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Märchen von den Hügeln

Titel: Märchen von den Hügeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waltraut Lewin & Miriam Magraf
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Witterung herrschte als oben im stets verschneiten Tann. Die neue Landschaft beflügelte Aina-Aglars Schritte. Rasch näherte sie sich dem Strom.
    Als die Elbin schon das warme Flußtal unterhalb der Hügel erreicht hatte, überraschte sie vielstimmiges Gelächter. Jetzt erst bemerkte sie, daß es hier Wesen gab, die nun hinter den Weidenstämmen hervorkamen. Es waren dick vermummte, untersetzte Gestalten, die Aina-Aglar neugierig beäugten und ihren Anblick anscheinend höchst belustigend fanden.

    »Ist das nun einer dieser putzigen Elben oder ein zu groß geratenes Kaninchen?« fragte jemand und spielte damit wohl auf den Pelz an.
    »Die närrischen Schuhe!« kicherte ein anderer. »Alle Zehen erfrören mir, müßt ich darin laufen!«
    »Und wenn es wirklich so wäre?« fragte die Elbin zurück. Sie war den Tränen nahe und wußte nicht einmal, ob aus Wut über diesen Empfang oder aus Freude, am Ziel zu sein. Denn kein anderes als das Volk der Zwerge war es, das so herzhaft über sie lachte.
    Auf ihre Bitte führte man Aina-Aglar hinab zur Schmiede. Die Zwerge waren in den Künsten des Feuers wohlerfahren, und das, was sie aus den Erzen, die sie gruben, schufen, war begehrteste Ware. Unter ihren geschickten Händen entstanden Pflüge, Äxte, Arbeitsgerät, aber auch feiner Schmuck, kostbare Gold- und Silbergeschmeide von unnachahmbarer Schönheit.
    Zum erstenmal sah ein Elb die Wunder der Zwergenhöhle: die mächtigen Feuerstellen, die Ambosse, die Schmiedehämmer in den Händen der kleinen, stämmigen Gesellen. Dröhnen und Rauschen erfüllte die stickige Luft.
    Die plötzliche Hitze machte Aina-Aglar taumelig. Sie mußte die Felle ablegen, während ihren Begleitern die Wärme nichts auszumachen schien.
    Ein großes Ah! erhob sich aus den Mündern der Schmiede, als die Elbin ihr blondes Haupt enthüllte und sie der hohen, schlanken Gestalt ansichtig wurden, die unter den Pelzen erschien. Kaum ein Zwerg hatte damals schon einen Elben zu Gesicht bekommen. Beide Völker kannten einander nur wie aus Sagen. Manchmal hatte zwar ein Weitgereister, der ausgezogen war, um fernab wertvolles Gestein zu schürfen, von einem jener Lichtwesen berichtet, doch hielt man das meist für Legende.
    Jetzt aber konnten sie eine Angehörige des Schönen Volkes mit eigenen Augen betrachten. Sie erschien ihnen fremd und zauberisch zugleich, wiewohl sie blaß war und gezeichnet von den Mühen der Wanderung.
    Wie sie gebeten hatte, brachten die Zwerge sie vor einen ihrer Meister: Tardak Aridon, den Herrn der Goldschmiedekunst.
    »Es wird nicht leicht sein, euch zu helfen«, sagte der Zwerg und warf einen kurzen Blick über seine großen Brillengläser hinweg zu Aina-Aglar.
    Er hatte das Zeremoniell der Begrüßung schnell beendet und war, nachdem er der Elbin einen Becher leichten Weißweins vorgesetzt hatte, zu seiner Arbeit zurückgekehrt, die ihn allem Anschein nach mehr fesselte als der ungewöhnliche Besuch.
    Der Raum, in dem sie sich befanden, war angefüllt mit seltsamem Gerät. Da gab es miteinander verbundene Rädchen und Wellen, die sich nach einem für Aina-Aglar unergründlichen Mechanismus bewegten.
    Über eines der Räderwerke beugte sich Tardak Aridon und schraubte mit flinken Händen daran herum.
    »Schon«, sagte er, »haben wir Kunde von Geheimnissen, die über die gewöhnliche Schmiedekunst hinausgehen, und mehr Macht über die Erze, als mancher glauben mag. Doch sie so zu zwingen, daß sie Lebendiges erhalten können, ist ein Werk, das größer ist als alle je begonnenen.« Tardak Aridons Art zu reden erweckte keineswegs den Eindruck, daß man ihm Glauben schenken müsse, so beiläufig sprach er davon. Doch das lag wohl daran, wie gut er um die Grenzen seiner Kunst wußte. Vielleicht aber, so dachte er, ließen sie sich ein wenig ausweiten, wenn man die legendäre Zauberkraft der Elben dazunähme, von der er freilich wenig mehr als das Gerücht kannte.
    »Ich habe, offen gesagt, nicht die geringste Ahnung, wie es anzustellen sei«, gestand er.
    Aina-Aglar trat neben ihn.
    Mit wachsendem Interesse richtete sich der Zwerg auf, wobei er mit dem Daumenknöchel über das gekrümmte Rückgrat fuhr, als müsse er es glätten.
    Die Elbin löste ihr bislang verborgenes Halskettchen und zog daran ein kaum geformtes Metall hervor.
    Helles Licht erfüllte den Raum.
    Tardak Aridon reckte sich der Handfläche entgegen, die das Kleinod trug.
    »Es ist ein seltenes Gold«, sagte Aina-Aglar. »Unter den Großen unseres Volkes geht

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