Märchen unter dem Wüsenhimmel
schüttelte sie den Kopf.
„Aha. Dann nehme ich an, dass du die Überraschung genießen wirst. Ich weiß, dass ich es genießen werde, sie mit dir zu teilen.“
Als er sich erhob, gerieten sie sofort in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.
„Ihr schleicht euch schon so schnell davon?“, rief Malik von seinem Platz am entfernten Ende des Tisches aus. „Na ja, mein kleiner Bruder war schon immer ungeduldig.“
Khalil winkte ab. „Wir haben einen weiten Weg. Es ist spät.“
„Du musst so weit gehen, damit sie dir nicht weglaufen kann“, scherzte Jamal, und alle lachten laut.
Khalil ignorierte diese Bemerkung und die anderen, die folgten. Er nahm Dora bei der Hand und ging zur Tür. Aber Dutzende von Menschen hielten sie auf, um ihnen zu gratulieren.
Dann, gerade als sie auf den Korridor treten wollten, tauchte Amber auf. Dora spürte Khalil erstarren. Offensichtlich hegte er starke Gefühle für diese Frau.
Amber, so wunderschön wie die vollkommenste Statue, die je erschaffen worden war, blickte stumm zu ihm auf. Tränen hingen an ihren Wimpern, fielen aber nicht. Ihre Lippen zitterten. „Khalil“, wisperte sie. „Ich liebe dich.“
Auf Dora wirkte dieses Geständnis wie ein Messerstich ins Herz. Sie musste sich zwingen, stumm zu bleiben, nicht laut zu schreien. Warum hatte sie sich zum zweiten Mal in ihrem Leben zum Narren gemacht?
Er drängte sich an Amber vorbei, ohne ein Wort zu sagen. Wenige Minuten später saßen sie in einem Jeep und fuhren davon. „Entspanne dich. Wir fahren gar nicht so weit. Die Tradition verlangt eigentlich, dass wir zu unserem Ziel reiten, aber ich dachte, dass dir danach nicht zumute ist.“
„Reiten?“
Er grinste sie an. „Auf Pferden.“
„Wohin fahren wir denn?“
„Du wirst schon sehen.“ Khalil nahm sich den traditionellen Kopfschmuck ab und warf ihn auf den Rücksitz. Er trug immer noch die Roben, die nur ein wenig dunkler waren als ihre. Sie betonten seine Größe und Kraft und gaben ihr das Gefühl, verletzlich und töricht zu sein.
Dora blickte sich um und versuchte, Interesse an ihrer Umgebung aufzubringen. Die ungezähmte weite Wüste wies eine eigenwillige, wilde Schönheit auf. In weniger als zehn Minuten hatten sie die Stadt und den Palast hinter sich gelassen und schienen im Umkreis von Meilen die einzigen Menschen zu sein.
Sie erreichten den Gipfel eines Hügels. Dahinter lag ein flaches Tal mit einer Oase in der Mitte. Bisher kannte Dora diese überraschend grünen Inseln des Lebens inmitten des Nichts nur aus Filmen. Schlanke Palmen bildeten einen Halbkreis um einen tiefblauen Teich. Üppige Pflanzen und Büsche wucherten ringsumher.
„Ihr Palast für die Nacht, Mylady“, sagte Khalil scherzend und deutete auf ein großes sandfarbenes Zelt.
Als sie näher kamen, erblickte sie mehrere Jeeps und bewaffnete Männer. „Wer sind die?“, fragte sie steif.
„Bedauerliche Mahnungen der Realität. Seit Generationen verbringen die Brautleute meiner Familie traditionsgemäß ihre erste Nacht in der Wüste. Die Zeiten haben sich jedoch geändert, und daher haben wir ein paar Wachtposten bei uns.“Er drückte ihr beruhigend die Hand. „Keine Sorge. Sie werden sich im Hintergrund halten und unsere Privatsphäre nicht stören.“
Ein Zelt in der Wüste? Wächter? Wo sollte dieser Wahnsinn enden? Was hatte sie sich dabei gedacht, seinen Heiratsantrag anzunehmen? Offensichtlich hatte sie gar nicht gedacht. Das war ihr Problem. Sie hatte unbedingt an ihn glauben wollen und daher das Offensichtliche ignoriert – dass eine Frau wie sie nicht für einen Mann wie ihn geschaffen war.
Khalil parkte neben dem Zelt, ging um den Wagen herum und öffnete ihr die Tür. Sie stieg aus, weil ihr nichts zu sagen einfiel und es das Einfachste war, mit ihm zu gehen.
Einer der Wächter trat herbei und schlug den Eingang des Zeltes zurück. Seine Miene wirkte verschlossen und abschreckend. Als sie eingetreten waren, schloss er den Eingang.
„Machen sie dich nicht nervös?“, fragte Dora.
„Im Gegenteil. Ich fühle mich sehr sicher durch sie.“
Vermutlich hatte er recht. Sie blickte sich um und verlor sich einen Moment lang in dem Zauber, der am Rande der kleinen Oase erschaffen worden war. In dem Zelt befand sich ein kleineres Innenzelt. Sie trat ein und fand sich in einem weißgoldenen Wunderland aus flauschigen Teppichen, Wandbehängen und unzähligen tiefroten Kissen wieder. In einer Ecke stand ein Bett auf einer Empore, mit einladend
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