Maggie O´Dell 02 - Das Grauen
Morgenkaffee ist.“
Sie sah ihn erstaunt an, weil ihm das aufgefallen war. Mit Ausnahme von Anita hatte das nie jemand beachtet.
„Habe ich das falsch in Erinnerung? Trinken Sie normale Cola und nicht Diät?“
„Nein, Diät ist richtig.“ Sie nahm ihm die Dose ab.
„Agentin O’Dell, das ist meine ungezogene Tochter Emma.“
„Hallo, Emma.“
Das Mädchen blickte auf und fabrizierte ein Lächeln, das weder echt noch freundlich wirkte.
„Emma, zieh dir doch bitte etwas Ordentliches an.“
„Ja sicher, ganz wie du willst.“ Sie zog sich aus dem Sessel hoch und schlenderte hinaus.
„Tut mir Leid“, sagte er und drehte den Sessel herum, den Emma verlassen hatte, damit er Maggie und dem Sofa gegenüber stand und nicht dem Fernsehgerät. „Manchmal habe ich den Eindruck, Außerirdische haben meine richtige Tochter entführt und durch dieses merkwürdige Double ersetzt.“
Maggie öffnete lächelnd die Cola.
„Haben Sie Kinder, Agentin O’Dell?“
„Nein.“ Die Antwort schien ihr erschöpfend genug, doch Tully sah sie an, als erwarte er eine Erklärung. „Eine Familie zu gründenist für eine Frau beim FBI um einiges schwieriger als für einen Mann.“
Er nickte, als sei das eine neue Erkenntnis, über die er noch nie nachgedacht hatte.
„Hoffentlich habe ich Ihre Frau nicht geweckt.“
„Dann müssten Sie schon ziemlich laut sein.“
„Wieso?“
„Meine Frau lebt in Cleveland ... das heißt, meine Exfrau.“
Das war ein heikles Thema für ihn. Sie merkte es daran, wie er dem Blickkontakt auswich. Beide Hände um den Becher gelegt, trank er langsam seinen Kaffee. Dann, als erinnere er sich plötzlich, warum sie an einem Sonntagmorgen hier zusammen waren, stand er auf, stellte den Becher auf den überladenen Tisch und begann in den Aktenstapeln zu suchen. Maggie fragte sich unwillkürlich, ob es einen Bereich in Agent Tullys Leben gab, in dem Ordnung herrschte.
Er zog eine Landkarte hervor, faltete sie auf und legte sie über die unebene Unterlage.
„Nach dem, was Sie mir am Telefon sagten, reden wir wohl über dieses Gebiet hier.“
Sie sah auf den Bereich der Karte, den er mit gelber Leuchtfarbe markiert hatte. Schau an, dabei hatte sie unterstellt, er hätte ihr nicht mal zugehört, als sie ihn mit ihrem Anruf geweckt hatte.
Er fuhr fort: „Da Rosen sich verirrt hatte, ist es schwer zu sagen, wo er sich befand. Aber wenn man den Potomac an der Mautbrücke überquert, gibt es da dieses Landstück etwa fünf Meilen breit und fünfzehn Meilen lang, das wie eine Halbinsel in den Fluss ragt. Die Brücke führt über die obere Hälfte. Die Karte verzeichnet dort keine Straßen, nicht mal Wege. Sieht aus, als gäbe es da nur Wälder, Felsen und wahrscheinlich Schluchten. Ziemlich raues Gelände. Mit anderen Worten, ein großartiges Versteck.“
„Und ein Ort, von dem man kaum fliehen kann.“ Maggie beugte sich vor, kaum fähig, ihren Eifer zu verbergen. Das musste es sein! Das war der Ort, an dem Stucky sich und seine „Sammlung“ versteckte. „Also, wann starten wir?“
„Langsam.“ Tully setzte sich und langte nach seinem Kaffeebecher. „Wir machen das genau nach Vorschrift.“
„Stucky schlägt hart und schnell zu und verschwindet wieder!“ Sie ließ Ärger und Ungeduld in der Stimme anklingen. „Er hat in einer Woche bereits drei Frauen umgebracht und wahrscheinlich zwei weitere entführt. Und das sind nur die, von denen wir wissen!“
„Ich weiß“, sagte er viel zu ruhig.
Verstand sie als Einzige diesen verrückten Killer? „Er könnte sich jede Minute, jeden Tag absetzen. Wir können nicht auf Gerichtsbeschlüsse oder die Unterstützung der örtlichen Polizei oder was auch immer warten!“
Er trank Kaffee und betrachtete sie über den Becherrand hinweg. „Sind Sie fertig?“
Die Arme vor der Brust verschränkt, lehnte sie sich zurück. Sie wusste, sie konnte Rosen überreden, einen Suchtrupp zusammenzustellen, obwohl das fragliche Gebiet jenseits des Flusses nicht nur in einem neuen Gerichtsbezirk, sondern auch in einem anderen Bundesstaat lag.
„Zunächst einmal setzt sich Cunningham mit den Behörden in Maryland in Verbindung.“
„Cunningham? Sie haben Cunningham angerufen? Na, wunderbar!“
„Ich habe versucht herauszufinden, wem das Land gehört.“ Er ignorierte ihren Einwurf und fügte hinzu: „Es war mal Regierungseigentum, was vielleicht die eigenartige chemische Zusammensetzung des Lehms erklärt. Wahrscheinlich haben die da
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