Mafia Princess
Verzweiflung. Sie trug immer noch Schwarz und trauerte um Mima und Alessandro, die sechs Monate zuvor gestorben waren. Sie war nicht in der Stimmung zu feiern. Ich verstand, dass sie nicht hatte kommen wollen.
In Tante Livias Haus ließen wir Unmengen von Fotos machen, ehe wir im Rolls-Royce zum Standesamt fuhren, den uns gute Freunde der Familie für diesen Tag zur Verfügung gestellt hatten. Es war eine schlichte Zeremonie, und anschließend hatten wir einen großen Empfang in einem schicken Restaurant außerhalb von Mailand, zu dem zweihundert Gäste geladen waren. Es kochte der damals beste Küchenchef Italiens, und da Dad alle Rechnungen bezahlte, hatten wir nur vom Feinsten. Dad wäre wirklich gerne gekommen, und ich war am Boden zerstört, dass er nicht dabei sein konnte.
Aber das war die richtige Entscheidung gewesen. Als Bruno und ich aus dem Brautwagen stiegen und ins Restaurant wollten, kamen aus dem Hinterhalt drei Killer auf Motorrädern. Die klassische Besetzung eines Killerkommandos. Sie hatten angenommen, Dad wäre mit uns im Rolls-Royce. Ihn wollten sie erwischen.
Aber auch die Polizei war da. Polizisten und Gangster entdeckten einander. Eine festgefahrene Situation.
Die Polizisten erzählten uns später, die Männer hätten auch mich töten können. So hätten sie Dad eine schwere Kränkung zugefügt und ihn veranlasst, Risiken einzugehen.
Die Lage war gefährlich, und mir wurde allmählich klar, was um mich herum vorging. Ich musste vorsichtig sein. Wir hatten jetzt noch mehr Sicherheitsleute. Ich hatte Leibwächter mit Magnum-Pistolen.
Und ich hatte uns ein Heim zu bereiten. Bruno und ich waren in eine Wohnung gezogen, die Dad für uns in derselben Straße gekauft hatte, in der auch Großmutter wohnte. Sie war schick und modern, es gab Marmorböden und verspiegelte Wände. Unsere Bankkonten platzten aus allen Nähten, und jede Woche hatten wir ein neues Auto.
Obwohl ich seit vier Jahren mit Bruno zusammen war, regte sich Dad anfangs über die Schwangerschaft ziemlich auf und benahm sich wie ein Vater aus grauer Vorzeit: »Wieso hast du das denn nicht anständig gemacht? Wieso hast du nicht zuerst geheiratet?«
Ich meinte, es sei ja nicht meine Absicht gewesen, schwanger zu werden, und das stimmte auch. Einen ganzen Monat lang redete er nicht mit mir. Dann beruhigte er sich und tat alles nur erdenklich Gute für uns.
Auch Dad wohnte in Mailand. Er hatte unter falschem Namen eine Wohnung in der Nähe der Scala. Seine genaue Adresse kannte ich allerdings nicht, und so erging es uns allen. Bei ihm war Valeria Vrba, die jetzt die bevorzugte Dame seines Herzens war. Wie Cranendonk war auch Valerias Ehemann, der damals den Namen Mario angenommen hatte, Waffenhändler. Er war Sizilianer, wohnte in einer riesigen Villa in Zürich und konnte jede Menge Kalaschnikows besorgen – aber nicht vom Militär, denn das war die Spezialität von Theodor Cranendonk. Dad freute sich, dass er alles bekam, was er wollte.
Mario konnte ich nicht ausstehen, aber Dad arrangierte sich bestens mit ihm. Mario fuhr einen Ferrari, und so hatten die beiden ein gemeinsames Gesprächsthema, nämlich Autos. Der Sizilianer besaß noch etwas anderes, das für Dad von Interesse war – Valeria. Sie kam aus der Slowakei, war Model und sah absolut hinreißend aus mit ihren blonden, an den Spitzen gelockten Haaren. Mario und Valeria kamen mit ihrer zweijährigen Tochter Etienne regelmäßig nach Mailand. Doch der Sizilianer machte ihr das Leben zur Hölle. Sie und Dad begannen eine Affäre, und sie verließ ihren Mann.
Das konnte sie nur mit Dad tun, denn Mario war keiner dieser Typen, die eine Frau einfach gehen lassen. Eher hätte er sie getötet. Doch mit Dad sah sie ihren Ausweg. Etienne nahm sie mit sich. Mario war am Boden zerstört. Er konnte einfach nicht glauben, dass seine Frau ihn wegen eines anderen Mannes verlassen hatte. Dieser große, harte Macho, der mit Waffen handelte, kam nach Mailand, ging auf die Knie und bettelte Dad an, ihm seine Frau zurückzugeben. Dad war schockiert, so peinlich war ihm das. Er meinte, er liebe Valeria und könne sie nicht aufgeben: »Sie liebt Sie nicht, sie will Sie nicht. Lassen Sie sie gehen.« Widerwillig gab Mario nach.
Obwohl ich hochschwanger war, transportierte ich immer noch Geld. Wer würde schon ein schwangeres Mädchen verdächtigen, eine Million in der Tasche zu verstecken? Auch Dad reiste viel herum und traf sich gelegentlich mit Cranendonks Tochter; die Sache mit ihr
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