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Maeve

Maeve

Titel: Maeve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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sensibler als der ihre. Sie blickte über die Schulter zu den Cludair hin, die geduldig auf sie warteten. Ihre Nasen, wenn auch breiter als Gwynnors Nase und weniger scharf gezeichnet, ließen vermuten, daß auch sie stark auf den Geruch als Information angewiesen waren. Sie seufzte, als sie ihre Unfähigkeit erkannte, eine Welt zu verstehen, auf der die Nase so wichtig war wie die Augen, wenn es darum ging, Werturteile zu treffen. „Es liegt an dir, Gwynnor. Es würde mir leid tun, dich gehen zu sehen, aber wenn du diese Leute nicht ertragen kannst, wäre es besser für dich zu gehen.”
    Gwynnor umarmte seine Knie fester. Er fühlte sich gehetzt. Er konnte ihr nicht erklären, daß er verzweifelt weggehen wollte, aber Messer drehten sich in ihm herum, sooft er daran dachte, sie zu verlassen. Er biß sich auf die Unterlippe, drehte den Kopf und sein Blick traf den eines der Cludair-Männer. Er sprang auf. „Ich habe mich verpflichtet, dich zum Meer zu bringen, Gwerei. Eine Ehrensache.”
    Die Sternenfrau stand auf. „Ich verstehe”, sagte sie. „Wenn du glaubst, du kannst es schaffen.” Sie nickte zu Tipylexne hin. Er drehte sich um und schritt selbstbewußt einen unsichtbaren Pfad entlang, während sich seine Jäger hinter ihm einreihten. Sie folgten ihnen; unvermittelt drehte sich die Sternenfrau zu ihm um.
    „Vergiß nicht, mein Freund, ich bin eine Heilerin. Wenn das hier zu schlimm wird, kann ich helfen.”
    Er schüttelte sich und ging schneller.
    „Gwynnor.”
    „Was?” Er warf das Wort über die Schulter zurück, ohne langsamer zu werden. Er wollte ihr nicht zuhören.
    „Der Geruchssinn arbeitet unterhalb der Ebene des Bewußtseins; deshalb wirst du dich eine Weile unwohl fühlen.”
    „Mmh?” Abgelenkt, stolperte er über eine Wurzel; beinahe wäre er gefallen. Sie packte rechtzeitig genug seinen Arm und bewahrte ihm so das Gleichgewicht. Verlegen ging er neben ihr, starrte intensiv auf den grünen Dunst, der alles, was mehr als ein paar Meter entfernt war, verhüllte.
    „Was ich zu sagen versuche, ist, daß du dich rasch an diese fremden Gerüche gewöhnen wirst, wenn du nicht die ganze Zeit derart angespannt bleibst. Lockere dich. Denk daran: Obwohl du hier ein Fremder bist, akzeptieren dich die Cludair.”
    „Deinetwegen.”
    „So?” Sie kicherte, ein erschreckend lautes Geräusch gegen den Hintergrund leisen, beständigen Rascheins. „Du müßtest die Cludair preisen, Gwynnor. Sie wollen die Fremden von Maeve weghaben wie ihr. Vielleicht noch mehr.”
    Er starrte auf den Rücken des Cludair direkt vor sich, während sie sich leicht verrückt vorkam, weil sie ihn zwang, die Glaubensgrundsätze neu zu überdenken, die sein Leben regierten.
    Schweigen legte sich zähflüssig auf die Reihe der Gehenden.
    7
    „Ich sehe sie, Lee. Gib mir Zeit, einverstanden?” Shadiths purpurne Augen verengten sich unter einem nachdenklichen Stirnrunzeln. Sie benutzte Aleytys’ Sehergabe, sondierte in die Maschine hinein, wie sie sich langsam durch den Wald fraß und Nutzholz und Abfälle ausspie. Die Sägezähne fetzten durch die Duftdrüsen des Holzes und lösten Geruchsschauer aus, bis der Gestank so überwältigend war wie der Lärm.
    Aleytys verfolgte Shadiths Untersuchung, verstand nichts, fühlte sich so verwirrt und verloren in dem Komplex von Linien und Kräften, die die Sängerin zu ihrer offensichtlichen Zufriedenheit sortierte.
    Shadiths Lachen spottete ihr sanft. „Ich benenne sie, du ziehst sie, Lee. Mach dir keine Gedanken darüber, weshalb.”
    „Mhm.” Aleytys verlagerte ihr Gewicht auf dem unbequemen, knorrigen Ast, schaute kurz zum Boden hinunter, fröstelte und riß ihre Blicke los. „Also?”
    „Sei einfach ein liebes Mädchen und hör zu.”
    „Mädchen!”
    Shadith wurde ernst. „Sieh. Da. Du kannst sehen, wie die Energie in dünnen Linien fließt. Ganz dicht beieinander, aber ohne sich zu berühren. Alles, was du tun mußt, ist, eine Verbindung von einer Linie zur anderen zu erzwingen. Dann — rumms! Maschinenteile regnen vom Himmel. Ich wähle die Stellen aus. Mhmmm.
    Mindestens zwei, denke ich.”
    Aleytys kräuselte die Nase. „Es scheint solch eine Kleinigkeit zu sein, dieses Monstrum aufzuhalten.”
    Shadiths Lachen war voll und warm. „Lee, ein Kurzschluß zwischen Energieleitungen, die diese Ladung führen! Nun, es wird Wirkung zeigen. Glaub mir. Du wirst nicht enttäuscht sein.”
    „Wenn du das sagst.” Aleytys ging vorsichtig rückwärts den Ast entlang zum

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