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Mafiatochter

Mafiatochter

Titel: Mafiatochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Gravano
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davongekommen?
    Ich wusste, dass meine Familie anders war, aber trotzdem waren wir eine Familie. Wir hatten ein hübsches Haus auf Todt Hill und verbrachten den Sommer auf einer Farm auf dem Lande (bis sie verkauft wurde), wo wir abends zusammen Dame spielten. Jeder, der uns von außen betrachtete und unseren Namen nicht kannte, nahm an, wir wären ein typisch amerikanischer Haushalt.
    Mein Vater ging zur Arbeit wie alle anderen Väter auch, wenn sein Job als Mafiagangster auch ein ziemlich ungewöhnlicher Beruf war. Die »Firma« wurde von John Gotti geleitet. Ich hatte nie von ihm gehört, bis Paul Castellano ermordet wurde. Nun war Papa sein wichtigster Vertrauter und Beschützer. Wenn man von Angesicht zu Angesicht mit John Gotti sprechen wollte, musste man erst an meinem Vater vorbei. Er zeigte mit dem Daumen nach oben oder nach unten, wer durch die Tür gehen durfte. Mein Vater leitete den Bausektor der Firma und war sehr erfolgreich im Baugeschäft, aber John Gotti war der König, der auf dem Thron saß. In diesem Bereich stellte er die gesamte Familie Gambino in den Schatten. Er baute in der gesamten Stadt.
    Der nächste Verlust aus Papas Freundeskreis war Frankie DeCicco. Frankie gehörte nicht zu den Leuten meines Vaters. Er hatte seine eigenen Leute und war innerhalb der Familie Gambino sehr mächtig. Als mein Vater einwilligte, Paul umzulegen, wollte er, dass Frankie der Boss würde, weil er fand, er gebe einen besseren Boss ab als John. Mein Vater und Frankie verstanden sich sehr gut. Beide verdienten viel Geld, waren sehr gefährlich und genossen nicht nur innerhalb der Familie Gambino, sondern auch in allen anderen Mafiafamilien hohes Ansehen. Frankie fand, Johns Ego sei zu groß und dass er im Augenblick als Unterboss besser aufgehoben sei.
    Wenn John keinen guten Job machte, würde er zur rechten Zeit noch einmal in Betracht ziehen, seinen Platz einzunehmen. Doch dazu kam es nicht. Frankie hatte meinem Vater erzählt, dass die anderen Mafiafamilien versuchen würden, den Mord an Paul zu vergelten, weil dieser nicht sanktioniert gewesen sei.
    Nur die Mafia-Kommission konnte ein Attentat auf einen Boss genehmigen. Gemäß dem Mafia-Kodex wurde nun ein Killer auf diejenigen Männer angesetzt, die man für die Ermordung Pauls verantwortlich hielt. Der Genovese-Familienboss Vincent »The Chin« Gigante, der Vorsitzende der Kommission, ordnete die Erschießung von Frankie und John Gotti sowie einiger anderer an, die er als Verantwortliche ausmachte. Jemand musste für die Verletzung des Kodex’ durch den Mord an Castellano bezahlen.
    Diesmal war ich mit Mama in Tante Dianes Haus, als ich erfuhr, dass Frankie, den sie als Unterboss der Familie Gambino bezeichneten, mitsamt seinem Auto vor einem Club in Brooklyn in die Luft gesprengt worden war. Ein zweiter Mann war verletzt worden. Ich wusste, dass mein Vater und Frankie zusammen nach Brooklyn gefahren waren, um sich mit John zu treffen. Dass sie zum Veterans & Friends Social Club in Dyker Heights gefahren waren, erfuhr ich jedoch erst aus den Nachrichten. Ich fürchtete, dass der Mann, der durch die für DeCicco bestimmte Autobombe verletzt worden war, mein Vater sein könnte. Ich rannte nach oben und suchte meine Mutter, die gerade im großen Schlafzimmer saß und mit meiner Schwester sprach.
    »Mama, ist Papa okay?«, fragte ich.
    »Ja, es geht ihm gut«, sagte sie weinend. Ich hatte sie zuletzt weinen sehen, als Stymie starb. »Er ist auf dem Heimweg. Er ist nur sehr, sehr aufgebracht wegen Frankie.« Sie sagte, sie könne es noch gar nicht fassen. Sie kannte die Familie DeCicco aus Bensonhurst von Kindesbeinen an.
    Verdammte Scheiße, begann ich zu denken. Was ist das bloß für ein Leben? Ich betrachtete das Ganze und machte mir klar, womit es die Leute tagtäglich zu tun hatten. Ich wusste nicht, ob ich mit der ständigen Unsicherheit aufwachsen wollte, dass meinem Vater etwas zustoßen könnte. War es dieses Leben wirklich wert? Als Papa zurückkam, waren Mama und ich schon zu Hause. Als ich ihn sah, begann ich zu weinen. Ich umarmte ihn; er küsste mich auf die Stirn und umarmte mich ebenfalls. Dann ging er nach oben, um zu duschen und sich ein wenig zurechtzumachen.
    Ich hörte, dass er zum Zeitpunkt der Explosion dort gewesen war. Die Bombe war eigentlich für John gedacht gewesen. Doch der Attentäter hatte sie zu früh gezündet, weil er einen anderen Typen, der auch mit dabei war, fälschlicherweise für Gotti gehalten hatte. Mein Vater hatte

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