunuchen und sprach zu ihnen: âBringt meine Kinder her.â Schnell brachten sie ihr sie und da waren es drei Knaben, von denen der eine ging, während der andere kroch und der
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