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Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Titel: Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wilhelm
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nicht vergönnt ist, Unsterblichkeit zu erlangen. Weib und Kind habe ich verlassen und bin in die Berge gegangen, um geheimen Sinn zu verstehen. Ich schäme mich, nun wieder heimzukehren. Lieber will ich sterben.«
    Danach aß er auch von dem Lebenselixier. Kaum hatte er es im Munde, so war er tot.
    Seine Jünger sahen sich erschrocken an und sprachen: »Man macht das Lebenselixier, um ewig zu leben; statt dessen bringt es nur den Tod, wie geht das zu?«
    Es war aber einer unter den Jüngern, der sagte: »Unser Meister ist kein gewöhnlicher Mensch. Vielleicht hat er nur unseren Glauben prüfen wollen.«
    Er aß auch von dem Lebenselixier, aber auch er verschied.
    Da sagten die beiden anderen Jünger untereinander: »Die Sache ist unheimlich, wir wollen lieber gehen.«
    So kehrten sie denn heim, um Särge zu kaufen für die beiden Toten. Kaum waren sie weg, so erhob sich We Be Yang. Er brachte auch den Jünger und den weißen Hund zum Leben zurück, und alle drei gingen miteinander zur Unsterblichkeit ein. Unterwegs aber erschienen sie den beiden anderen Jüngern. Als die sie sahen, beklagten sie ihre Torheit. Aber ihre Reue kam zu spät.

37. Morgenhimmel
    Es war einmal ein Mann, der war schon zweihundert Jahre alt; aber er war noch immer frisch und stark wie ein Jüngling. Da gebar ihm seine Frau ein Kind, und als das Kind drei Tage alt war, starb sie. Der Vater gab das Kind der Nachbarin und sagte, sie solle dafür sorgen. Dann ging er fort von Hause und verschwand. Als das Kind der Nachbarin ins Haus gebracht ward, da wurde es gerade am Morgenhimmel hell. Darum nannten sie es Morgenhimmel. Wie das Kind drei Jahre alt war, sah es oft zum Himmel hinauf und sprach mit den Sternen. Eines Tages war es fort, und es dauerte viele Monate, bis es wieder nach Hause kam. Die Frau gab ihm Schläge. Aber es ging wieder fort und kam erst nach einem Jahr wieder heim. Die Mutter war erschrocken und fragte es: ,,Wo bist du denn das ganze Jahr gewesen?« Der Knabe sprach: »Ich war nur geschwind am Purpurmeer. Dort wurden meine Kleider vom Wasser rot. Deshalb ging ich an die Quelle, wo die Sonne einkehrt, und wusch sie mir. Am Morgen ging ich weg. Zu Mittag kam ich wieder. Was sprichst du denn von einem Jahr?«
    Die Frau fragte weiter: ,,Und wo kamst du denn vorüber?«
    Der Knabe sprach: »Als ich meine Kleider gewaschen hatte, da ruhte ich ein wenig in der Totenstadt und schlief ein. Der Königvater des Ostens gab mir rote Kastanien und Morgenrotsaft zu essen. Nun war ich satt. Dann ging ich zum dunklen Himmel und trank vom gelben Tau. So war auch mein Durst gestillt. Ich begegnete einem schwarzen Tiger. Auf dem wollte ich heim reiten. Ich schlug ihn aber zu sehr. Da biss er mich ins Bein. Deshalb kam ich her, um es dir zu sagen.«
    Noch einmal lief der Knabe von zu Hause weg viele tausend Meilen weit, bis er an den Sumpf kam, wo der große Urnebel wohnt. Dort begegnete er einem alten Manne mit gelben Augenbrauen und fragte ihn, wie alt er sei. Der Alte sprach: »Ich habe mir das Essen abgewöhnt und lebe von Luft. Die Pupillen in meinen Augen haben allmählich einen grünen Schein bekommen, mit dem kann ich alle geheimen Dinge sehen. Alle tausend Jahre drehe ich meine Knochen um und wasche das Mark. Alle zweitausend Jahre schabe ich meine Haut, dass die Haare abgehen. Ich habe schon dreimal mein Mark gewaschen und fünfmal meine Haare abgeschabt.«
    Morgenhimmel diente später dem Kaiser Wu vom Hause Han. Der Kaiser, welcher Zauberkünste liebte, war ihm sehr zugetan. Eines Tages sagte er zu ihm: »Ich möchte gern, dass meine Lieblingsfrau nicht alt wird. Kann man das?«
    Morgenhimmel sprach: »Nur ich weiß ein Mittel, nicht alt zu werden.«
    Der Kaiser fragte, welche Kräuter man essen müsse. Morgenhimmel erwiderte: »Im Nordosten wächst der Lebenspilz. Die dreibeinige Krähe in der Sonne möchte immer herunter und davon fressen. Der Sonnengott aber hält ihr die Augen zu und läßt sie nicht weg. Wenn Menschen davon essen, werden sie unsterblich, wenn Tiere davon essen, werden sie betäubt.«
    »Und woher weißt du das?« fragte der Kaiser.
    »Als Knabe bin ich einmal in einen tiefen Brunnen gefallen, aus dem ich viele Jahrzehnte lang nicht mehr herauskonnte. Da war ein Unsterblicher, der führte mich zu diesem Kraut. Man muss aber durch ein rotes Wasser, das ist so schwach, dass keine Feder darauf schwimmen kann. Alles, was darauf kommt, sinkt in die Tiefe. Der Mann zog einen Schuh aus und gab ihn mir. Auf dem Schuh fuhr

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