Magic Girls 06 - Späte Rache
beansprucht, als Eusebius gedacht hatte. Eigentlich hatte er nur kurz Miranda sehen wollen, um sich von ihr zu verabschieden, bevor er sich dem gefährlichen Auftrag zuwandte, Mafaldus Horus zu begleiten und ein für alle Mal festzusetzen. Doch auf der Rückreise – die Eusebius nicht ganz legal unternommen hatte – war er unerwartet in Turbulenzen geraten. Er war in ein schlangenartiges Labyrinth gezogen worden, voll greller Lichtblitze, merkwürdiger |88| Geräusche und schriller Musik. Seltsame Fratzen waren aufgetaucht, unsichtbare Hände hatten nach ihm greifen wollen. Es war der reinste Höllentrip gewesen, aus dem sich Eusebius erst nach anderthalb Tagen hatte befreien können – und das nur unter Aufwendung seiner gesamten Zauberkunst. Völlig erschöpft war er bei seinem Onkel Theobaldus Magnus angekommen, der bereits ungeduldig auf ihn gewartet hatte. Natürlich hatte er wissen wollen, wo Eusebius so lange gewesen war.
Eusebius hatte behauptet, er habe an einem geheimen schwarzmagischen Diskussionsforum teilgenommen, und einer der Zauberer habe zum Schutz der Versammlung Zeitzauberei angewandt. Die dreistündige Veranstaltung habe in Wirklichkeit drei Tage gedauert. Um vor Spionen und unerwünschten Zuhörern sicher zu sein, hätten die Teilnehmer auf einer anderen Zeitebene diskutiert, dafür war
Zeitmagie
eingesetzt worden.
»Kein Außenstehender konnte ein Wort von unserer Unterhaltung verstehen«, erklärte Eusebius seinem Onkel. »Unser Gespräch war nämlich vierundzwanzigmal langsamer als normal. Eine geniale Verschlüsselung. So perfekte Ohren besitzt kein Zauberer.«
Theobaldus hatte seinem Neffen die Ausrede zum Glück abgenommen und keine weiteren Fragen gestellt.
Dennoch interessierte es Eusebius sehr, warum seine Rückreise so furchtbar kompliziert gewesen war. Von Leon Bredov erfuhr er dann, dass das Landeszauberamt die Grenze zur Menschenwelt mit stärkeren Sicherheitsmaßnahmen versehen hatte. Die Behörde hatte aus sicherer Quelle erfahren, dass es in der letzten Zeit mehrfach zu illegalem Reiseverkehr zwischen den beiden Welten gekommen war. Gerade junge Leute waren in die Menschenwelt gereist, um sich dort zu vergnügen. Die obersten Beamten des Landeszauberamts waren sich einig, dass solche Auswüchse unbedingt unterbunden werden mussten.
Einmaleins der Zeitmagie
Die Zeitzauberei ist ein spezielles Kapitel der höheren Magie. Sie kann sehr praktisch sein, aber auch fatale Folgen haben. Deswegen sei jede Zeitmagie gut überlegt!
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Zeitmagie einzusetzen:
die Zeit vorstellen
die Zeit zurückstellen
die Zeit wiederholen, sodass immer wieder derselbe Tag abläuft
Auch kann sie Folgendes ermöglichen:
Zeitlupe: Die Zeit verläuft insgesamt langsamer, alle Personen scheinen zu schleichen und sich nur im Schneckentempo zu bewegen. Nur die Hexe ist davon nicht betroffen. So kann sie viele zusätzliche Dinge erledigen und ist ihrer Umgebung immer ein Stück voraus.
Zeitraffer: Die Zeit verläuft schneller, alle scheinen zu rennen. Lediglich die Hexe bewegt sich im normalen Tempo. Zeitraffer ist gut, um beispielsweise langweilige Wartezeiten oder lange Reisen zu überbrücken.
»Wenn ich gewusst hätte, dass du Miranda besuchen willst, hätte ich dir Bescheid gesagt«, hatte Leon zu Eusebius gesagt. »Es tut mir leid, dass du eine so unangenehme Rückreise hattest.«
»Kann ich denn Miranda jetzt gar nicht mehr besuchen oder nur noch mit erheblichem Aufwand?«, hatte Eusebius Leon gefragt.
»Keine Sorge, natürlich ist das auch weiterhin möglich. Für uns Geheimagenten gibt es IMMER einen Weg, und der ist weiterhin so unkompliziert wie bisher«, hatte Leon |90| den jungen Hexer beruhigt. »Du musst dich nur vor deiner nächsten Reise mit mir in Verbindung setzen.«
»Gut, das werde ich tun«, hatte Eusebius versichert. Er war erleichtert. Es wäre schrecklich, wenn er all seine Reisen in die Menschenwelt immer erst bei der Zaubereibehörde beantragen müsste. Er wollte nicht, dass alle möglichen Leute von seiner Liebe zu Miranda erfuhren, denn das konnte sie vielleicht in Gefahr bringen.
Jetzt aber musste Eusebius seine Gedanken an Miranda verdrängen und sich auf Mafaldus Horus konzentrieren. Er fühlte sich unbehaglich bei der Vorstellung, dass er in der nächsten Zeit Tag und Nacht mit dem großen Schwarzmagier unterwegs sein würde. Mafaldus beherrschte garantiert die Kunst des Gedankenlesens – und Eusebius würde sich gut abschirmen
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