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Maggie O´Dell 02 - Das Grauen

Maggie O´Dell 02 - Das Grauen

Titel: Maggie O´Dell 02 - Das Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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im Hals drohte als Schrei hervorzubrechen, was sie mühsam unterdrückte.
    Zitternd nahm sie sich die Wolldecke, legte sie um die Schultern und verknotete die Enden am Hals, damit ihre Hände frei blieben. Sie sah unter die Pritsche und hoffte irgendetwas zu finden, das ihrer Flucht dienlich war - oder wenigstens ihre Schuhe. Doch da war nichts. Nicht mal Haarknäuel oder Staub. Offenbar hatte er den Schuppen gründlich geputzt und für sie vorbereitet. Wenn er ihr doch bloß Schuhe und Strümpfe gelassen hätte. Dann erinnerte sie sich, dass sie eine Strumpfhose unter der Hose getragen hatte.
    Das bedeutete, er hatte sie ausgezogen. Nicht daran denken! Konzentrier dich auf deine Flucht, lenk dich ab. Achte nicht auf Schmerzen oder Prellungen an Körperstellen, die dir verraten, was er getan hat. Nein, sie würde nicht daran denken, nicht jetzt. Sie musste ihre Energie darauf verwenden, hier herauszukommen.
    Wieder lauschte sie dem Regen und wartete auf die beruhigende Wirkung des trommelnden Rhythmus, die hoffentlich ihre raue Atmung regulierte.
    Sobald sie gehen konnte, ohne dass Übelkeit sie umzuwerfen drohte, begab sie sich vorsichtig zur Tür. Der Griff war nichts weiterals ein verrosteter Riegel. Noch einmal sah sie sich auf der Suche nach einem Ausbruchswerkzeug um. Doch selbst die Ecken waren sauber ausgekehrt. Dann entdeckte sie in einer Rille zwischen zwei Dielen einen rostigen Nagel. Sie fischte ihn mit den Fingernägeln heraus und prüfte das Schlüsselloch. Die Tür war in der Tat verschlossen, doch war sie auch verriegelt?
    Mit ruhiger Hand steckte sie den Nagel ins Schloss und drehte vorsichtig, aber geschickt in alle Richtungen. Ein weiteres Talent, das sie in ihrer schillernden Vergangenheit erworben hatte. Da sie es seit Jahren nicht gebraucht hatte, war sie ein wenig aus der Übung. Das rostige Schloss knarrte protestierend. Du lieber Gott, wenn sie doch nur ... da gab etwas metallisch klickend nach.
    Tess packte den Griff und riss daran. Die Tür schwang frei auf, und sie wäre vor Verblüffung fast gestürzt. Gewaltanwendung wäre gar nicht nötig gewesen. Die Tür war nicht verriegelt gewesen. Skeptisch abwartend starrte sie auf die Öffnung. Das war zu leicht gegangen. War das nun ein Segen oder eine Falle?

40. KAPITEL
    Freitag, 3. April
    Tully fuhr mit einer Hand am Lenkrad. Die andere hantierte mit dem Plastikdeckel seines Kaffeebechers. Warum mussten Fast-Food-Restaurants diese Dinger so fest verschließen, als wären Kindersicherungen nötig? Er drückte mit dem Finger auf die unnachgiebige dreieckige Perforation, zerbrach das Plastik und spritzte sich heißen Kaffee auf den Schoß.
    „Verdammt!“ schrie er, machte einen Schwenk zum Straßenrand, bremste heftig und spritzte noch mehr Kaffee auf die Autositze. Mit ein paar Servietten versuchte er die braune Flüssigkeit aufzutupfen, doch sie war bereits tief in den hellen Stoff eingedrungen. Erst jetzt blickte er in den Rückspiegel und sah erleichtert, dass niemand hinter ihm war.
    Er brachte den Ganghebel in Parkstellung, nahm den Fuß von der Bremse und merkte, wie angespannt, ja starr sein Körper durch den Stress geworden war. Er lehnte sich zurück, fuhr sich mit der Hand über das Kinn und spürte die Schnitte, die er sich beim Rasieren beigebracht hatte. Er arbeitete erst einen Tag mit Agentin O’Dell zusammen und hatte bereits das Gefühl, am Rande eines Abgrunds zu stehen, wo ihm der Boden unter den Füßen wegbröckelte.
    Vielleicht war es ein Fehler gewesen, Cunningham zu bitten, Margaret O’Dell beim Stucky-Fall helfen zu lassen. Gestern Abend hatte sich vielleicht gezeigt, dass sie dem Druck wirklich nicht standhielt. Nach ihrer telefonischen Nachricht heute Morgen, er möge wieder zum Haus am Archer Drive kommen, war ihm klar, dass ihm eine schwierige Aufgabe bevorstand.
    Sie hatten nichts im Haus gefunden, das weitere Nachforschungen rechtfertigte. Dennoch hatte O’Dell ihm mitgeteilt, sie habe das schriftliche Einverständnis von Miss Heston und den Besitzern, dort weiter zu ermitteln. Er fragte sich, ob sie die Leute aus den Betten geworfen hatte. Wie sonst konnte sie zwischen gestern Nacht und heute früh schriftliche Einverständniserklärungen erhalten? Und wie zum Henker sollte er ihr klarmachen, dass sie irrational und paranoid reagierte und wahrscheinlich wertvolle Zeit vergeudete?
    Seit gestern Abend wusste er auch, O’Dell stand derart unter Hochspannung, dass es unmöglich war, sie zurückzupfeifen. Sie

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