Mafia Princess
Geschworenengericht in den USA waren er und Imelda Marcos wegen organisierten Verbrechens und Betrugs eben freigesprochen worden. Dad war beeindruckt von seinen Geschäften und seinem Lebensstil. Überall hatte Khashoggi ein Eisen im Feuer, er besaß Firmen in der Schweiz und in Liechtenstein.
Khashoggi wurde von seinem ehemaligen Schwager begleitet, Mohammed Al-Fayed, dem Besitzer des Kaufhaus Harrods in London. Und mit diesen beiden plauderte nun mein Vater. Die hatten keine Ahnung, wer Dad war, denn er benutzte seinen Namen des Abends, Giovanni Roberti.
»Ah, Sie sind Italiener! Das Hotel Ritz in Paris habe ich von einem Ihrer Landsleute gekauft«, erzählte Mohammed Al-Fayed.
Khashoggi schaltete sich ein, und das Gespräch ging weiter. Ehe sie sich trennten, hörte ich Dad sagen: »Lassen Sie uns in Kontakt bleiben.«
Es waren herrliche Ferien gewesen, aber im Lauf des Jahres 1992 hatte ich zu große Angst, Dad zu besuchen. Die Aufregung über seine Flucht aus dem Gefängnis hatte sich noch nicht gelegt, die Drogen kamen immer noch in großen Mengen aus Marokko, und ihm waren mindestens vier Polizei- und Sicherheitsbehörden auf den Fersen. Ein Dutzend Haftbefehle waren auf seinen Namen ausgestellt.
Meine kleine Schwester Giselle, die im Juni 1992 in Zürich zur Welt gekommen war, besuchte ich allerdings. Sie war ein wunderhübsches Baby. Den Namen Di Giovine konnte Valeria nicht auf der Geburtsurkunde eintragen lassen, also benutzte sie ihren eigenen Namen. Etwa vier Wochen später sollte Valeria sie zu Dad nach Portugal bringen, aber ich ging nach Mailand zurück. Ich machte mir immer noch große Sorgen um ihn. Viele meiner Verwandten – meine Cousins, meine Onkel – reisten geschäftlich hin und her. Die Polizisten folgten ihnen, und so stießen sie am 31. Juli 1992 in Albufeira auf Dads Spur.
Die portugiesische, spanische und italienische Polizei war vor Ort – gut einhundert von ihnen unmittelbar vor dem Haus –, und sie verhafteten alle in der Villa, darunter Großvater Rosario, Onkel Guglielmo und Valeria. Zum Glück war Valerias Mutter Aurelia da und konnte sich um meine kleine Schwester Giselle kümmern.
Wir waren gerade auf einem dreiwöchigen Urlaub auf Sardinien. Brunos Schwester Silvia, Tante Angela und ihr Freund sowie einige andere Leute waren bei uns. Als wir per Telefon über Dads Verhaftung informiert wurden, sahen alle sofort mich an.
Ich ließ Bruno und Lara auf Sardinien. Lara war noch nicht einmal ein Jahr alt, aber ich wusste, dass Silvia wunderbar mit ihr umgehen konnte. Ich flog nach Mailand, um Geld zu holen und damit zu bezahlen, was immer nötig war, und nahm den nächsten Flug nach Lissabon. Ich war vorher noch nie in Portugal gewesen. Ich ging zum Taxistand vor dem Flughafen Portela in Lissabon und hielt Ausschau nach einem jüngeren, hungrigen Typ am Steuer.
»Ich muss an die Algarve, nach Albufeira.«
Der Fahrer war aus dem Häuschen. Er verlangte ein paar hundert Scheine, und ich bot noch mehr. Ich brauchte seine Hilfe. Ich hatte den Namen der Villa, aber sonst nichts, nicht einmal den Namen der Straße. Es war gerade groß in den Nachrichten, dass dieser wichtige italienische Mafioso fünf Tage zuvor verhaftet worden war. Und ich bezahlte mit ganzen Bündeln von Lire-Noten. Der Taxifahrer muss Bescheid gewusst haben.
Dad wurde drei Tage nach seiner Verhaftung immer noch in den Gefängniszellen von Albufeira verhört, aber ich durfte trotzdem mit ihm sprechen. Unter seinen Sachen hatten sie auch eine Visitenkarte von Mohammed Al-Fayed mit dessen privater Telefonnummer gefunden. Sie mussten Al-Fayed überprüfen, aber als sie sahen, dass er nicht mit dem Gesetz in Konflikt lag, ließen sie ihn in Ruhe.
Valeria war freigelassen worden. Sie beschloss, so schnell wie möglich aus Portugal zu verschwinden, also ließ sie Giselle und ihre Mutter zurück und flog nach Wien. Einfach so!
Dad trug immer noch die Kleidung, in der er verhaftet worden war. Er hatte eine Halskette um, die ich ihm ein paar Jahre zuvor zu seinem vierzigsten Geburtstag geschenkt hatte, eine 21-Karat-Goldkette, mit winzigen Goldkügelchen verziert, und das war irgendwie rührend, irgendwie wichtig für mich.
Er wirkte ganz aufgelöst: »Hilf dem Baby, hilf Aurelia, aber sei vorsichtig …«
Er sagte mir, wo sich die Villa befand. Aurelia war Ende sechzig und zu Tode erschrocken. Sie musste sich um das Baby kümmern, und ihr ging das Geld aus. Kein Wunder, dass sie sich freute, mich zu
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