Magazine of Fantasy and Science Fiction 08 - Irrtum der Maschinen
etwa fünfmal die Summe dessen, was ihnen eigentlich zustand, und lief leichten Schrittes und noch leichteren Herzens in sein Zimmer. Dort fand er auch drei Briefe vor. Der eine kam von Sybil selbst, voller Anteilnahme und Beileid. Die anderen waren von seiner Mutter und von Lady Clermentinas Vermögensverwalter. Es schien, daß die alte Dame an gerade diesem Abend mit der Herzogin diniert und jeden durch ihren Witz und Esprit entzückt hatte; sie war ziemlich zeitig nach Hause gegangen und hatte über Sodbrennen geklagt. Am Morgen fand man sie tot im Bett; anscheinend hatte sie nicht gelitten. Man hatte sofort nach Sir Mathew Reid geschickt, aber natürlich gab es für ihn nichts mehr zu tun, und am 22. hatte man sie in Beauchamps Calcote beerdigt. Wenige Tage, bevor sie gestorben war, hatte sie ihr Testament aufgesetzt und Lord Arthur ihr kleines Haus in der Curzon Street und ihre gesamte Einrichtung, persönliche Habe, Bilder, mit der Ausnahme ihrer Sammlung von Miniaturen, die sie ihrer Schwester, Lady Margaret Rufford, überließ, und ihrer Amethyst Halskette, die Sybil Merton haben sollte, vermacht. Das Besitztum war nicht von großem Wert, aber Mr. Mansfield, der Sachverwalter, war ängstlich darauf bedacht, daß Lord Arthur sofort zurückkehrte, da es eine ungeheure Menge Rechnungen zu begleichen gab, und Lady Clementina hatte nie in ihrem Leben Buch geführt.
Lord Arthur war sehr gerührt, daß Lady Clementina ihn in ihrem Testament bedacht hatte, und fühlte, daß er Mr. Podgers zu großem Dank verpflichtet war. Seine Liebe für Sybil jedoch beherrschte jede andere Gefühlsregung, und das Bewußtsein daß er seine Pflicht getan hatte, schenkte ihm innere Ruhe. Als er Charing Cross erreichte, war er von ganzem Herzen glücklich.
Die Mertons empfingen ihn sehr freundlich. Sybil schwor, es niemals wieder zuzulassen, daß sich irgend etwas zwischen sie stellte; die Hochzeit wurde auf den 7. Juni festgesetzt. Das Leben erschien ihm wieder strahlend hell und schön.
Eines Tages jedoch, als er in Begleitung von Lady Clementinas Vermögensverwalter und Sybil durch das Haus in der Curzon Street ging, Stapel verblichener Briefe verbrannte und Schubladen leerte, stieß das junge Mädchen plötzlich einen entzückten Schrei aus.
»Was hast du gefunden, Sybil?« fragte Lord Arthur und blickte lächelnd von seiner Arbeit auf.
»Schau nur, diese hübsche kleine Silber-Bonbonniere, Arthur. Sieht sie nicht putzig aus? Bitte, schenk sie mir! Ich weiß, daß mir Amethyste nicht stehen, bis ich über achtzig bin.«
Es war die Schachtel, die das Gift enthalten hatte.
Lord Arthur zuckte zurück, seine Wangen röteten sich. Er hatte beinahe vergessen, was er getan hatte, und es schien ihm ein höchst seltsames Zusammentreffen, daß ausgerechnet Sybil, für die er all diese furchtbaren Ängste auf sich genommen hatte, die erste sein sollte, die ihn daran erinnerte.
»Natürlich kannst du sie haben, Sybil! Ich habe sie Lady Clem ja selbst geschenkt.«
»Ah! Ich danke dir, Arthur. Und darf ich auch das Bonbon darin haben? Ich wußte gar nicht, daß Lady Clementina Süßigkeiten mochte. Ich dachte, dazu wäre sie viel zu vernünftig gewesen.«
Lord Arthur wurde leichenblaß, ein furchtbarer Gedanke durchzuckte sein Gehirn.
»Bonbon, Sybil? Was meinst du damit?« fragte er mit heiserer Stimme.
»Es ist ein Bonbon in der Schachtel. Es sieht allerdings ziemlich alt und verstaubt aus, und ich habe nicht die geringste Absicht, es zu essen. Was ist los, Arthur? Du siehst ja ganz blaß aus!«
Lord Arthur stürzte auf sie zu und ergriff die Bonbonniere. Darin lag die bernsteinfarbene Kapsel mit dem Gift. Lady Clementina war letzten Endes doch eines natürlichen Todes gestorben!
Der Schock dieser Entdeckung war zuviel für ihn. Er warf die Kapsel in das Feuer und ließ sich mit einem verzweifelten Aufschrei auf das Sofa sinken.
5
Mr. Merton war ziemlich bekümmert, als die Hochzeit zum zweitenmal hinausgeschoben wurde, und Lady Julia, die bereits ihr Festkleid bestellt hatte, tat alles, was in ihrer Macht lag, Sybil zu veranlassen, die Verbindung zu lösen. Genauso rückhaltlos aber, wie Sybil ihre Mutter liebte, hatte sie ihr Leben in die Hände Lord Arthurs gelegt, und nichts, was Lady Julia vorbrachte, konnte sie in ihrem Vertrauen schwanken machen. Was Lord Arthur selbst betraf, so brauchte er Tage, um über diese furchtbare Enttäuschung hinwegzukommen. Sein praktischer Verstand jedoch ließ ihn nicht lange
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