Maerchenhochzeit in Granada
seine große Liebe. Sie war achtzehn. Sie glaubte ihm.
Als Maggie ihre Verlobung bekannt gab, baten sie die wenigen Familienmitglieder, die sie noch hatte, zu warten. „Du kennst ihn doch kaum ... er ist viel älter als du ..." Sie hörte nicht auf sie. Sie liebte Roderigo. Was war sonst wichtig?
Im Gegensatz zu den Jungen in ihrem Alter machte er keine Annä herungsversuche, sondern erklärte, er müsste seiner Braut Respekt entgegenbringen. Doch er wollte sie in England heiraten.
Ihre wäre es lieber gewesen, wenn die Hochzeit in Spanien stattgefunden hätte, im Kreis seiner Familie, aber Roderigo hatte das letzte Wort.
Später fragte Maggie sich, was passiert wäre, wenn sie sein Zuhause gesehen hätte, bevor sie ihm das Jawort gegeben hatte. Dann hätte sie vielleicht herausgefunden, dass sein Unternehmen eine dubiose Firma war, ihm die Gläubiger im Nacken saßen und gegen ihn ermittelt wurde.
Und wenn er vor der Hochzeit mit ihr geschlafen hätte? Dann hätte sie ihn vielleicht nicht mehr durch die rosarote Brille gesehen und ihn nicht Hals über Kopf geheiratet. Auch das hatte er verhindert, denn als sie in Spanien eingetroffen waren, hatte sich die Käfigtür hinter ihr geschlossen.
Maggie rieb sich die Augen, als das Flugzeug zur Landung ansetzte. Catalina, die neben ihr saß, betrachtete sich in ihrem Ta schenspiegel. Sebastian, der seinen Platz auf der anderen Seite des Ganges hatte, war seit dem Start in seine Papiere versunken. Sein Anblick ernüchterte Maggie in gewisser Weise.
Nun zwang sie sich, aus dem Fenster auf die schneebedeckten Gipfel der Sierra Nevada tief unten zu blicken - genau wie damals in den Flitterwochen. Damals war sie überglücklich gewesen. Jetzt fühlte sie sich leer. Doch die Berge sahen immer noch genauso aus.
Ihre Flitterwochen waren sehr romantisch gewesen. Tagsüber waren sie Ski gelaufen, und nachts hatten sie sich geliebt. Roderigo war ein erfahrener Liebhaber, und im Bett verstanden sie sich gut. Vielleicht spürte sie bereits zu dem Zeitpunkt, dass etwas nicht stimmte, aber sie war zu jung und unerfahren, um es zu ergründen.
Seine Familie, angeblich ehrbare Kaufleute, entpuppte sich als Clan von Gaunern, denen es mal sehr gut ging und die dann wieder von der Hand in den Mund lebten. Wenn sie zu Geld kamen, gaben sie es sofort aus.
Das einzige Mitglied seiner Familie, das Maggie sympathisch war, war Jose, ein fünfzehnjähriger Junge, der sie förmlich vergötterte und Roderigo und sie ständig unter irgendeinem Vorwand besuchte. Seine Schwärmerei war so harmlos gewesen, dass weder sie noch Roderigo daran Anstoß nehmen konnten.
Da sie vieles verdrängt hatte, wusste Maggie inzwischen nicht mehr genau, wann ihr klar geworden war, dass Roderigo hauptsächlich auf Pump lebte. Er hatte einen hohen Lebensstandard, aber nicht die nötigen finanziellen Mittel. Und warum sollte ein Mann seinen Lebensunterhalt bestreiten, wenn er eine Frau mit Geld geheiratet hatte?
Roderigo brachte ihr bescheidenes Vermögen schnell durch. Nachdem er das Bargeld ausgegeben hatte, musste sie ihr Haus in England verkaufen und den Erlös nach Spanien transferieren. Sie wollte es für schlechte Zeiten anlegen, doch er kaufte ihr ein teures Geschenk und verreiste mit ihr - natürlich auf ihre Kosten.
Mit Sex stimmte er sie versöhnlich. Seiner Meinung nach durfte sie sich nicht beklagen, solange er gut im Bett war. Als sie Einwände erhob, lernte sie ihn von einer ganz anderen Seite kennen.
Wie könnte sie es wagen, ihren Mann zu kritisieren? Das hier war Spanien, wo der Mann das Sagen hatte.
Schon bald wurde Maggie klar, dass Roderigo nur charmant war, solange alles gut lief, ansonsten allerdings sehr unangenehm werden konnte. Und in den vier Jahren, in denen sie mit ihm verheiratet war, hatte sie es schwer. Sie wurde schnell erwachsen und entwickelte sich von einer hoffnungslosen Romantikerin zur Realistin.
Sie schaffte es, etwas Geld beiseite zu schaffen, und widersetzte sich Roderigo, was sie vorher niemals gewagt hätte. Doch es war die reinste Zeitverschwendung. Als Drohungen nichts nützten, fälschte er einfach ihre Unterschrift, und das Geld war weg.
Im Nachhinein fragte Maggie sich oft, warum sie ihn damals nicht verlassen hatte. Vielleicht weil sie sich nicht hatte eingestehen wollen, dass sie umsonst einen so hohen Preis für ihre Liebe bezahlt hatte. Und außerdem war sie schwanger gewesen.
Als sie es erfuhr, hoffte sie, dass Roderigo sich für das Kind verantwortlich
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