Märchen unter dem Wüsenhimmel
gehört.“
Fatima nickte. „Ich war nie damit einverstanden, aber mein Sohn weigerte sich, auf mich zu hören. Schließlich war er mir in dem Alter ebenfalls weggenommen worden. Ich hatte mit meinem Mann über diesen Brauch gestritten, aber manchmal ist es schwer, die alten Sitten zu ändern.“ Ihre Miene wurde nachdenklich. „Ich vermute, du würdest so etwas nicht zulassen.“
„Nein. Ich würde mir meinen vierjährigen Sohn bestimmt nicht wegnehmen lassen, nur weil er eines Tages vielleicht König werden soll.“
„Malik ist aber sehr starrsinnig. Was ist, wenn er sich dir widersetzt?“
„Ich möchte nicht respektlos wirken, aber ich finde diese Praktik unmenschlich und falsch. Malik mag der Kronprinz sein, aber er kann mich nicht einschüchtern. Ich würde mich dieser Art von Tradition nicht unterwerfen.“
Fatima seufzte. „Da bin ich aber froh. Ich bewundere deine Stärke und Entschlossenheit. Ich habe viele Jahre gebraucht, um zu lernen, mich durchzusetzen, und als ich es konnte, war es zu spät für Givon. Und seine Frau war nie sehr stark und hat sich ihm nie widersetzt. Daher wurde von Malik mit vier Jahren erwartet, ein Mann zu sein. Ich erinnere mich noch gut, als er sich zum ersten Mal einen Arm brach. Er weinte vor Schmerzen. Sein Vater war nicht anwesend, aber einer der Minister fand ihn und schalt ihn wegen seiner memmenhaften Tränen. Er sperrte ihn für den Rest des Tages in seinem Zimmer ein. Erst am nächsten Morgen brachte er ihn zum Arzt und ließ den Knochen richten.“
Sie stellte ihre Tasse auf den Tisch. „Zum Glück sah Givon ein, dass der Mann zu weit gegangen war, und entließ ihn aus seiner Position. Aber das war nicht genug. Niemand tröstete Malik. Ich wollte ihn zum Arzt begleiten, aber es wurde mir nicht erlaubt. In jener Nacht saß ich im Flur vor seinem Zimmer und wünschte, ich könnte ihn in die Arme nehmen.“
„So etwas kann ich mir nicht vorstellen“, sagte Liana grimmig.
„Deswegen bist du so gut für Malik. Wenn du einen Sohn hast, wirst du da sein, um ihn an seine Vergangenheit zu erinnern und ihm zu helfen, einen Kronprinzen auf andere Weise zu erziehen.“
Liana wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Sie hatte sich noch nicht entschieden, was zu tun war. Obwohl die letzte Nacht Anlass zu der Hoffnung gab, dass die Ehe zwischen ihrund Malik klappen könnte, war sie nicht sicher, ob sie ein Teil der königlichen Familie bleiben wollte.
Fatima erhob sich. „Genug über die Vergangenheit. Wir haben eine glorreiche Zukunft zu feiern. Da du deine Kleider jetzt ausgesucht hast, kann ich die anderen zurückschicken lassen. Rihana wird deine neuen Sachen transportieren.“
„Ich brauche ihre Hilfe nicht. Ich kann sie selbst ins Schlafzimmer bringen.“
„Sei nicht albern. Du brauchst deine Sachen nicht durch den Palast zu tragen. Ohne Hilfe müsstest du zu oft laufen.“
Zuerst begriff Liana nicht, was Fatima meinte. Dann wurde ihr bewusst, dass sie in Maliks Suite ziehen sollte. „Ich weiß deine Hilfe und dein Vertrauen sehr zu schätzen“, sagte sanft. „Ich hoffe, du verstehst, dass sich nichts geändert hat. Malik hat mich gegen meinen Willen geheiratet, und das gefällt mir nicht. Ich weiß nicht, wie es zwischen uns weitergehen soll, und deshalb ist es mir wichtig, dass Bethany und ich vorläufig in diesen Räumen bleiben.“
Fatima erstarrte. „Das sagst du nach allem, was ich dir erzählt habe?“
Liana fühlte sich klein und undankbar. „Es ist alles so kompliziert. Ich habe viel nachzudenken.“
„Aha. Ich dachte, du hättest erkannt, dass Malik es wert ist, für ihn zu kämpfen. Offensichtlich habe ich mich geirrt. Verzeih mir, dass ich deine Zeit geraubt und dich mit Geschichten aus seiner Vergangenheit gelangweilt habe.“
Tränen traten in Lianas Augen. „Fatima, bitte sei nicht so. Ich möchte nicht mit dir verfeindet sein.“
„Anscheinend geht es nicht anders. Ich liebe meinen Enkel. Ich dachte, du würdest ihn auch lieben lernen. Ich dachte, du könntest seine Fassade durchschauen und den Mann dahinter erkennen. Aber ich habe mich in dir geirrt.“
„Was erwartest du denn von mir? Zuerst hat er mich praktischgekidnappt und dann zur Ehe überlistet.“
„Ja, ich kann mir denken, wie unangenehm dir seine Entschlossenheit ist, dich in seinem Leben zu halten. Du ziehst Männer vor, die ihrer Familie ohne Skrupel den Rücken kehren.“
„Das ist nicht fair“, entgegnete Liana. „Ich bin sehr froh, dass Malik ein
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