Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Tizian
Vom Netzwerk:
Schwächen, die sich in Laster verwandeln und von den Clans ausgenutzt werden für ihre eigenen Zwecke. Aber auch, um die verschiedenen Clans zusammenhalten.
    Man hilft sich gegenseitig. So wie im Falle eines Mannes aus der Familie Pesce in Rosarno. 2005 erteilt ihm Palmerino die Erlaubnis, eine Bude außerhalb der Discothek aufzustellen, um Snacks zu verkaufen. Und verspricht ihm bevorzugte Behandlung im Vergleich zu den vielen anderen Ständen vor dem Tanzschuppen. Eine Gefälligkeit, die darauf zurückzuführen ist, dass der Mann einem Mafia-Clan angehört, der die Mafia-Geschichte Süditaliens wesentlich mitgeformt hat. 2005 war es also der Pesce-Clan, der von der vorherrschenden Clan-Familie eine Erlaubnis erbat, um sich nicht den Zorn des Trovato-Sohns zuzuziehen. Von 2007 bis 2011 setzte man den claninternen Konkurrenzkampf aus. Die Gruppe von Coco Trovato war verurteilt worden, und der Pesce-Clan übernahm für sie die Schutzgeldgeschäfte mit den Budenbetreibern. Zusammen mit dem Flachi-Clan fordern sie seitdem die Beträge ein, die für den Verkauf von Brötchen mit Mailänder Salami fällig werden.
    Die Pesce-Familie selbst ist ebenfalls ein mächtiger Clan. In Rosarno nördlich von Reggio di Calabria haben sie ihren Hauptsitz. Der Boss Peppe Pesce wurde in den achtziger Jahren des Mordes an Peppe Valarioti, dem Ortsgruppenleiter der Kommunistischen Partei Italiens (PCI), beschuldigt. Dieser war am 11. Juni 1980 nach einer Siegesparty ermordet worden. Rosarno ist auch die Heimat von Domenico Oppedisano. Er rangierte als
Capo-Crimine
, dem höchsten Rang der ’Ndrangheta, als er zusammen mit dreihundert weiteren Verdächtigen im Rahmen der Operation »Crimine« festgenommen wurde. In diesem Zusammenhang konnte auch endlich die verbreitete These widerlegt werden, derzufolge die ’Ndrangheta nur eine horizontale Struktur aufweise und einzig durch Clans gegliedert sei. »Dieses Mal ist alles beisammen, um in einem einzigen Verfahren alle zur Verurteilung zu bringen, die wir schon seit Jahrzehnten verdächtigen«, nämlich die zentrale Führungsstruktur der ’Ndrangheta, so ein Zitat aus dem Plädoyer der Anklage, vertreten durch Nicola Gratteri, dem beigeordneten Staatsanwalt der regionalen Anti-Mafia-Behörde von Reggio di Calabria. Verlesen wurde das Plädoyer im Oktober 2011. Darin forderte die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung von 118 Beschuldigten zu einer Gesamtstrafe von 1700 Jahren Haft.
    Die Aktivitäten der ’Ndrangheta in der Welt der Nachtlokale beschränken sich nicht auf Mailand. Sie finden auch in der Emilia-Romagna statt und setzen sich bis nach Rom fort. Auch die bunten Lichter, die die Nächte an der adriatischen Riviera erhellen, gehören zu ’Ndrangheta-Lokalen. In Reggio Emilia gehörte dazu bis vor drei Jahren die legendäre Discothek
Italghisa
. Im Juni 2009 wurde deren bisheriger Betreiber, Salvatore Grande Aracri von den Carabinieri in Brescello bei Modena verhaftet. Aracri ist der 31-jährige Neffe von Nicolino »Mani di gomma« (dt.: Gummihände) Grande Aracri, dem Paten des Clans aus Cutro bei Crotone in Süditalien, und seit Jahren in der Po-Ebene zu Hause. Er lebt in Brescello, dem Dorf, in welchem die Geschichten von Don Camillo und Peppone verfilmt wurden, nach den berühmten Romanen von Giovanni Guareschi. Er ist dort als Bauunternehmer tätig und besuchte häufig seine Discothek in Reggio Emilia.
    Dorthin brachten ihn auch die Carabinieri, nachdem sie ihn in seiner Villa in Brescello verhaftet hatten. Im ersten Stock der Discothek lagerten Waffen und Drogen. Aussagen zufolge war auch Salvatore Grande Aracri einer der Teilhaber der Discothek. Aber nach den Angaben der offiziellen Eigentümer und der übrigen Ex-Gesellschafter war er nur ein einfacher Angestellter. Oder höchstens für die PR der Discothek zuständig. Nicht mehr. Schließlich wurde er wieder freigelassen und von der Anklage des Drogenhandels und des Waffenbesitzes freigesprochen. Aber die Aussagen des entscheidenden Zeugen, Luigi Boschetti, stimmen nachdenklich. Er war lange Jahre Türsteher der Discothek und hätte eigentlich den Schlüssel zu dem Lagerraum haben müssen, in dem die Drogen und die Waffen gefunden wurden. Mit unsicheren und konfusen Sätzen beharrte er darauf, dass er telefonisch von Unbekannten bedroht worden sei. Dann versicherte er, dass er den Schlüssel einige Tage vor der polizeilichen Durchsuchung an Salvatore Grande Aracri übergeben habe. »Er hat ihn dann behalten«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher