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Mafiatochter

Mafiatochter

Titel: Mafiatochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Gravano
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nicht hundertprozentig zufrieden gewesen wären. Mario versuchte jedoch stets dafür zu sorgen, dass sämtliche unserer Gebinde einwandfrei waren – nur für den Fall. Er setzte sich selbst gewaltig unter Druck. John rief uns ständig an und gab Bestellungen für Blumensendungen auf, und jedes Mal begann Mario zu rotieren und versuchte, die Gebinde möglichst perfekt zu machen. Obendrein musste er mit mir klarkommen, einem neunzehnjährigen, sorglosen italienischen Mädchen, das sich in seiner Rolle als Geschäftsfrau nur bedingt wohl fühlte, wenngleich ich mein Bestes tat, meinen Verpflichtungen nachzukommen.
    Nach Ladenschluss ging ich in die Stadt, um mit meinen Freundinnen in den Nachtclubs zu feiern. Meist kam ich gegen vier Uhr morgens nach Hause und stand mit einem schrecklichen Kater um acht wieder im Laden. Dann war Mario ganz aus dem Häuschen. Wenn beispielsweise eine Beerdigung oder etwas ähnlich Wichtiges anstand, stolperte ich oft nur herum, weil mir von dem süßen Duft der Blumen übel wurde. Ich war zwar jung und vielleicht ein wenig wild, wusste aber ganz genau, wie wichtig es meinem Vater war, dass ich mich verantwortlich fühlte. Also arbeitete ich trotz meines Katers. Ich ähnelte meinem Vater sehr. Wenn ich etwas machte, dann gab ich mein Bestes. Ich gab mir mit dem Laden alle Mühe, weil ich wollte, dass mein Vater stolz auf mich war.
    Die Bestellungen für Beerdigungen waren ein Alptraum für mich. Ich musste sämtliche Blumen an einer Kante abschneiden, damit sie die exakte Länge für die Arrangements hatten, die immer riesig und kunstvoll waren. Dann brachten wir die Monstergestecke zu Scarpaci oder in die Kirche. Ein paar Stunden später holten wir sie in aller Eile wieder ab, brachten sie zurück zu Exotic Touch, zogen die noch verwertbaren Elemente heraus und recycelten sie zu irgendetwas für eine Hochzeit. Mario nahm den meisten Stress im Laden auf sich. Er sagte, »mach dir keine Sorgen«, und schuftete wie jemand, dem man eine Pistole an die Stirn hält. Mein Vater setzte uns zwar nie direkt unter Druck, aber ich glaube, Mario spürte ihn trotzdem. Er verhielt sich, als dächte er, sämtliche Bestellungen müssten einwandfrei sein, und, wenn etwas schief ginge, dies auf ihn zurückfallen würde, selbst wenn er nicht dafür verantwortlich wäre. Mit mir war mein Vater sehr streng. Er erkannte wohl, wie wichtig es war, dass ich mir frühzeitig meine Sporen verdiente, um später erfolgreich sein zu können. Ich war zwar in der Schule keine Leuchte gewesen, hatte aber definitiv Geschäftssinn bewiesen. Genau wie er war auch ich sehr umtriebig. Ich wusste, dass mein Vater den Blumenladen hauptsächlich deshalb eröffnet hatte, damit ich lernte, Verantwortung zu übernehmen und ein Geschäft zu führen; dass er eine gute Geldquelle war, kam als Bonus noch hinzu. Trotzdem glaube ich, dass Mario mit mir wahnsinnig wurde.
    Einmal hörte ich, dass ich von Leuten, die lieber bar bezahlten, keine Umsatzsteuer verlangen müsste. Am nächsten Tag rief eine Kundin an und gab eine ziemlich große Bestellung auf. Sie fragte, ob sie per Kreditkarte bezahlen könne. »Selbstverständlich«, erwiderte ich. »Wenn Sie aber bar statt per Karte bezahlen, brauchen wir Ihnen keine Steuer zu berechnen.«
    In diesem Augenblick betrat Onkel Eddie den Laden. Da er eine Tür weiter im Büro der Baufirma saß, schaute er ab und zu bei mir herein und erkundigte sich nach Papa. Als er hörte, was ich sagte, riss er mir den Hörer aus der Hand, knallte ihn auf die Gabel und schrie: »Was tust du da?! Das Telefon ist vielleicht angezapft. Solche Sachen kannst du doch nicht am Telefon sagen!«
    Nachmittags kam Papa vorbei. Offensichtlich hatte ihm Eddie bereits alles erzählt, denn noch bevor er mich begrüßte, sagte er: »Karen, die Leute zahlen Steuern. Sie wollen ihre Steuern zahlen. Du kannst ihnen nicht am Telefon sagen, dass sie das nicht tun sollen.«
    Ich wusste, dass die Leute eigentlich keine Steuern zahlen wollten, aber ich verstand den Hinweis meines Vaters – sag so etwas nie am Telefon.
    Nicht einmal ein Jahr nach Eröffnung des Ladens bemerkte ich, dass das Gebäude von Überwachungsfahrzeugen aus observiert wurde. Auch in einer Seitenstraße in der Nähe unseres Hauses hatte ich welche entdeckt. Schon früher, als ich mich noch aus dem Haus gestohlen hatte, waren sie mir von Zeit zu Zeit aufgefallen. Sie kannten sogar meinen Namen. Als ich einmal auf Zehenspitzen durch die seitliche Gartentür

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