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Mafiatochter

Mafiatochter

Titel: Mafiatochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Gravano
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Haushalt, kochten unsere Mahlzeiten, sorgten für uns Kinder und zogen uns auf. Sie selbst hatten sonst keinerlei Ambitionen, sondern sorgten ausschließlich dafür, dass ihre Familien glücklich und zufrieden waren.
    Nun musste ich einen Weg finden, für mich selbst zu sorgen, und an dieser Stelle kam mir eine Freundin, die ich einmal Christina nennen will, sehr gelegen. Auch Christinas Vater hatte Verbindungen zur Mafia. Außerdem betrieb ihr Freund einen schwunghaften Marihuana-Handel, bei dem sie dann und wann ausgeholfen hatte. Als sie jedoch entdeckt hatte, dass er sie betrog, war sie so in Wut geraten, dass sie seine Kundenliste gestohlen und kopiert hatte und nun selbst in den Drogenhandel einsteigen wollte. Ob ich wohl Lust hätte, mitzumachen?
    Das klang perfekt, fand ich zumindest damals. Ich wollte kein Geld von Lee mehr annehmen; ich wollte unabhängig sein.
    Wir starteten unser Unternehmen mit sämtlichen Attributen einer ganz legalen Firma. Wir druckten Visitenkarten, auf denen wir uns »Naturheilkundler« nannten. Wir verschickten Infopost an die Kunden ihres Ex-Freundes, dass dessen Lieferservice auf den Namen Aromatherapy umbenannt worden sei, den Namen unserer neu gegründeten Unternehmung.
    »Erweitern Sie Ihren Geist durch unsere Kräuter, Blumen und Bäume direkt aus dem Lande Buddhas. Unsere Naturheilkundler werden sie in höhere Sphären geleiten und ihnen mit unserer Aromatherapie helfen, loszulassen und zu entspannen«, hieß es auf den Karten, auf denen wir uns der Anspielungen und umgangssprachlichen Ausdrücke bedienten, die unter Rauchern gebräuchlich waren.
    Christina Freund, besser gesagt: ihr Ex, flippte aus. Sein Marihuana-Lieferservice war nun eine reine Mädchenveranstaltung.
    Christina war der Kopf. Sie zog das Ganze wie ein richtiges Unternehmen auf. Wir hatten Computer, Codes und Piepser und verschickten verschlüsselte Infos. Ich übernahm die Rennerei, den aktiven Part. Ich ging auf die Straße und erledigte die Bestellungen. Ich hatte keine Angst, ausgeraubt zu werden, an Türen zu klopfen oder Lieferungen zu machen. Ich sagte mir: »Ich bin mit allen Wassern gewaschen, ich schaffe das.« Ich fürchtete mich nicht.
    Ich lebte immer noch mit Lee zusammen, wusste aber nicht, woran ich mit ihm war. Ich wollte nicht, dass er von unserer »Firma« Wind bekam, weil Christina und ich versuchten, möglichst unauffällig zu bleiben, damit unsere Väter nicht herausbekämen, was wir taten. Die einzige kriminelle Aktivität, über die man bei der Mafia die Nase rümpfte, war das Drogengeschäft. Die meisten Leute dachten, die Mafia wäre tief im Rauschgifthandel verstrickt, aber das war nicht der Fall. Das so genannte RICO-Bundesgesetz enthielt sehr strenge Richtlinien für Rauschgiftdelikte, mit einem verbindlichen Strafmaß von zwanzig oder mehr Jahren ohne Spielraum für Verhandlungen. Es lohnte sich nicht, einen Mann für so ein Verbrechen zu verlieren.
    Unser Unternehmen lief mit Volldampf an. Wir konnten nicht einmal die Nachfrage bedienen. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte ich Spaß und fühlte mich wieder ganz obenauf. Ich dealte mit bekannten puertoricanischen Bandenmitgliedern und anderen Straßengangstern, konnte aber wieder erhobenen Hauptes durch die Welt gehen. Ich hatte mir eine neue Persönlichkeit geschaffen und war Gina, die Drogendealerin. Es war ein gutes Gefühl, wieder respektiert zu werden.

Es war meine eigene Entscheidung, Drogendealer zu werden. Ich wurde von Meadow Soprano aus der erfolgreichen TV-Serie Die Sopranos zu Nancy Botwin aus Weeds . Ein perfekter Pusher, vierundzwanzig Stunden am Tag erreichbar. Das Geld strömte nur so herein, und Christina und ich gaben es ebenso schnell wieder aus. Wir gingen in Clubs, nahmen uns Tische direkt neben den ganzen angesagten Rap- und HipHop-Superstars wie Puff Daddy und Biggie Smalls und bestellten flaschenweise sündhaft teuren Champagner. Bald kannte man uns als die »Mafia-Girls«. Alle dachten, wir hätten Geld, weil unsere Väter Gangster waren. Sie hatten ja keine Ahnung, dass wir alles selbst verdienten. Es gefiel mir, im Rampenlicht zu stehen und in diesen Kreisen zu verkehren. Ich war wie im Rausch.
    Ich fühlte mich wie die Königin des Universums, lebte in New York und betrieb einen Marihuana-Lieferservice. Für jemanden, der ein gesetzestreues Leben führt, mag das vielleicht komisch klingen, aber ich hatte das Gefühl, mir wieder Respekt auf der Straße verschafft zu haben. Mein Vater verkaufte nie

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