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Mafiatochter

Mafiatochter

Titel: Mafiatochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Gravano
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gebügelt und gemangelt.
    »Wo ist Papa?«, fragte ich.
    »Sieh an, die tote Tochter«, antwortete sie. »Wenn die Mädels weg sind, musst du nach unten gehen und mit ihm reden.«
    Ich wusste, dass sie damit meinte, ich solle die Mädchen hinauskomplimentieren. Ich hatte große Angst davor, was er wohl sagen würde. Als ich runterkam, saß er am Kopfende des Tisches, wo er immer saß. Er erledigte dort seine Buchführung, kritzelte irgendwelche Zahlen und strich sie wieder durch. Er trank eine Tasse Kaffee. An jenem Morgen war er sehr aufgeregt.
    »Du willst mich sprechen?«, fragte ich.
    »Setz dich hin«, kommandierte er.
    Für gewöhnlich saß ich rechts von ihm, doch heute wollte ich nicht neben ihm sitzen, also nahm ich einen Stuhl weiter Platz. Er schob den Stuhl zwischen uns beiseite und befahl: »Komm näher mit deinem Stuhl.« Er beugte sich zu mir und schnauzte mich an: »Ist dir eigentlich klar, dass ich dich gestern Abend fast erschossen hätte?«
    »Hm, hm.«
    »Weißt du, warum ich mich deshalb so aufrege?«
    »Hm, hm. Ich werde es nicht wieder tun.«
    »Ich bin nicht wütend, weil du dich aus dem Haus geschlichen hast. Ich bin wütend, weil ich dir fast die Birne weggepustet hätte!«
    »Tut mir leid.«
    »Du kannst doch nicht einfach nachts übers Dach klettern.«
    »Tut mir leid«, sagte ich zum dritten Mal und begann zu weinen.
    Er nahm meine Entschuldigung an. »Gib mir einen Kuss und umarme mich«, sagte er. »Karen, weißt du, wie unendlich schlecht es mir ginge, wenn ich, was Gott verhindert hat, wirklich den Abzug betätigt hätte?«
    »Ja«, erwiderte ich und versprach abermals, es nicht wieder zu tun. Er verlegte meine Sperrstunde nach vorn, was ich ohne Widerrede akzeptierte. An jenem Wochenende büchste ich erneut aus. Papa war darüber, dass er mich beinahe getötet hätte, sehr wütend, doch er kontrollierte mich nie wieder. Er war ein Ehrenmann, und wenn er sein Wort gab, hielt er es. Von allen Anderen erwartete er dasselbe. Natürlich war ihm bewusst, dass ich mich wieder aus dem Haus schleichen würde. Doch wenn er sagte, dass er mir vertraue, wollte er nicht jeden Abend nachsehen, ob ich noch da war. Wenn ich es vermasselte und mich erwischen ließe, bekäme ich großen Ärger. Mein Vater war jedoch sehr fair, und als er meine Entschuldigung annahm, schenkte er mir auch wieder sein Vertrauen.
    Wenn ich mich hinausschlich, traf ich mich meistens mit Tommy. Tommy war ein netter Kerl. Er prügelte sich und ging spät nach Hause, wie alle Anderen in meinem Bekanntenkreis. Das waren jedoch keine Verbrechen.
    Papa sagte immer, ich müsse mich als Frau selbst respektieren. Er wollte, dass ich mit jemandem zusammen war, der mich respektierte, und sagte, er werde jeden Jungen, mit dem ich mich traf, genauestens unter die Lupe nehmen. Ich dachte daher, dass ich Tommy einmal mit nach Hause nehmen müsste, hatte aber ein wenig Angst davor. Ich war Papas Liebling und wusste eines ganz genau: Wenn ich einen Jungen mit nach Hause brachte, dann musste er meinem Vater hundertprozentig gefallen. Meiner Erfahrung nach hätte er niemandem wehgetan, aber er hatte einen starken Beschützerinstinkt seiner Familie gegenüber, insbesondere seinen Kindern.
    Das Verhör begann in dem Augenblick, als Tommy das Haus betrat. »Tommy, du glaubst also, du wärst der Richtige, um mit meiner Tochter auszugehen?«
    Ich wusste, dass Tommy bereits etwas eingeschüchtert war. Es war ihm bekannt, dass mein Vater der Unterboss der Mafiafamilie Gambino war. Was ich noch nicht wusste, war, dass alle Kids in der Nachbarschaft, darunter auch Tommy, Gangster werden wollten und meinen Vater bewunderten.
    »Pass schön auf, dass du meine Tochter gut behandelst «, warnte ihn Papa.
    Tommy und ich gingen drei Jahre lang miteinander. Schließlich beschaffte ihm Papa einen Job im Baugewerbe. Wenn ich schon mit jemandem zusammen war, dann wollte er, dass der Typ wenigstens einen ordentlichen Job und gute Berufsaussichten hatte.
    Während meiner Mittel- und Oberstufenstufenjahre kamen Papa und ich einander näher. Wir trainierten zusammen im Fitnessclub. Wenn ich ein paar Pickel hatte, schickte er mich zum Dermatologen. Ich sah zu ihm auf und respektierte ihn nicht nur als Vater, sondern auch als Freund. Es machte mir nichts aus, dass ich so viel Zeit mit ihm verbrachte. Ich bewunderte ihn und lernte viel von ihm, vor allem über das Leben. Ich wusste, dass er alles, was er tat, nur uns zuliebe machte. Ich war der einzige Mensch in

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