Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67
Bubu aufgebracht, und schlugen und stießen ihn bei jeder Gelegenheit. Bubu ertrug dies Alles geduldig, und verrichtete seine Geschäfte willig und ohne Murren. Als aber die Brüder ihn eines Tages, da er gerade achtzehn Jahre alt war, unbarmherzig gepeitscht hatten, so konnte er es nicht länger mehr bei ihnen aushalten, und lief davon.
Indem er aus der Thür trat, stieß er an etwas, das ihm im Wege stand. Er faßte es mit seinen kleinen Händen an, und fand, daß es die Gestalt einer Schachtel hatte, und zugebunden und versiegelt war. »Das mag wohl gar die blaue Schachtel seyn!« dachte er, hob sie in die Höhe, und setzte sie sich auf den Kopf. Sie war fast so groß, als er selbst, dabei aber so federleicht, daß er ohne große Mühe damit fortlief.
Die Brüder vermißten ihn nicht eher, als am Morgen, da sie ihre Stiefel brauchten. Sie gingen hinaus in die Küche, sie zu holen, und da sie noch ungeputzt waren, fluchten und schalten sie ganz abscheulich auf Bubu, und nahmen sich vor, ihn bis auf den Tod zu peitschen für seine Nachlässigkeit, sobald er wiederkommen würde.
Allein er kam nicht wieder. Da that es den Brüdern leid, einen Bedienten an ihm verloren zu haben, sonst aber grämten sie sich nicht weiter um ihn, und sagten: »Laß ihn laufen, er mag sehen, wie er fortkommt in der Welt!«
Bubu war die ganze Nacht hindurch gelaufen, und endlich auf eine schöne große Wiese gekommen, wo er sich ganz ermattet niedersetzte, um etwas auszuruhen. Dann ging er weiter und immer weiter, bis er an eine große Eiche kam, in deren Schatten er sich lagerte. Jetzt fing ihn an zu hungern; da er aber nichts zu essen mitgenommen hatte, und auch in der ganzen Gegend nichts zu finden war, so überlegte er, was er in dieser Noth zu thun habe.
Als er nun so traurig da saß, fiel ihm seine blaue Schachtel in die Augen. Er las die Aufschrift, und dachte: Vielleicht hilft dir die aus aller Verlegenheit. Schnell fuhr er mit der Hand in die Tasche, und zog ein kleines Messerchen heraus, um den Bindfaden damit zu zerschneiden, doch sah er sich erst um, ob auch nicht die bösen Stecken wieder aus der Erde hervorsprängen. Er sah aber nichts, und öffnete ganz ruhig die Schachtel.
Kaum hatte er aber den Deckel mit vieler Mühe heruntergeschoben, als zu seinem großen Erstaunen eine unzählige Menge Menschen, kleiner als er, aus der Schachtel heraussprang, die sogleich zu arbeiten anfingen. Es waren dabei Maurer, Zimmerleute, Tischler, Schmiede, Schlosser, Glaser, Kupferschmiede, Faßbinder, Schuster, Schneider, Bäcker, Fleischer, Bierbrauer, Köche, Seiler, kurz, alle ersinnliche Arbeitsleute, sämmtlich mit ihren Handwerkszeugen versehen; dann kommen auch Pfarrer, Schulmeister, Aerzte, Richter und allerlei Arten von Gelehrten, auch Buchdrucker und Buchbinder, endlich ein ganzer königlicher Hofstaat, nebst einem zahlreichen Heere Soldaten zu Fuß und zu Pferde: Grenadiere, Füsiliere, Jäger, Kürassiere, Dragoner, Husaren und Artilleristen, alle gut bewaffnet, und mit einer Menge Kanonen, angeführt von Generalen, Obersten, Majoren, Hauptleuten, und einer großen Anzahl geringerer Offiziere, sämmtlich mit ihrem Gepäcke versehen. Zuletzt kam auch eine Menge Schlachtvieh: Ochsen, Kühe, Kälber, Schaafe, Ziegen u.s.w., und das Alles aus – der Schachtel, die der kleine Bubu so lange auf dem Kopfe getragen hatte.
Dieser war ganz außer sich über Alles, was sich hier vor seinen Augen zutrug. Wie erstaunte er aber, als er bemerkte, wie schon die Köche beschäftigt waren, ein großes Feuer anzuzünden, und Kapaunen, Enten, kalekutische Hähne und Rehzimmer zu braten, und die Bäcker herbeikamen, um Kuchen zu backen!
Unterdessen wurde von den Hofbedienten ein großes prächtiges Zelt aufgeschlagen, und von dem Tafeldecker eine lange Tafel mit dem feinsten Tafeltuch gedeckt. Darauf kam der Hofmarschall, und erkundigte sich bei Bubu, wer zur Tafel gebeten werden sollte? »Zuerst ich,« sagte der Kleine, »denn ich bin gewiß unter Allen der Hungrigste; die Andern werden sich schon finden.«
Als der Hofmarschall sich entfernt hatte, meldete ein Kammerherr die Minister und Generale. »Was wollen denn die Minister und Generale von mir?« sagte Bubu; »ich bin ja nichts als ein armer, kleiner, hungriger Stiefelwichser!«
»Ew. Majestät belieben zu scherzen!« erwiederte lächelnd der Kammerherr; »wir wissen Alle sehr wohl, daß Sie unser allergnädigster König und Herr
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