Mafiatochter
nicht zu Hause. Sie war mit Huck, dessen Frau Kathy und einigen anderen Freunden in einem Comedy-Club in Brooklyn. Jemand erreichte sie dort. »Wird er sterben?«, fragte sie. Man sagte ihr, die Verletzungen seien nicht lebensbedrohlich, aber er habe sich möglicherweise das Rückgrat gebrochen. Mein Onkel Eddie kam und fuhr zu Gerard ins Krankenhaus, ich folgte ihm in meinem eigenen Wagen.
Ich hatte große Angst, weil ich die Schwere der Verletzungen nicht kannte. Papa traf mich vor der Notaufnahme des Staten Island Hospital an, wo ich auf ihn gewartet hatte. Als er mich sah, sprang er aus dem Auto, doch auf dem Bürgersteig hielt ihn ein Polizist an. Ich dachte, der Bulle wolle ihm berichten, was sich ereignet hatte. »Ist das Ihr Moped?«, fragte er meinen Vater. Als mein Vater das Mini-Bike sah, dachte er, Gerard wäre tot. Stattdessen sagte der Bulle: »Wir müssen Ihnen ein paar Strafzettel erteilen. Das Moped ist nicht registriert.«
Da platzte mein Vater: »Du beschissener Schwanzlutscher, du Arschloch…« Er biss die Zähne zusammen, was er immer tat, wenn er sich maßlos aufregte. »Nimm deine beschissenen Strafzettel und steck sie dir in den Arsch.«
Er ergriff meinen Arm. »Wo ist dein Bruder?«, schrie er und zerrte mich in die Notaufnahme.
»Es geht ihm einigermaßen gut«, sagte ich und versuchte, ihn zu beruhigen. »Aber ich glaube, er hat sich das Bein gebrochen.«
»Wo warst du?«, fragte er mich. »Du solltest doch zu Hause bleiben und auf ihn aufpassen.«
Es dauerte nicht lange, da füllte sich der Eingangsbereich des Krankenhauses mit fünfzehn Männern in Anzügen. John hatte ein paar Jungs geschickt, die dafür sorgen sollten, dass es Gerard gut ging, und alle anderen waren ihnen direkt von der Beerdigung gefolgt, um sicherzustellen, dass alles unter Kontrolle war. Sie belagerten den gesamten Eingangsbereich. Alle brachten sie etwas zu essen mit, Bagels und so weiter – ein großes italienisches Picknick.
Am nächsten Morgen schickte der Fahrer des Unfallwagens Gerard Blumen ins Krankenhaus. Papa und ich waren gerade dort, als sie geliefert wurden.
»Die sind von dem Kerl, der dich angefahren hat«, sagte Papa zu Gerard. »Weißt du, wie gefährlich es ist, nachts mit dem Moped zu fahren? Dieser arme Kerl hat jetzt furchtbare Angst. Er will die Stadt verlassen. Es ist gefährlich, in der Dunkelheit mit dem Mini-Bike herumzufahren. Du sollst doch nicht einfach abhauen.«
Dann wandte er sich zu mir: »Und du solltest eigentlich auf deinen Bruder aufpassen.«
Später an jenem Tag wurde Gerard aus der Chirurgie entlassen; man hatte ihm eine Metallschiene ins Bein gesetzt. Der Typ, der ihn angefahren hatte, kam vorbei. Er entschuldigte sich und sagte, es sei ein Unfall gewesen. Es sei dunkel gewesen, und er habe meinen Bruder nicht gesehen, als er in seine Einfahrt gebogen sei. Er war immer noch völlig am Boden zerstört.
Ich erinnere mich, dass der Typ eine Heidenangst vor meinem Vater hatte. Er wirkte, als wollte er am liebsten davonlaufen und die Stadt verlassen. Er tat mir sehr leid, weil es nicht seine Schuld gewesen war. Jeder wusste, was mit dem Kerl passiert war, der Frank Gotti überfahren hatte. Er bezahlte mit seinem Leben, wurde mit der Schusswaffe exekutiert und dann in ein Säurebad geworfen. Mein Vater versicherte dem armen Kerl, dass alles in Ordnung sei. Er schickte ihn weg und sagte: »Machen Sie sich keine Sorgen.« Er sandte ihm sogar einen hübschen Früchtekorb.
Mir war noch nicht ganz klar, welchen Weg ich im Leben einschlagen wollte. Meine Eltern sprachen nie mit mir über die Zeit nach der Highschool. Manchmal redeten wir übers College, doch Papa wusste, dass die Schule nie so ganz meine Stärke war. Auf jeden Fall hatte er die Hoffnung aufgegeben, dass ich eines Tages Rechtsanwältin werden würde. Ich lernte zwar schnell, war aber eine eher mittelmäßige Schülerin. Das Problem war, dass mir der Unterricht und die formale Bildung eigentlich keinen besonderen Spaß machten. Also wollte mir Papa helfen, stattdessen ein eigenes Geschäft zu eröffnen. Was immer ich aus meinem Leben auch machen wollte, er würde mir dabei zur Seite stehen.
Als ich mit achtzehn die Richmondtown Prep abschloss, fragte mich mein Vater: »Was machen wir denn jetzt mit dir, Karen? Was willst du mit deinem Leben anfangen?«
Ich sagte: »Ein Blumenladen wäre ein gutes Geschäft.« Bei all den Beerdigungen, Hochzeiten und Partys, die meine Freunde und deren Familien besuchten,
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