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Mafiatochter

Mafiatochter

Titel: Mafiatochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Gravano
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laute Stimme von Big Louie gehört, als er sagte: »Jungs, wollen wir ihnen nicht eine Pizza schicken?«
    Mein Vater war noch keine vierundzwanzig Stunden zu Hause, als er von John Gotti in den Ravenite Social Club bestellt wurde. Papa war irritiert, dass John sich ausgerechnet in dem Club mit ihm treffen wollte. Ihm wäre ein geheimer Ort lieber gewesen, insbesondere, da ihm ein Polizist gesteckt hatte, dass er und John verhaftet werden sollten – weshalb er ja ursprünglich auch untergetaucht war. Die Bundesbehörden hatten im vergangenen Monat Tag und Nacht nach ihm gesucht. Die Observierung war so lückenlos geworden, dass sogar Mama und ich von Agenten verfolgt wurden. Offenbar dachte man, dass wir uns heimlich mit Papa träfen. Papa wusste zwar, dass man ihn nach seiner Rückkehr nach Hause verhaften würde, aber er hätte gerne noch ein paar Tage Aufschub gehabt, um einige Dinge ins Reine zu bringen und Zeit mit seiner Familie zu verbringen.
    Da Papa aber John gegenüber äußerst loyal war, willigte er ein, sich mit ihm zu seinen Bedingungen zu treffen. Als mein Vater an jenem Tag das Haus verließ, trug er Jeans, ein weißes T-Shirt, eine schwarze Lederjacke, Socken und Turnschuhe. Wenn er sich mit John Gotti traf, trug er normalerweise einen Anzug. Er war sich jedoch ziemlich sicher, dass man ihn an jenem Abend verhaften würde, und hatte sich entsprechend gekleidet.
    Als er an jenem Abend durch die Tür ging, spürte ich tief in meinem Innern, dass er nicht wiederkommen würde. Ich wollte weinen, tat es aber nicht. Ich sah Mama an und fragte mich, ob sie wohl dasselbe empfand wie ich. Das war schwer zu sagen, weil sie sich zusammenriss. Vermutlich handelten wir in diesem Augenblick alle mechanisch. Das war fester Bestandteil unseres Lebensstils und gehörte zum Mafialeben dazu.
    Gerard war oben, als uns Papa verließ. Ich wollte nicht hochgehen und nach ihm sehen. Ich bin mir jedoch ziemlich sicher, dass er ähnlich empfand. Er war jünger als ich, und es schien beinahe so, als betrachteten wir Papas Leben mit ganz unterschiedlichen Augen. Er war Mama sehr ähnlich: Wenn er es ignorierte, passierte es vielleicht nicht. Vielleicht fand er den Lebensstil meines Vaters auch nicht so spannend wie ich.
    Papa und ich standen einander sehr nahe. Ich war von Natur aus sehr neugierig und wollte immer wissen, was vor sich ging, insbesondere, wenn es mit meinem Vater zu tun hatte. Ich wusste, dass jener Abend anders war. Alle nahmen an, dass man Papa verhaften würde, doch niemand sprach es offen aus, wenigstens nicht in meiner Gegenwart.
    Manchmal, wenn Papa Witze machte, wusste ich, dass er die Situation damit schönreden wollte. Er nahm seine Rolle als Gangster jedoch sehr ernst, mit all ihren Vor- und Nachteilen.
    Papa und ein paar Gangstern alter Schule gefiel es nicht, dass John seine Geschäfte so öffentlich und berechenbar abwickelte. Sie standen unter immensem Druck, und trotzdem musste mein Vater jeden Abend um sechs Uhr dieselbe Adresse in der Mulberry Street aufsuchen, um sich mit seinem Boss zu besprechen. Mein Vater fand, dass John den Bundesbehörden die gesamte Familie Gambino auf dem Silbertablett serviere. Die Mafia war eigentlich als Geheimorganisation gedacht. Durch solch öffentliche Treffen büßte sie ihren Nimbus des Geheimnisvollen ein. Die alten Hasen drängten meinen Vater, mit John zu reden, dass er es nicht übertreiben solle. Johns Motto war jedoch: »Machen wir es direkt vor ihrer Nase und zeigen ihnen, wer wir sind.« Ich glaube, insgeheim hielt er sich für unverwundbar. Seine Arroganz machte die Überwachung jedoch einfach. Das FBI sah also weiterhin zu und baute den Fall in Ruhe auf.
    Als Papa an jenem Abend den Ravenite Social Club betrat, war John Gotti bereits dort. Der Club war gefüllt mit Hauptmännern und Leutnants der Familie Gambino, die sich dort jeden Abend melden mussten, um Geld abzuliefern und das tägliche Vorgehen zu besprechen. Mein Vater setzte sich zu Frankie und John an einen der hinteren Tische. Sie saßen dort etwa eine Viertelstunde, als das FBI an der Stahltür klopfte, die mit einem Türspion versehen war wie in einer Rotlichtbar. Papa erzählte mir später, John sei ganz ruhig gewesen, als die Agenten hereingekommen seien.
    »Wir haben Sie bereits erwartet«, sagte er. »Wir trinken nur noch rasch unsere letzte Tasse Kaffee, bevor wir irgendwohin gehen.« John, mein Vater und Frankie blieben an ihrem Tisch sitzen und schlürften ihren Espresso, während

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