Maerchenmond - Das Buch zum Musical
Boraas Kerkern entkommt?«, gab Kim zurück. »Was glaubst du wohl, warum er so hinter mir her ist? Er hat Angst, dass ich zu Themistokles gehe und Hilfe hole!«
Ado sah ihn noch zweifelnder an, verzog spöttisch die Lippen – und versetzte ihm einen Stoß, der ihn rücklings in ein Gebüsch stolpern und der Länge nach hinfallen ließ. Das Gebüsch sah nicht nur so aus, als wäre es aus schwarzem Stacheldraht gestrickt, sondern es fühlte sich auch so an.
Kims Schmerzensschrei wurde jedoch zu einem erschrockenen Keuchen, als er die beiden gewaltigen Schlachtrösser sah, die hinter Ado zwischen den Bäumen heraustraten. Sie waren riesig – zumindest in seinem Schrecken kamen sie Kim nicht viel kleiner vor als Dinosaurier – und ganz mit stacheligem schwarzen Eisen gepanzert. Auf dem Rücken des einen saß der schwarze Ritter, den Kim aus der Burg kannte, im Sattel des anderen saß Boraas selbst. Auch er trug jetzt eine schwarze Rüstung, wenn auch keinen Helm, und sein schwarzer Stab endete in einer scharf geschliffenen Klinge mit gemeinen Widerhaken.
»Oh, mein schlimmster Feind, der Tümpelprinz!«, sagte er spöttisch, während er sein scheuendes Pferd so dicht an Ado heranlenkte, dass es den Jungen fast berührte. »Was lungerst du hier herum?«
»Ich wohne hier«, erwiderte Ado schnippisch.
Die Hand des schwarzen Reiters senkte sich auf sein Schwert, doch Boraas hielt ihn mit einer raschen Geste zurück.
»Verzeiht, Majestät, das hatte ich ja ganz vergessen«, sagte er. Seine Stimme triefte vor bösem Spott. »Wärt Ihr dennoch so gütig, mir eine Frage zu beantworten?«
Ado funkelte ihn an. Er schwieg.
»Ist hier ein Junge vorbeigekommen?«, fragte Boraas.
»Nicht, dass ich wüsste«, antwortete Ado trotzig. »Ich war beschäftigt. Mit herumlungern.«
»Nimm dich in Acht, Bürschchen«, sagte der schwarze Reiter drohend. Seine Hand schloss sich fester um den Schwertgriff, und die schwarze Klinge glitt scharrend ein Stück weit aus der Scheide. Doch Boraas machte erneut eine besänftigende Geste.
»Das Menschenkind wird um jeden Preis versuchen, das Schattengebirge zu erreichen«, sagte er nachdenklich.
»Dann schicke ich meine Krieger aus«, sagte der schwarze Reiter. »Sie finden ihn, Herr.«
»Ja, gewiss.« Boraas dachte kurz nach und schüttelte dann – nicht nur zu Kims Erstaunen – den Kopf. »Aber vielleicht sollten sie das gar nicht.«
»Herr?«, fragte der schwarze Reiter verwirrt.
»Dieser Dummkopf weiß vermutlich selbst nicht, wie«, fuhr Boraas im gleichen, nachdenklichen Ton fort, »aber ich bin mir sicher, dass er den Weg über die Schattenberge findet.«
»Und uns so das Tor nach Märchenmond öffnet!« Der schwarze Reiter nickte anerkennend. »Das ist genial, Herr.«
»Zweifellos«, sagte Boraas, sah den schwarzen Reiter aber säuerlich an, als wäre diese Bemerkung so überflüssig, dass sie einer Beleidigung gleichkam. »Also sucht ihn – aber gebt Acht, dass Ihr ihn nicht aus Versehen zu früh einfangt.«
»Wie Ihr befehlt, Herr.« Der schwarze Reiter entfernte sich hastig, und auch Boraas zwang sein Pferd mit einer groben Bewegung herum, wandte sich dann aber noch einmal an Ado. »Und Ihr, junger Tümpelkönig«, sagte er hämisch, »haltet die Augen auf und gebt mir Bescheid, wenn Ihr diesen Burschen seht. Und in der Zwischenzeit könnt Ihr ja noch ein bisschen herumlungern. Solange Ihr es noch könnt.«
Er lachte hässlich, zwang sein Pferd endgültig herum und verschwand. Ado sah ihm schweigend nach, aber er hatte die Fäuste geballt und zitterte am ganzen Leib.
Kim befreite sich vorsichtig aus dem dornigen Gebüsch und trat wieder an seine Seite. »Na, glaubst du mir jetzt?«, fragte er.
»Eines Tages …«, murmelte Ado, weiter in die Richtung gewandt, in der Boraas verschwunden war. Schließlich aber riss er sich los, drehte sich zu Kim um und maß ihn mit einem sehr langen und sonderbaren Blick. Er sagte jedoch nichts, sondern wandte sich abermals um und sah wieder auf den schwarz daliegenden Tümpel hinab.
»Ich habe diesen Ort mein ganzesLeben lang noch nicht verlassen«, sagte er.
Kims Mut sank. »Das heißt, du … kennst den Weg zum Schattengebirge nicht?«, fragte er.
Ado maß ihn mit einem schrägen Blick. »Habe ich das gesagt?«
»Aber du wirst mich nicht dorthin bringen«, vermutete Kim. »Weil es gefährlich ist.«
»Habe ich das gesagt?«, fragte Ado noch einmal.
S eit er das letzte Mal in einer der ebenso dunklen wie feuchten Erdhöhlen
Weitere Kostenlose Bücher