Märchen unter dem Wüsenhimmel
wohnst nicht mehr im Harem, meine kleine Wüstenkatze. Du wohnst mit mir zusammen.“
Ihre Augen blitzten. Er spürte förmlich ihren Zorn erwachen und unterdrückte ein Grinsen. Sie würden streiten und sich versöhnen, und er freute sich auf beides gleichermaßen.
Rihana tauchte aus den Schatten auf und verbeugte sich tief. „Willkommen.“ Sie lächelte Dora schüchtern an. „Ich habe Ihre Sachen in die Räume Ihres Gatten gebracht. Darf ich Ihnen den Wegzeigen?“
„Nein“, entgegnete Dora entschieden. „Bitte bring meine Sachen in die Gästesuite, in der ich bei meiner Ankunft im Palast untergebracht wurde.“
Khalil runzelte die Stirn. „Dora, das ist lächerlich. Was soll das Spielchen? Du bist meine Ehefrau.“
Sie blickte ihn kühl an. „Ja, das bin ich allerdings. Das macht mich zu einer Prinzessin. Als solche ist es mir vermutlich gestattet, der Dienerschaft Anweisungen zu geben, und ich kann erwarten, dass meine Anweisungen befolgt werden. Ist das korrekt?“
Er biss die Zähne zusammen und blickte sie finster an. Sie hatte ihn geschickt in die Enge getrieben. Er konnte ihr nicht widersprechen, ohne ihr Ansehen bei der Dienerschaft für den Rest ihres Lebens zu vernichten. „Rihana, tu bitte, was meine Frau verlangt“, sagte er schließlich steif.
Sie nickte mit besorgter Miene. „Hier entlang, Prinzessin.“ Dora schenkte ihm ein triumphierendes Lächeln, bevor sie dem Mädchen folgte. Khalil blieb allein zurück und fragte sich, wie alles so schieflaufen konnte und was er dagegen tun sollte.
Dora stand auf dem Balkon und starrte hinaus auf das Meer. Sie hatte die vergangenen sechs Stunden allein in ihrer Suite verbrachtund versucht, ihren Sieg auszukosten. Doch er schmeckte nicht so süß wie erwartet. Der restliche Tag lag einsam und endlos lang vor ihr, ebenso wie all die anderen künftigen Tage. Was sollte sie mit sich anfangen?
Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihre trübseligen Gedanken. Sie eilte durch den großen Salon und öffnete. Fatima stand auf der Schwelle. „Oh, welch nette Überraschung. Bitte, komm herein.“
Fatima trat ein und blickte sich um, als hätte sie die Suite noch nie gesehen, bevor sie sich auf ein Sofa setzte. „Ich habe gehört, dass du lieber hier anstatt bei Khalil wohnen willst. Ich wusste nicht, dass dir deine Privatsphäre so überaus wichtig ist. Ich muss mich dafür entschuldigen, dass ich dir Unbehagen verursacht habe, indem ich dich bei mir im Harem habe wohnen las sen.“
Mit glühenden Wangen nahm Dora ihr gegenüber Platz. „Du missbilligst mein Verhalten.“
„Es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen. Die Ehe ist eine Privatangelegenheit zwischen den beteiligten Parteien.“ Sie presste die Lippen zusammen. „Ich habe gehört, dass du Khalil gezwungen hast, zwischen deinem Gehorsam und deiner Macht im Haus zu entscheiden. Es war ein netter Trick, aber es erinnert mich an eine alte Redensart. Ich glaube, sie stammt ursprünglich aus England. Vielleicht hast du sie schon mal gehört. Es geht darum, den Kampf zu gewinnen, aber den Krieg zu verlieren.“
„Wir kämpfen nicht“, entgegnete Dora.
„Wirklich nicht? Wenn Mann und Frau sich für getrennte Quartiere entscheiden, ist es meiner Meinung nach selten ein Hinweis darauf, dass alles in Ordnung ist. Aber ich stamme ja auch aus einer anderen Generation.“
Dora senkte den Kopf. „Khalil und ich haben einige Dinge zu klären.“
„Wenn du darauf wartest, dass mein Enkel sich beugt, kannst du lange hier allein wohnen. Er gibt nicht nach.“
„Dann ist es vielleicht an der Zeit, dass er es lernt. Ich habe deinen Rat nicht vergessen, dass ich mich beugen soll. Aber manchmal muss man seinen Standpunkt vertreten.“
Fatima musterte sie forschend. „Willst du mir verraten, was mein Enkel getan hat?“
„Das kann ich nicht.“ Es war ihr zu peinlich, darüber zu reden.
„Und wenn er sich nicht ändert, was dann?“
„Ich weiß es nicht.“
„Ich dachte, du liebst ihn.“ Fatima stand auf. „Es tut mir leid, dass ich mich geirrt habe.“
„Mir liegt sehr viel an ihm“, versicherte Dora.
„Aber du liebst ihn nicht. Zumindest nicht genug, um für ihn zu kämpfen.“ Fatima ging zu Tür und trat hinaus auf den Flur. „Leb wohl.“
Dora blieb allein in ihren stillen Räumen zurück. Es war nicht fair, dass sie bestraft wurde, während Khalil sie belogen und getäuscht hatte.
Sie sank in einen Sessel und barg das Gesicht in den Händen. Hatte sie wirklich den Kampf
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