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Märchen von den Hügeln

Titel: Märchen von den Hügeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waltraut Lewin & Miriam Magraf
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dieses Stück seit langem von Hand zu Hand.
    Ich erhielt es von meinem Bruder Tar-Ciryatan, der sich mit dem Tand nicht schmücken mag, so sagt er jedenfalls. Doch weiß ich wohl, daß ihm die Bürde zu groß ist, denn es heißt, es sei eine der kostbaren Waren, die den Elben helfen wird, wenn sie der Hilfe bedürfen.«
    Der Zwerg streckte die Hand danach aus, und ohne zu zögern, gab die Elbin das Metall her, um es begutachten zu lassen.
    »Gewiß hat es noch andere Eigenschaften als gewöhnlicher Glitzerkram«, fuhr sie fort. »Es ist an der Zeit, den Zauber zu offenbaren. Kannst du daraus etwas schmieden, das die Dunkelheit vertriebe? Sieh nur den Glanz!«
    Es schien, als brenne der Schatz auf des Zwerges Hand in allen Farben des Feuers.
    Tardak Aridon betrachtete ihn eindringlich. Dann sah er auf die Elbin. »Mit deiner Macht und Hilfe, Hohe Frau«, antwortete er, »will ich noch heute das große Werk beginnen.«
    Ein Schauer ging durch die Natur, als der Zwerg seine Arbeit in Angriff nahm, aus dem Klümpchen Metall ein Ding von größerer Macht zu schmieden. Dabei stand ihm die Elbin hilfreich zur Seite, legte selbst mit Hand an, so gut sie es verstand, sang die alten Elbenlieder und richtete all ihre Gedanken darauf, daß das Werk gelinge.
    Bald regte sich in den kahlen Wipfeln der Laubbäume ein milder Wind, und die nackten Äste rauschten aneinander, als flüsterten sie sich Geheimnisse zu.
    Weithin vernehmbar war der Klingklang von Tardak Aridons Hammer, obwohl er unter der Erde arbeitete. Er war wie der Pulsschlag eines jungen Herzens, das unter dem Berg pochte. Darüber flossen Aina-Aglars Gesänge wie Ströme munteren Blutes in den belebten Adern.
    Rascher schossen nun die Flüsse dahin, angefüllt mit Unmengen Schmelzwassers, das sich aus dem Gebirge ergoß. Weitab spürte auch das Volk der Elben die Bewegung und ahnte, wovon sie ausging. Aus ihren schönen Gesichtern schwand die Furcht, und die Kummertränen trockneten in ihren Augen. Sie lauschten auf das ferne Lied ihrer Fürstin, das mit dem warmen Wind kam. Bald zogen sie wieder voll Hoffnung und singend des Weges.
    Als das Kunstwerk fertig war und seine Schöpfer müde, hieß Aina-Aglar den Zwerg, es hinauszutragen auf den Kamm der Hügel.
    Tardak Aridon wog den schmalen Goldreif auf der Hand und strich liebevoll darüber. Er merkte wohl, daß man ihm das, was er für sein Meisterwerk erachtete, nicht lassen wollte. Obwohl er kein Recht auf den Besitz hatte, denn Aina-Aglars Zauber war ebenso darin wie der seine. So murrte er und wand sich, nicht alle Welt müsse das kostbare Kleinod sehen, das entfache nur Neid.
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, gab ihm die Elbin zurück, »wir werden sein Licht als Himmelsfackel entzünden - für jedermann.«
    Tardak Aridon blinzelte zu Aina-Aglar auf. Mechanisch, entgegen dem eigenen Willen, hüllte er den Reif in ein Tuch, reichte das Päckchen der Elbin und folgte ihr hinaus.
    Mit sicherem Schritt ging sie voran, den Schatz in den Händen geborgen. Als sie zur Kuppe des Berges emporstiegen, atmete Tardak Aridon tief; die Luft war angefüllt mit fremden Gerüchen. Er bemühte sich, in das Land hinauszuspähen, ob sich darin etwas verändert habe. Doch vermochte er nichts zu erkennen, denn es herrschte eine Düsternis über dem Strom, dichter denn zuvor. Das einzig Helle war geschwunden: der Schnee.
    Aina-Aglar legte das Päckchen nieder und begann behutsam das Tuch auseinanderzuschlagen. Der Zwerg wollte mittun, doch unbewußt oder absichtlich wehrten seine Hände denen der Elbin. Sie schob ihn beiseite, schlug den letzten Zipfel zurück und hielt den Reif empor.
    Der Zwerg schrie auf, sprang und entriß ihn ihrer Hand.
    Zu spät.
    Ein greller Riß ging durch den Himmel, geradeso, als habe jemand eine Riesenfackel entzündet. Eine Sturmböe fegte über die Hügel in dem Augenblick, da die Sonne als gleißende Flamme am Himmel stand.
    Der Reif aber war fortan verschwunden.
    Die Zwerge erschraken sehr vor dem gleißenden Licht, das sie plötzlich blendete, sie warfen sich zu Boden, kreischten und schirmten das Gesicht mit den Händen, denn sie glaubten, Furchtbares geschähe. Kaum noch fähig, den Blick aufzuheben, krochen sie tastend in ihre Höhlen, und es gab viele unter ihnen, die sich nie mehr hervorwagten. Wie verstörte Tiere gruben sie sich immer tiefer ins Erdreich hinein. Aber auch die, die ihren Schreck überwanden, kamen erst nach geraumer Weile wieder ans Tageslicht.
    So war die Sonne dem Volk der

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