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Maeve

Maeve

Titel: Maeve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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der Maschine sehen konnte. Sobald sie sicher saß, pfiff sie kurz.
    Von unten her rieselte die unheimliche, disharmonische Musik durch die dichte Decke von Blättern und das laute Geklapper der Maschine. Sie tat ihrem Kopf weh. Mein Gott, dachte sie, Gwynnor hatte recht. Er kennt seine Musik. Sie verdoppelte ihre Kraft, als sie sich in und um das rauhe, brausende Brüllen der Heuschreckenmaschine wob. Sie sah, wie die Erntemaschine zum Leerlauf verlangsamte. Ein dunkler Schädel ruckte aus der Kabine, schaute umher. Sie konnte sehen, wie das finstere Stirnrunzeln die derben Gesichtszüge des Mannes zu einer Konzentrierung von Abscheu zusammenzog. Dann kamen gepanzerte Gestalten schwerfällig um den hinteren Teil der Maschine herum, Energiegewehre ruhten leicht auf funkelnden Armen, während sich Blicke aus visiergeschützten Augen mit geübter Gewandtheit an der täuschend ruhigen Front des Waldes entlangbewegten.
    „In Ordnung, Shadith“, flüsterte sie. „Es geht los.“
    Gemeinsam tasteten sie sich voran, fanden die verwundbaren Stellen. Eine. Zwei. Shadith sprudelte vor Frohlocken und wählte eine dritte. Dann öffnete Aleytys eine Verbindung zwischen Drahtgeflechten. Eine. Zwei. Drei. Von Punkt zu Punkt peitschte sie sich mit der Schnelligkeit von Gedanken voran. Ohne festhalten zu müssen, weil der Schaden angerichtet war, sobald sich zwei Leitungen berührten.
    Es gab ein eindrucksvolles Krachen und Dröhnen hinter ihr, als sie verwegen, in einem kontrollierten Fall, den Stamm hinunterglitt. Kleine Metallfragmente prasselten durch das Blätterdach. Eins traf ihre Schulter, Blut quoll heraus, bevor sie das Ding wegfegte. Die kreischende Musik ging weiter, als sie an den Jungen vorbeirannte und sie anstrahlte. Die Musik brach ab, als Gwynnor die Flöte fallen ließ und ihr grimmig zulächelte. Aleytys seufzte und hetzte Richtung Dorf davon.
    Sie rannte geschmeidig, leicht, die Füße beinahe lautlos auf dem blättergepolsterten Boden; Gwynnor und Ghastay holten sie ein. Wieder verspürte Aleytys einen kleinen Triumph, als sie die wachsenden Bande zwischen den beiden Jungen fühlte.
    Dann gesellte sich Tipylexne zu ihnen, seine Jäger stumm und enttäuscht hinter sich.
    „Sie sind nicht gekommen?“ Aleytys verlangsamte zum Gehen. „Dieses Mal nicht.“ Dann knurrte er zufrieden. „Die Maschine ist stehengeblieben. Du hast sie getötet.“
    Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Sie werden reparieren, was ich zerstört habe.“
    „Du wirst sie wieder anhalten?“
    „Ich werde sie wieder anhalten.“
    „Sie werden anfangen, sich zu fürchten?“
    „Ich glaube schon. Ich weiß es nicht. Hängt von ihren Anführern ab. Aber verängstigte Männer machen oft Dummheiten. Ihr werdet aufpassen müssen.“
    „Wenigstens wird das Ding keine weiteren Bäume fressen.“
     

 
8
     
    Neun Tage später trieben Rauchfahnen in langsamen Kreisen über der Erntemaschine, als sie wie eine zerdrückte Wanze in ihren eigenen Trümmern lag. Gepanzerte Männer kletterten von dem Kriecher herunter und bildeten einen Kreis; die Gesichter dem scharfgeschnittenen Perimeter des Waldes zugewandt, Energiegewehre im Anschlag gehalten.
    Aleytys schwang sich zum nächsttieferen Ast hinunter und beugte sich vor, um Gwynnor zuzunicken. Er sprang auf und lief davon. Ghastay folgte ihm dichtauf. Als sie außer Sicht waren, zog sie sich wieder hoch, bis sie von dichten Blätterbüscheln verborgen war.
    Sobald die unheimliche Melodie erstarb, bellte der Anführer der Wachen einen Befehl und führte seine Männer im Laufschritt in den Wald hinein. Über ihren Köpfen versteckt, beobachtete sie Aleytys, wie sie vorbeistampften, wie sie sich mit einer gewichtigen Tüchtigkeit bewegten, die sie von den in der Stadt Aufgewachsenen nicht erwartet hatte. Ein paar Meter tiefer in die Dunkelheit vorgedrungen, teilten sie sich in Zweiergruppen auf. Die Paare schwenkten die Energiegewehre fächerförmig hin und her, trabten weiter, machten sich daran, konzentrische Kreise zu ziehen – die zusammengebrochene Erntemaschine der gemeinsame Mittelpunkt.
    „Zeit, von hier zu verschwinden, Lee.“ Shadiths purpurne Augen flackerten vor Aufregung. „Sie haben Wärmetaster auf diesen Gewehren montiert. Gott sei Dank haben sie nicht daran gedacht, über ihren Köpfen nachzuschauen.“
    Aleytys rutschte den Stamm wieder hinunter, bis sie am untersten Ast hing. Dann ließ sie sich auf den Waldboden hinunterfallen und rannte leichtfüßig den getarnten Pfad

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