Magazine of Fantasy and Science Fiction 05 - Die Esper greifen ein
Deshalb werde ich der nützlichste mittelmäßige Geist sein, den es gibt, und gegen alle kämpfen, die da sagen: versteck dich, leg dich nieder, laß dein Grab von Brombeerranken überwuchern. Ich werde gegen die umherstreifenden Stämme von Affenmenschen protestieren und gegen die gedankenlosen schafähnlichen Leute, die die ausgedehnten Felder der feudalen Landbesitzer beackern, ich kämpfe gegen jene, die da und dort noch in den wenigen übriggebliebenen Wolkenkratzern leben und unvorstellbare Mengen Nahrung wie Wölfe verteidigen. Diese Schurken werde ich mit Büchsenöffnern und Korkenziehern töten. Ich werde sie mit den Geistern von Buicks, Kissel-Kars und Moons erledigen, mit Lakritzstangen verprügeln, bis sie um unberechtigte Gnade winseln. Ob ich das alles wirklich zu tun imstande bin? Ich will es eben versuchen.«
Bei den letzten Worten schob der alte Mann die letzte Erbse in den Mund, während ihn sein Gastgeber mit erstaunten Augen anblickte; in den anderen Teilen des Hauses bewegten sich Menschen, Türen öffneten und schlossen sich, und vor der Tür des Appartements hatte sich eine Menschenmenge angesammelt. Der Mann sagte:
»Und Sie fragen noch, warum wir Sie nicht ausgeliefert haben? Hören Sie, was draußen vor sich geht?«
»Es scheint, als wären alle Hausbewohner –«
»Jeder einzelne. Alter Mann – Sie Narr, erinnern Sie sich an Filmtheater, oder besser an Autokinos?«
Der alte Mann lächelte. »Die haben Sie im Gedächtnis behalten?«
»Eben. Und wenn Sie schon so närrisch sein wollen, ein Risiko einzugehen, warum verschwenden Sie dann ihren Atem auf einen oder zwei Menschen? Tun Sie's im Großen, für viele.«
Der Mann öffnete die Tür und blickte nach draußen. Schweigend, einzeln oder zu zweit, betraten Menschen den Raum. Sie betraten ihn wie eine Synagoge, eine Kirche oder auch jene Art von Andachtsraum, der als Kino bekannt war – ein Kino oder ein Autokino. Die Stunden vergingen, die Sonne versank, im Raum brannte ein trübes Licht – das einzige im ganzen Haus. Und in dem trüben Schein erscholl die Stimme des alten Mannes, und die Menschen hielten einander an den Händen und lauschten, und es war beinahe wie in den alten Tagen, nur die Erinnerung beherrschte alles Denken, die Worte strömten – Popcorn, Kaugummi, Marzipan, Coca-Cola – aber die Worte – die Worte ...
Und während die Menschen hereinkamen und sich auf dem Boden niederließen und der alte Mann sie ungläubig anstarrte, ungläubig darüber, daß er sie, ohne es selbst zu wissen, herbeigelockt hatte, sagte der Gastgeber:
»Ist das nicht besser, als im Freien ein Risiko einzugehen?«
»Ja. Seltsam. Ich hasse den Schmerz. Ich hasse es, geschlagen zu werden und gejagt. Aber meine Zunge bewegt sich. Ich muß hören, was sie zu sagen hat. Aber dies hier ist weitaus besser.«
»Gut.« Der Gastgeber drückte ihm eine rote Fahrkarte in die Hand. »Wenn hier alles vorüber ist, etwa in einer Stunde – da ist eine Fahrkarte von einem Freund von mir, der im Transportwesen arbeitet. Jede Woche einmal fährt ein Zug durch das Land. Jede Woche erhalte ich eine Fahrkarte für irgendeinen Idioten, dem ich helfen möchte. Diesmal sind Sie's.«
Der alte Mann las den Bestimmungsort auf dem gefalteten roten Papier:
»Chicago Abyss! Gibt es den noch?« fragte er.
»In einem Jahr bricht der Michigan-See wahrscheinlich durch die letzte Kruste und bildet einen neuen See in der Grube, in der einst die Stadt lag. Auf den Kraterhöhen gibt es noch eine Art Leben, und einmal im Monat fährt ein Zug nach Westen. Wenn Sie von hier fortgehen, halten Sie sich nirgends lange auf, wandern Sie weiter und vergessen Sie, daß Sie uns je gesehen haben. Ich werde Ihnen eine kleine Liste von Leuten geben. Suchen Sie sie in der Wildnis auf, aber lassen Sie sich Zeit! Und seien Sie um Himmels willen in der Öffentlichkeit vorsichtig mit Ihren Aussprüchen. Halten Sie Ihre gesegnete Zunge im Zaum. Und hier –« Der Gastgeber reichte ihm eine gelbe Karte, »– hier ist die Adresse eines Dentisten, den ich gut kenne. Bitten Sie ihn um ein neues Gebiß, das sich nur zum Essen öffnet.«
Ein paar Leute, die die Worte gehört hatten, lachten. Inzwischen waren viele Menschen angekommen, es war schon dämmrig, und dann schloß der Gastgeber die Tür und blieb abwartend stehen, um zum letztenmal den Worten zu lauschen, die der Alte aussprechen würde.
Der alte Mann erhob sich.
Die Zuhörer hielten den Atem an.
Gegen Mitternacht fuhr der
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