Märchen unter dem Wüsenhimmel
mehr. „Ich möchte es nur wissen“, flüsterte sie.
Khalil seufzte. „Also gut. Ich werde dir die Wahrheit sagen.“ Er beugte sich hinab, legte einen Finger unter ihr Kinn und zwang sie, zu ihm aufzuschauen. „Ich werde dir alles erzählen, und dann werden wir es hinter uns lassen können. Wir werden unsere Ehe mit einer reinen Weste beginnen.“
Er ließ ihr Gesicht los und begann, im Zelt auf und ab zu wandern. „Amber und ich waren seit unserer Kindheit miteinander verlobt. Es war der Wunsch unserer beider Väter. Wir haben in New York wirklich gestritten, weil ich ihr gesagt habe, dass ich sie nicht heiraten will.“
Dora hob den Kopf und wischte sich die Tränen fort. „Wie bitte?“
„Ich wollte sie nicht heiraten. Amber ist nicht …“ Er zögerte. „Sie wäre keine gute Frau oder Mutter. Aber ich wusste nicht, wie ich die Verlobung lösen sollte, ohne einen Skandal hervorzurufen. Dann hörte ich dich mit Gerald telefonieren und dachte mir, du könntest ein guter Ausweg aus meinem Dilemma sein. Du bist intelligent und ausgeglichen und kannst lernen, die Verpflichtungen zu erfüllen und eine gute Mutter zu sein. Du warst außerdem eine Jungfrau. Ich brauchte eine Frau, und du warst eine sehr angemessene Kandidatin.“
Sie wünschte, sich an einen anderen Ort oder sogar in eine andere Zeit versetzen zu können. „Es war also gelogen, dass du mich von Anfang an begehrt hast.“ Das Sprechen fiel ihr schwer, doch sie zwang sich, fortzufahren. Sie musste die Wahrheit aussprechen. „Du hast gelogen, als du mir gesagt hast, dass du mich nicht in New York zurücklassen könntest. Du hast mir das Gefühl gegeben, wichtig und etwas Besonderes zu sein,aber es war alles gelogen.“
Khalil blieb vor ihr stehen. „Die Vergangenheit ist beendet, und es hat keinen Sinn, darüber zu reden. Ja, ich habe die Wahrheit etwas verdreht, damit du dich besser fühlst. Bis zu der Nacht habe ich in dir nichts anderes als eine tüchtige Arbeitskraft gesehen. Damals habe ich keine besonderen Empfindungen für dich gehegt, aber jetzt bist du meine Ehefrau. Ich glaube, wir haben eine Chance, diese Vereinigung erfolgreich zu gestalten.“
„Erfolgreich? Bist du verrückt?“, entgegnete sie und sprang auf.
„Keineswegs. Ich habe Schwüre abgelegt, und ich beabsichtige, sie zu ehren.“
„Aber das alles ist nicht real. Du hast in jeder Beziehung gelogen.“
„Du bauschst die Sache zu sehr auf.“
„Und du nimmst sie zu leicht. Du hast mit mir gespielt. Du hast mich dazu gebracht, dir zu glauben.“
Sein Mund verzog sich. „Du wolltest mir glauben. Du wolltest verzweifelt glauben, dass ein Märchenprinz gekommen sei, um dich aus deinem traurigen kleinen Leben zu entführen. Du hast dich selbst genauso belogen wie ich dich.“
Finster starrte sie ihn an. „Aber ich habe dich nie belogen. Du kannst dein eigenes Verhalten nicht entschuldigen, indem du mit dem Finger auf mich zeigst.“
„Und als du mir gesagt hast, dass du mich liebst? Du kennst mich nicht mal.“
„Ich habe dir nie gesagt, dass ich dich liebe.“
Unbehaglich wandte er sich ab. Stille trat ein, lastete auf ihnen. „Was willst du von mir?“, fragte er schließlich. „Also gut, ich habe gelogen. Ich habe dich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen überredet, mich zu heiraten. Jetzt werden wir das Beste daraus machen. Wir fangen von vorn an.“ Er griff nachihr. „Dora, einiges von dem, was ich gesagt habe, ist wahr. Ich glaube wirklich, dass du mir eine gute Frau und meinen Söhnen eine gute Mutter sein wirst. Dein Körper ist perfekt gebaut, damit meine Söhne gesund in dir wachsen können.“
Empört rang sie nach Atem. „Ich will nicht mit dir verheiratet sein. Ich will nach Hause.“
„Wo ist zu Hause? Bei Gerald?“
Sie zuckte zusammen. „Überall, nur nicht hier. Ich werde nicht bleiben.“
„Du hast keine andere Wahl.“ Er trat näher und griff nach ihr.
Trotz ihres Bestrebens, ihm standzuhalten, wich sie hastig zurück. Denn sie wusste, dass sie verloren war, wenn er ihren Körper berührte. „Lass das“, verlangte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
Sie brauchte Zeit zum Nachdenken. Doch er ließ ihr keine Zeit, sondern näherte sich ihr. Sie wich zurück. Er hatte sie auserwählt, weil sie eine dienliche Jungfrau war. Das war kaum eine Basis für eine erfolgreiche Ehe. Doch noch schmerzlicher war, dass sie sich selbst zum Narren hatte halten lassen – erneut.
Er legte ihr eine Hand auf die Schulter.
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