Märchen unter dem Wüsenhimmel
Duft ein. „Ich habe doch gesagt, dass ich gar nichts davon wusste. Du brauchst mir nicht zu danken.“
Mit Tränen in den Augen blickte sie ihn an. „Doch. Du magst zwar nicht direkt verantwortlich sein, aber du hast all das ermöglicht.“ Sie stellte sich auf Zehenspitzen und küsste ihn. „Ich muss jetzt an die Arbeit.“
Er blickte ihr nach, als sie hinter der breiten Doppeltür verschwand. Sie hatte so viel in so kurzer Zeit bewirkt – sowohl für sein Land wie bei ihm selbst. Er konnte sich das Leben nicht mehr ohne sie vorstellen. Doch er wusste nicht, ob er ihr geben konnte, was sie verlangte. Konnte er lernen, sich zu beugen? Hatte er eine andere Wahl?
15. KAPITEL
I ch verlange zu wissen, warum du mir nicht gehorchst, Weib“, murrte Khalil.
„Du weißt den Grund“, erwiderte Dora ruhig. Während leidenschaftlicher Küsse hatte er sie gebeten, ihn auszuziehen. Da sie jedoch nicht ganz bei der Sache war, hatte sie sich geweigert. Sie zog es vor, über das alte Thema mit ihm zu streiten, anstatt ihm zu verraten, warum sie sich nicht völlig für das Liebesspiel zu begeistern vermochte. Schließlich mussten sie erst einmal lernen, eine gute Ehe zu führen, bevor sie Eltern werden konnten.
„Ich weiß nichts dergleichen. Es sind beinahe vier Monate vergangen. Warum gibst du nicht endlich zu, dass du mich liebst?“
„Zu einer Ehe gehört mehr als Unterwürfigkeit von Seiten der Frau. Ich will Partnerschaft und Aufrichtigkeit. Aber das willst du offensichtlich nicht verstehen.“
„Natürlich verstehe ich das. Ich will nicht, dass du unterwürfig bist, sondern dass du deine Gefühle eingestehst.“
„Warum gestehst du deine Gefühle denn nicht ein? Sag mir, dass du mich liebst und es dir leid tut, und alles wird gut.“
Er winkte ab. „Wie lange willst du dieses Spiel denn noch aufführen?“
„Für immer, wenn nötig. Du kennst meine Bedingungen. Es hat sich nichts an den Tatsachen geändert. Du hast mich belogen und meine missliche Lage ausgenutzt. Unter dem Vorwand, mich zu lieben, hast du mich in die Ehe gedrängt und mich hergebracht, ohne mir Zeit zu lassen, es mir anders zu überlegen.“
Seine Augen sprühten Funken. „Ich habe dir eine große Ehre erwiesen, indem ich dich zur Frau genommen habe.“
„Ach, und für dich ist es keine Ehre, dass ich eingewilligt habe?“
„Natürlich nicht. Denk doch mal an das Leben, das du vorhergeführt hast. So erbärmlich und dürftig. Du warst ein Niemand, und ich habe dir die Welt zu Füßen gelegt.“
Dora presste die Zähne zusammen, um nicht aufzuschluchzen. Seine Worte trafen sie bis ins Innerste. Sie schloss die Augen und zwang sich, tief durchzuatmen. War sie wirklich ein Niemand für ihn?
Etwas Warmes berührte ihre Wange. Sie öffnete die Augen und sah, dass er zu ihr getreten war. „Ich habe unüberlegt gesprochen“, sagte er mit einem sanften Lächeln. „Damals kannte ich dich noch nicht gut genug, um mich geehrt zu fühlen. Inzwischen weiß ich, dass du eine großartige Frau bist und ich mich glücklich schätzen kann, dich zu haben.“
„Sag mir, dass du einen Fehler begangen hast“, murmelte sie und schlang die Arme um ihn. „Sag mir, dass es dir leid tut und du mich liebst.“
Er schob sie von sich. „Du verlangst Unmögliches. Ich bin Khalil Khan, Prinz von El Bahar, und ich lasse mir von einer Frau keine Vorschriften machen.
Sie richtete sich auf. „Das mag sein, Prinz Khalil, aber du vergisst dabei eine sehr wichtige Tatsache.“
„Und die wäre?“
„Ich bin Dora Khan, Prinzessin von El Bahar, und ich schlafe nicht mit Lügnern.“ Sie ging zur Tür und öffnete sie.
Khalil folgte ihr. „Ist es so weit gekommen? Zu einem Machtkampf?“
„Es war immer ein Machtkampf. Der Unterschied besteht nur darin, dass du diesmal nicht gewonnen hast.“
„Treib es nicht zu weit, Weib, oder es wird dir sehr leid tun.“
„Es tut mir bereits leid, Khalil. Du glaubst, dass ich mich aus Starrsinn oder aus dem Wunsch zu strafen von dir abwende, aber in Wahrheit treibt mich der Schmerz in meinem Innern dazu.“Und dann schloss sie sanft die Tür hinter ihm und blieb allein zu rück.
Dora stand an einem Seiteneingang zum Ballsaal und bewunderte die prachtvolle Dekoration und die vornehme Menge. König Givon gab eine kleine, intime Geburtstagsfeier für seinen guten Freund und Premierminister Aleser. Klein und intim bedeutete in der königlichen Welt jedoch etwas anderes als in Doras Erfahrung. Über hundert Gäste
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