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Mafia Princess

Mafia Princess

Titel: Mafia Princess Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Merico
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Gewehr war zu schwer, als dass ich es ordentlich halten konnte. Dad lächelte wieder, und ich sah die winzigen weißen Fältchen um seine Augen. Er nahm mir das Gewehr ab und legte es sich selbst an die Schulter. Mit sanftem Klicken entsicherte er die Waffe, zog mich aus der Schusslinie und feuerte ein paarmal in die Ferne, auf Ziele, die nur in seiner Fantasie existierten. Der beißende Geruch von Kordit überlagerte den Orangenblütenduft.
    Dad legte seinen starken, gebräunten Arm um mich, und ich fühlte seinen Atem an meinem rechten Ohr, als er flüsterte: » Amo la mia piccola principessa .« [»Ich liebe meine kleine Prinzessin.«]
    Mein Herz weitete sich. Ich betete ihn an. Ich würde alles für ihn tun, alles, was er wollte. Er brauchte mich bloß darum zu bitten. Und dann, noch am selben Tag, war er verschwunden. Einfach so.
    Von Großmutter kamen keine Erklärungen, und Mum vermied es, über ihn zu sprechen. Das war inzwischen typisch. Sie sprach immer nur von »uns zwei« und davon, dass wir irgendwohin ziehen sollten, wo es nett war. Ich dagegen wünschte mir, dass wir als Familie zusammenblieben. Ich liebte meinen Dad. Ich wollte, dass wir in seiner Nähe waren.
    Ende des Monats kehrten wir nach Mailand zurück, aber nicht für lange. Unsere Taschen wurden erneut gepackt, unser ganzes Leben passte in sechs Koffer. Mum wollte endlich weg, fort von Mailand, Dad und Großmutter und dem ganzen Serraino/Di Giovine-Clan, sie wollte Abstand von der Unterwelt, der malavita . Dad war fuchsteufelswild, aber machen konnte er nichts. Mum hatte sich entschieden, und ich glaube, tief innen wusste auch er, es war besser für mich.
    Als Großmutter mich zum Abschied umarmte und küsste, hatte ich kein gutes Gefühl. Sie wollte mich nicht gehen lassen, und im Grunde meines Herzens bin ich auch nicht gegangen. Ich war aufgebracht, obwohl Mum das Leben in England als etwas Aufregendes darstellte. Da wäre eine schöne neue Schule. Es würde Spaß machen, es wäre wie Ferien. Sie wollte sich selbst einreden, dass es nicht nur der einzige, sondern auch der beste Plan war.
    An einem sonnigen Morgen Anfang September 1979 verließen wir Mailand. Am Tag darauf rollte unser Zug in Fishergate Hill an Gleis fünf des Bahnhofs von Preston ein. Es regnete, Tante Jill, Mutters ältere Schwester, holte uns ab, und ich weiß noch, sie hatte einen Schirm von Marks and Spencer dabei, damit wir auf dem Marsch zum Parkplatz trocken blieben. Wir zogen in Tante Jills und Onkel Adrians Einfamilienhaus in die piekfeine neue Siedlung in Carlton, Lancashire. Schon aus Mailand hatte Mum bei den hiesigen Behörden einen Antrag auf eine Sozialwohnung gestellt, aber Tante Jill hätte uns auch für immer bei sich behalten. Trotz vieler Bemühungen hatten sie und mein Onkel keine eigenen Kinder, und deshalb waren sie nur allzu froh, mich sinnlos verwöhnen zu können. Ich genoss die Aufmerksamkeit, den vielen Platz und das heiße Wasser rund um die Uhr. Bäder – heiße Bäder! – waren auf einmal fester Bestandteil meines Tages. Ich bekam ein eigenes Zimmer, aber noch gute sechs Monate schlief ich in Mums Bett, denn ich war erst neun und hatte große Angst vor dieser neuen Welt.
    Ständig dachte ich an Dad, fragte mich, wo er jetzt war und ob er mich vielleicht besuchen würde. Ich träumte oft von ihm und schaute mir Fotos an. Dann überlegte ich, ob er jetzt an diesen Orten sein mochte. Ich sah das Foto eines Gebäudes und überlegte, ob er daran vorbeigegangen war. Ständig suchte ich nach etwas, das mich mit ihm in Kontakt bringen konnte.
    Als kleines Mädchen braucht man Sicherheit. Ich wollte von meinem Dad hören, dass er mich liebte. Ich betete ihn an. Ich liebte ihn. Und das wollte ich ihm sagen. Wieso sprach er nicht mit mir, wieso sagte er mir nicht, dass er mich lieb hatte? Wutanfälle waren sinnlos. Ich wusste, wenn ich mit dem Fuß aufstampfte, würde ich nichts erreichen: L’albero vecchio non si drizza piu. [Ein alter Baum lässt sich nicht mehr geraderücken.]
    Doch die Zeit half, und ich lebte mich ein. Tante Jill hatte einen Kanarienvogel namens Joey, der immer in seinem Käfig saß und sagte: »Hallo, ich bin Joey Sheppard.«
    Mein Onkel und ich spielten oft ein Spiel, bei dem wir warteten, bis meine Mum und Tante Jill eines ihrer langen Gespräche angefangen hatten. Dann öffneten wir Joeys Käfig, und er schoss heraus. Sein Fluchtplan bestand darin, dass er direkt auf Tante Jills Kopf flog. Sie benutzte so viel Haarspray,

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