Mafia Princess
kostete zweitausend britische Pfund. Meines sah aus wie ein Autotelefon, aber es gab dazu eine kleine Handtasche, die man mit sich herumtragen konnte. Dad und Bruno hatten internationale Handys, wie das FBI sie benutzte.
Auf der Fahrt an die Küste schlug mein Herz schneller und schneller, denn über mir brummten die Polizeihubschrauber. Die Jagd hatte begonnen. Einen Anruf, mit dem man mich wissen ließ »Es ist alles Ordnung, alles erledigt«, bekam ich nicht. Es herrschte nur Schweigen; so etwas riskierte man nicht, nicht einmal das brandneue Handy verführte meine Familie dazu.
Es waren drei Stunden Fahrt bis nach Rimini, dort traf ich mich mit Bruno. Es war etwa Mitternacht. Wer an Dads Flucht beteiligt war, kam nach Rimini, wir tranken Champagner und feierten ganz groß in einem Restaurant. Wir waren aus dem Häuschen und alle so froh, dass sie den Job erledigt hatten und Dad draußen war.
Gegen ein Uhr früh bekamen wir einen Anruf von Dad: »Mir geht es gut, ich bin angekommen.«
Riesengroßer Jubel im Restaurant. Sie hatten ihn nicht nur befreit, nein, »Arsène Lupin« war sicher davongekommen, eine weitere wundersame Flucht war gelungen.
Die Zeitungen waren voller Schlagzeilen. Indirekt war es wieder das Gefängnis von San Vittore gewesen, aus dem Dad geflohen war. Was für eine Blamage. Für die Verantwortlichen des Gefängnisses und für die Polizei war das ein heftiger Schlag ins Gesicht. Der Sommer des Jahres 1991 wurde lang und heiß für sie.
Für den Fall, dass ich verfolgt wurde, hielt ich mich von Dad fern. Wenn es unbedingt sein musste, konnte ich mit ihm sprechen. Anfangs war er in der Gegend von Sevilla, dann zog er an die Costa de la Luz, nach Jerez de la Frontera, näher an die Grenze zu Portugal.
Ich kümmerte mich immer noch um die Geldtransporte, bis es Zeit war, das Babykriegen in den Vordergrund zu stellen. In Italien gibt es Wehrpflicht für alle jungen Männer, und obwohl ich zu neunundneunzig Prozent sicher war, ich würde ein Mädchen bekommen, beschloss ich, nur zur Sicherheit, mein Kind in England zur Welt zu bringen. Die Augusthitze in Mailand machte mir zu schaffen, und gegen Ende des Monats, ich war im achten Monat, stiegen Bruno und ich in einen Kombi und machten uns auf den Weg zu Mum. Spät am Abend trafen wir in London ein und hielten an einer Ampel, als ein Wagen neben uns zum Halten kam, in dem vier Schwarze mit Gangsterhüten saßen.
»Was soll das?«, fragte mich Bruno. Er machte sich Sorgen, es könne ein Überfall sein. Er musste bereit sein, auf Emilios Tochter und erstes Enkelkind aufzupassen.
Ich antwortete: »Alles in Ordnung. So sehen die hier aus.«
Schnell fuhren wir aus der Stadt.
Zu Vorsorgeuntersuchungen ging ich ins Victoria-Krankenhaus von Blackpool und machte alle Vorbereitungskurse mit. Wir trafen uns auch wieder mit meiner Freundin Dawn, die Bruno bei seinem letzten Besuch in England schon kennen gelernt hatte. Dawn hatte einen Freund, und eines Abends nahm dieser Mann Bruno auf einen Drink mit in eine Kneipe. Sie gingen in ein Lokal in Blackpool, wo ein Typ sich mit Dawns Freund anlegte. Bruno erfasste die Situation. Englisch sprach er zwar nicht, aber er verstand, was da los war.
Als der Typ aufs Klo ging, folgte ihm Bruno stieß ihn mit voller Wucht gegen die Wand und hielt ihm ein Klappmesser unters Kinn. Er übte ein bisschen Druck aus mit dem Messer und knurrte ihn auf Italienisch an: »Lass die Scherze. Ich weiß genau, was du da gemacht hast.«
Da kam Dawns Freund rein – es war seine Stammkneipe – und rief: »Oh nein, Bruno. So macht man das hier nicht.«
Doch soweit es Bruno betraf, brauchte der Kerl einen Denkzettel. So war er eben. Man durfte es nicht an Respekt fehlen lassen. Und seinem Freund gegenüber hatte dieser Typ genau das getan. Der Unruhestifter zog bleich im Gesicht ab, sein Bier ließ er stehen.
Nach elf Stunden Wehen kam meine Tochter Lara im Victoria-Krankenhaus in Blackpool am 11. September 1991 zur Welt, genau am Geburtstag ihres Vaters Bruno. Für mich war es eine lange, aber komplikationslose Niederkunft. Bruno war der stolze Vater, der sich ordentlich in die Brust warf. Mum, die zum ersten Mal Großmutter wurde, floss über vor Liebe und Fürsorge. Auch Dad tat, was nicht anders von ihm zu erwarten war, er blieb auf der Flucht und hielt sich versteckt. Aber seine Enkelin wollte er unbedingt sehen. Es war riskant, aber die Überwachung à la Big Brother kannte die Welt noch nicht, also beschlossen wir, sie
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