Mafiatochter
Drogen; er war dagegen, wie die meisten anderen Mafiamitglieder auch. Aus meiner Sicht grenzte ich mich von seinem Lebensstil ab und bahnte mir in einer ganz anderen Unterwelt meinen eigenen Weg.
Ich war stolz darauf, eine Drogendealerin zu sein, verdiente mein eigenes Geld, und die Leute sahen zu mir auf. Ich begann, den Lebensstil meines Vaters aus dessen Anfangsjahren zu imitieren. So was passiert einfach, wenn man eine starke Vaterfigur vor sich hat: man imitiert ihn. Manche Typen sagten mir, es sei schwer, mit mir auszukommen, weil ich so starrsinnig sei. Ich bin eben kein unterwürfiges Mädchen. Nachdem Papa kooperiert hatte, fühlte ich mich derart unter Druck, dass ich unbedingt das böse Mädchen geben musste.
Christina und ich hatten mehr Angst davor, von unseren Vätern erwischt zu werden, als von den Bullen. Wir hatten ein gemeinsames Geheimnis, einen Schwesternbund, in dem gegenseitige Loyalität zählte.
Einmal war Christina eine Woche lang verreist, und ich hielt den Betrieb ganz alleine am Laufen. Christina und ich öffneten mittags und schlossen um Mitternacht, also hatte ich einen straffen Tagesablauf: Ich rannte herum, nahm die Telefonate entgegen, packte das Gras ab und lieferte alles selbst aus. Lee kam mein nächtliches Ausbleiben mittlerweile höchst verdächtig vor, also hatte er beschlossen, mir nachzuspionieren. Er sah, wie ich in fünf verschiedenen Mietshäusern treppauf und treppab rannte und an fünf verschiedene Türen klopfte. Jedes Mal blieb ich gut eine halbe Stunde, um sicherzugehen, dass der Kunde mit dem Gras zufrieden war, und um das Geld zu kassieren. Ich hatte gerade das fünfte Gebäude wieder verlassen und bog um die Ecke, als ich Lee in die Arme lief. Ich trug einen Bauchgürtel mit kleinen Zylindern, die mit Gras gefüllt waren. Einige waren mit hochwertigem Stoff zu fünfzig Dollar gefüllt, zum Beispiel mit Purple Haze oder Kush. Die anderen waren Portionen zu dreißig Dollar mittlerer Qualität.
»Was machst du da?«, schrie er.
Ich hatte ihm nicht sagen wollen, dass ich im Drogenhandel tätig war. Er war ein Krimineller, also was kümmerte es mich? Aber man will schließlich nicht, dass die eigene Freundin krumme Dinger dreht. Ich wurde sehr nervös und begann zu stottern. Lee griff nach meiner Bauchtasche, und das ganze Gras verteilte sich auf dem Gehsteig.
»Bist du wahnsinnig?«, schrie er mich an, gleichzeitig erheitert und entsetzt. »Ich dachte, du wärst eine Prostituierte. Ich bin dir von Haus zu Haus gefolgt.«
»Ich handle mit Gras«, entgegnete ich.
»Was soll das heißen, du handelst mit Gras?«, fragte er. Dann sagte er, wenn dies der Fall sei, könne er mir ein paar gute Kontakte vermitteln.
Ich blieb danach noch anderthalb Jahre mit Lee zusammen, aber unsere Streitereien wurden immer gewaltsamer, bis zu einem Punkt, an dem ich es nicht mehr ertrug. Ein paar Monate, nachdem er mich beim Dealen erwischt hatte, warf ich das Handtuch und flog spontan nach Arizona.
Ich hatte mir vorgenommen, eine Kosmetikschule zu besuchen, also wohnte ich bei meiner Mutter und schrieb mich für einen Kurs ein, um ein Diplom als Kosmetikerin zu erwerben. Ich dachte, so könne ich für mich selbst sorgen und mit meiner Lizenz arbeiten, wo ich wollte. Christina indes wusste, dass ich zurückkommen würde.
Nach vier Monaten in Phoenix hatte ich alles Schlechte und die Probleme mit Lee vergessen. Ich konnte es einfach nicht lassen. Ich zog zurück an den Wellington Court und freute mich auf einen Neuanfang. Bald wurde klar, dass unsere Beziehung nicht funktionierte, weil wir genau da weitermachten, wo wir aufgehört hatten. Ich versuchte, so viel Zeit wie möglich außerhalb der Wohnung zu verbringen, begriff aber, dass ich ihn verlassen musste. Ein für allemal zog ich offiziell aus.
Jennifer lebte inzwischen in Bayside, Queens, und sie bot mir an, mit in ihr kleines Zweizimmer-Apartment zu ziehen. Jenn besuchte immer noch die Schule, und ich machte mit Christina und unserem Grasgeschäft genau dort weiter, wo ich aufgehört hatte.
Als unser Geschäft erblühte, sprachen Christina und ich darüber, dass wir expandieren müssten. Wir arbeiteten ausgezeichnet zusammen; wir waren ein richtiges Powerteam. Keiner von uns beiden hatte ein großes Ego, also traten wir uns auch nicht gegenseitig auf den Schlips.
Als ich nach New York zurückkehrte, nahm ich auch wieder Verbindung zu einem Typen namens Dave Seabrook auf. Ich hatte ihn im Januar 1997 kennen gelernt, bevor
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