Magazine of Fantasy and Science Fiction 24 - Der letzte Krieg
das Gefühl, den größten Teil seiner Möglichkeiten nicht ausnützen zu können. Er zog zu einer Gruppe junger Rekruten in die Kaserne und brachte ihnen alle Soldatenlieder bei, die er kannte.
Im September seines vorletzten Jahres in der Army (oder des vorletzten Jahres seiner Verpflichtungszeit, um es genauer zu sagen) hatte der Sergeant enormes Glück. Später erinnerte er sich oft daran und hatte dabei das Gefühl, eigentlich sei doch alles wie in irgendeinem Kriegsfilm abgelaufen. Ein Jeep, für dessen Reparatur er verantwortlich gewesen war, explodierte auf der Straße vor einem Bordell und verwundete einen Oberstleutnant und seinen Adjutanten, die laut eigener Aussage nur darauf gewartet hatten, daß das betreffende Gebiet von der Polizei abgeriegelt und durchkämmt werde. Sie waren im voraus von der geplanten Razzia verständigt worden und hatten sich entschlossen, die Ereignisse aus nächster Nähe zu verfolgen, um notfalls zum Schutz von Mannschaftsdienstgraden eingreifen zu können. Die daraufhin eingeleitete Untersuchung führte zu folgendem Ergebnis: Der Adjutant wurde zum Korporal degradiert und zur kämpfenden Truppe versetzt, wo er Vorträge über Hygienefragen halten mußte; der Oberstleutnant wurde zum Oberst befördert, und der Sergeant bekam sechs Wochen Bau. Als er entlassen wurde, bekam er alle seine Streifen zurück und erfuhr von einer zivilen Prüfungskommission, daß er zum Truppentransport eingesetzt werden sollte. Der Vorsitzende dieser Kommission versicherte ihm, dadurch könne er seinen Erfahrungsschatz beträchtlich erweitern, und erklärte ihm, er werde eine beschränkte kriegerische Verwicklung kennenlernen, ohne selbst unmittelbar daran beteiligt zu sein. Der Sergeant stand vor den sechs Zivilisten stramm, war sich seiner hastig wieder angenähten Streifen bewußt und konnte diesen Glückszufall noch immer nicht recht fassen. Er begriff einfach nicht, womit er das verdient hatte. Als er später von einem Offizier in seinen neuen Aufgabenbereich eingewiesen wurde, stellte sich heraus, daß er für den reibungslosen Ablauf aller Transporte im Zusammenhang mit einer geheimgehaltenen kriegerischen Verwicklung an einer fernen Küste verantwortlich sein sollte. Sobald der Sergeant wieder sprechen konnte, bat er um drei Tage Erholungsurlaub, und der Offizier versicherte ihm, er habe einen Anspruch darauf; die Dienstvorschriften ließen zu, daß ihm der Urlaub gewährt werde, weil sein Einsatz unmittelbar bevorstehe.
Der Sergeant lieh sich einen Jeep und fuhr einige hundert Kilometer weit von der Kaserne zu der düsteren Stadt, in der seine von ihm getrennt lebende Frau als Serviererin arbeitete. Dort fand er sie auf dem Balkon eines Filmtheaters, wo sie einen Kriegsfilm sah und dazu geistesabwesend weinte. Zuerst wollte sie überhaupt nichts von ihm wissen, aber als er ihr erzählte, wie sich seine Lage entscheidend verändert hatte, nahm sie seine Hand in ihre und versicherte ihm, sie könne einfach nicht glauben, daß sich doch noch alles zum Guten gewendet habe. Sie gingen zusammen in ein Hotel, weil ihre Vermieterin Herrenbesuche strikt untersagt hatte, und sprachen lange miteinander; dabei äußerte der Sergeant zum erstenmal, daß er die Ereignisse der letzten Zeit dankbar empfinde, obwohl sie auch etwas erschreckend seien. Er sei so lange fort gewesen, daß er nicht wisse, ob er sich noch selbst trauen könne. Seine Frau erklärte ihm, sie sei nun endlich – nach fünfzehn langen Jahren – wirklich stolz auf ihn, und sie sprach davon, wie gut er sich bewähren werde. Später erinnerte er sich noch oft daran. Aber er vergaß völlig, daß er geantwortet hatte, nur die Verzweiflung könne einen Mann aus einem machen.
Sie gingen zusammen ins Bett, und es hätte beinahe geklappt; sie gaben sich beide Mühe, aber dann wurde doch nichts daraus. Der Sergeant erzählte seiner Frau, er werde ihr vermutlich nicht oft schreiben können, weil er mit geheimem Auftrag unterwegs sei, und sie antwortete, das mache ihr gar nichts aus, solange die ihr zustehenden Summen wie bisher pünktlich an jedem Monatsersten überwiesen würden. Als der Sergeant das hörte, stiegen alte Erinnerungen in ihm auf, und er sagte seiner Frau, der verdammte Jeep sei damals nur in die Luft geflogen, weil er es absichtlich versäumt habe, eine Dichtung an der lecken Benzinleitung zu ersetzen. Seine Frau erwiderte, wenn das tatsächlich stimme, habe er alles, was er seitdem mitgemacht habe, reichlich verdient. Er
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