Märchen unter dem Wüsenhimmel
schwierig.“
„Ach, jetzt willst du mir also deine schmutzige Arbeit übergeben, wie?“, fragte Dora lächelnd.
Er heftete den Blick auf ihr Gesicht. Sie wusste nicht, was er dachte, aber seine Miene wirkte so zärtlich, dass ihr Herz ein wenig schneller schlug. Es war Anfang April. Seit fast drei Monaten war sie nun in El Bahar. Fast jede Nacht suchte Khalil ihr Schlafzimmer auf, und er besaß immer noch die Macht, sie mit nur einem Blick oder einer Berührung dahinschmelzen zu lassen.
„Du kannst einfach besser mit Wissenschaftlern umgehen als ich. Wahrscheinlich liegt es daran, dass du eine Frau bist. Du lullst sie mit deinem Humor ein und zeigst ihnen dann deine Fesseln.“
Sie blickte hinab auf ihren Rock, der beinahe bis zum Boden reichte. Der Sitte des Landes und Khalils Bitte entsprechend trug sie konservative Kleidung, die Arme und Beine verhüllte. „Ich, die Exhibitionistin.“
„Ich will nicht, dass du dich vor anderen Männern enthüllst.“
„Das war nur ein Scherz, Khalil.“
„Für mich ist das nicht witzig.“
„Ich begreife nicht, wie du einerseits so besitzergreifend und andererseits so gefühllos sein kannst.“ Da sie ihr gemeinsames Mittagsmahl nicht verderben wollte, sagte sie hastig: „Das hätte ich nicht sagen sollen. Ich will nicht streiten.“
„Wir streiten nicht, wir reden.“
„Wo liegt da der Unterschied?“
„Du wirfst nie mit Gegenständen.“
„Soll ich dich etwa mit Tellern bewerfen?“, hakte sie verblüfft nach.
„Es wäre besser als das Schweigen. Hast du gar keine Leidenschaft in dir? Ich meine nicht im Bett, sondern im Leben. Kämpfst du nie für etwas?“
„Doch, natürlich. Wenn es wichtig ist.“
„Wofür hast du in deinem Leben denn schon gekämpft? Bestimmt nicht für diese Ehe.“
Sie reckte das Kinn vor. „Wie meinst du das?“
„Es sind viele Wochen vergangen, doch du wohnst immer noch am anderen Ende des Palastes. Nicht einmal bist du in mein Zimmer gekommen und hast den ersten Schritt unternommen. Ich bin gezwungen, jede Nacht zu deinem Zimmer zu wandern.“
„Das ist deine Entscheidung“, entgegnete sie steif. „Ich habe dir geschworen, nicht nachzugeben, solange du dich nicht entschuldigst und zugibst, dass du mich magst.“
„Du bist äußerst starrsinnig“, beklagte er sich.
„Du auch.“ Sie holte tief Luft. „Ist es so schwer, sich zu entschuldigen? Du sollst doch nur zugeben, dass du mich nicht hättest belügen sollen. Hättest du mir die Situation erklärt, hätte ich womöglich eingewilligt.“
„Du hättest mich für verrückt gehalten. Oder du hättest Bedingungen gestellt. Mein Weg war besser.“
„Was ist mit meinen Gefühlen? Warum bist du nicht ehrlich? Ich weiß immer noch nicht, warum du mich statt Amber geheiratet hast. Du hast lediglich gesagt, dass sie keine gute Ehefrau und Mutter wäre. Was soll das heißen? Warum hast du so viele Geheimnisse?“
„Ich nehme große Rücksicht auf deine Gefühle. Immerhin gestatte ich dir zu arbeiten.“
„Gestatten? Das soll wohl ein Scherz sein!“ Dora sprang auf und stemmte die Hände in die Hüften. „Wenn du darauf bedachtbist, dass ich mit Gegenständen werfe, hast du es fast geschafft. Du und dein Land zieht großen Nutzen aus meiner Arbeit. Ich habe zahlreiche Verbesserungen bei unseren Verträgen mit ausländischen Firmen erzielt. Glaub ja nicht, dass du meinen Beitrag schmälern kannst.“
„Ich sage ja nicht, dass du keine Hilfe bist“, entgegnete er vorsichtig. „Aber ich verstehe nicht, warum du so schwierig sein musst. Du ruinierst alles zwischen uns.“
„Ich? Nein, Khalil, das kannst du nicht auf mich abschieben. Ich bin ja bereit, dir auf halbem Wege entgegenzugehen, aber ich kann nicht alles tun. Du musst Verantwortung für deine Fehler übernehmen. Ist es so furchtbar zuzugeben, dass du dich geirrt hast?“
Er blickte zur Uhr und stand auf. „Ich habe ein Meeting.“
Niedergeschlagen nickte Dora, verließ den Raum und eilte in ihr Büro. Sie trat an das Fenster und blickte hinaus in den Garten. Was machte sie falsch? Verlangte sie etwas Unmögliches? Sollte sie einfach nachgeben? Schließlich war Khalil nicht wie andere Männer, sondern ein eigensinniger Prinz.
Sie lehnte die Stirn an das kühle Glas. Draußen war die Temperatur auf über dreißig Grad Celsius gestiegen. Der Sommer nahte mit großen Schritten, und sie konnte nur hoffen, dass die Klimaanlage niemals versagte.
Sie sehnte sich nach einer richtigen Ehe. Sie wollte
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