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Märchen von den Hügeln

Titel: Märchen von den Hügeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waltraut Lewin & Miriam Magraf
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stammte. Obwohl die Mutter eine Sterbliche gewesen war, hatte Lindo doch Eibisches geerbt: Schönheit, ein wenig Musikalität und vor allem die Flatterhaftigkeit. Letztere war es, die ihn mit Adalbert zusammengeführt und die sie wieder getrennt hatte.
    Als die Elben ehedem ihr Reich auf den Hügeln über der Stadt errichteten, kam Lindo mit ihnen her. Dem Kleinen Volk mißfielen die lauten Gesänge der Elben, das ewige Gelächter und die vielen Feste. Es zog sich tiefer und tiefer ins Herz der Berge zurück. Viele gingen fort. Nur wenige blieben und hielten am Recht der Alteingesessenen fest. So auch Adalbert, der sich entschloß, mit den Elben zu verhandeln, auf daß sie ihn in Ruhe ließen und mit ihrem Singsang von seinem Haus fernblieben. Lange hatte er es abgelehnt, mit den Elben zu reden, denn er glaubte sich stets gefoppt, weil sie unentwegt gickerten; selbst den Weiseren unter ihnen - Adalbert hielt zwar diese Bezeichnung für Elben unangebracht - saß stets der Schalk im Auge. Deshalb war Lindo dem Zwerg ganz recht, um als Mittler zu fungieren, denn er verstand es, mit den Elben umzugehen, und war doch ernsthafter. So konnte sich Adalbert mit den leichtfertigen Geschöpfen einigen.
    Anfangs hatte Lindo den Alten recht putzig gefunden, und das stete Gefühl, der Zwerg hüte ein Geheimnis, das er ihm einst anvertrauen wollte, machte ihn neugierig. Aber als sich nie eines Rätsels Schleier lüftete, wurde es Lindo langweilig. Er schloß sich mehr und mehr den Menschen an, wenn er sich nicht dazu hinreißen ließ, mit den Elben zu singen. Das verstimmte Adalbert. Und so ging die Freundschaft auseinander. Adalbert, einsamer und verbissener denn je, ließ niemanden mehr herein und zeigte sich nur noch selten bei Tageslicht. »Er stochert im Berg herum und gräbt nach Schätzen«, meinten die Elben lachend.
    Der Zwerg empfing Lindo in der Tür und führte ihn schweigend unter dem Torbogen, der sich in die Mauer fügte, hindurch, erst in sein Haus, dann abwärts in tiefe Schächte. Je weiter sie gingen, desto vernehmbarer wurde ein unentwegtes, vielstimmiges Ticken. Sie betraten einen Raum, in dem sich nichts weiter befand als zahllose Uhren: Standuhren waren, gegeneinandergelehnt, in der Mitte placiert, an den Wänden hingen Kuckucksuhren aller Größenordnungen, auf Regalen häuften sich Wecker, Taschenuhren, Armbanduhren, und alle zusammen verursachten einen schier unerträglichen Lärm. Beim Eintritt hatte sich Lindo die Ohren zugehalten, die von elbischer Empfindlichkeit waren. »Seit wann«, fragte er, »frönst du diesem Hobby?«
    »Schon immer«, erwiderte Adalbert kurz, »aber bisher zeigte ich die Sammlung keinem. Ihretwegen habe ich dich auch nicht mitgenommen. Komm weiter!«
    Er drückte eine Tapetentür auf, die kein Unkundiger entdeckt hätte. Allein Lindo waren schon die feinen, rechteckig verlaufenden Linien im Gemäuer aufgefallen, doch hatte er geschwiegen, um den Zwerg bei Laune zu halten, denn er war sehr neugierig, mehr zu erfahren, vielleicht jenes lang verschwiegene Geheimnis . . .
    Sie durchschritten einen sauberen Gang, der von violettem Neonlicht erhellt wurde. Lindo begann sich unwohl zu fühlen. Es war wider seine Natur, so tief unter der Erde zu sein. Elben lieben bekanntlich Baumwipfel, die auch den Menschen angenehmer sind als verworrene Höhlenlabyrinthe.
    Das Ticken der zahlreichen Uhren wurde nun abgelöst durch ein verwandtes Pochen, viel gewaltiger aber, so stark, als werde es durch eine große Maschine verursacht.
    Adalbert trat vor Lindo in den Raum, aus dem das Gepoch kam. Neonröhren flackerten auf. Lindo mußte sich abermals die Ohren mit den Fingern verstopfen und zudem mit den Augen zwinkern. Als er sich endlich an die Beleuchtung gewöhnt hatte, fand er sich tatsächlich inmitten einer mächtigen Apparatur: Mannshohe stählerne Zahnräder griffen ineinander, armdicke Keilriemen schwangen sich über blitzendes Metall hinweg ins Dunkel. Lindo stand offenen Mundes, erschrocken und überwältigt.
    Adalbert lächelte zufrieden. »Möchtest du wissen, was das ist?«
    Der Halbelb nickte und lüpfte einen Finger etwas.
    »Es ist die gewaltigste Maschine, die ich je erdachte«, sagte der Zwerg bedeutungsvoll.
    Lindo zog die Stirn kraus, denn er verstand nicht, wovon Adalbert sprach.
    »Hier«, fuhr dieser fort, »ist das Getriebe, durch das Tag und Nacht und wieder Tag und wieder Nacht entstehen . . .« Er atmete tief. »Und das alles hüte ich.«
    »Und was habe ich damit zu

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