Magic Girls 06 - Späte Rache
würde, den Magier in die Unterwelt zurückzubringen, wo er für immer bleiben sollte. Eine äußerst schwierige Aufgabe ...
Mafaldus Horus und Eusebius verließen das Gewölbe, das im hintersten Teil von Theobaldus’ weitläufigem Garten endete. Es wehte ein frischer Wind und die Sonne hatte sich hinter den Wolken versteckt. Trotzdem lag ein Hauch von Frühling in der Luft. Eusebius atmete tief durch und dachte an Miranda. Wie schön wäre es, jetzt mit ihr über blühende Wiesen zu spazieren. Einen flüchtigen Augenblick lang glaubte er, Mirandas Lippen auf seinem Mund zu spüren. Wie wunderbar! Doch gleich darauf riss er sich zusammen. Er durfte jetzt nicht träumen, sondern musste sich auf seinen Auftrag konzentrieren. Die Riemen der beiden Rucksäcke schnitten schmerzhaft in seine Schulter, und er wünschte sich, Mafaldus würde wenigstens einen übernehmen. Doch der alte Magier dachte nicht daran.
»Wohin geht unsere Reise?«, fragte Eusebius.
»In weite Ferne«, antwortete der Zauberer geheimnisvoll.
Mit dieser Auskunft konnte Eusebius wenig anfangen. »Wollt Ihr mir nicht wenigstens verraten, was Ihr vorhabt? Schließlich bin ich Euer Begleiter, und ich kann Euch nur behilflich sein, wenn ich Eure Pläne kenne.«
»Du wirst früh genug erfahren, weswegen wir unterwegs sind«, sagte Mafaldus. Er breitete die Arme aus und verwandelte sich ohne ein weiteres Wort in einen Falken.
Eusebius versuchte, es ihm nachzumachen – was wegen |94| des Gepäcks nicht einfach war. Es kostete ihn große Kraft, die Gestalt eines Adlers anzunehmen und gleichzeitig die riesigen Rucksäcke zu zwei handlichen Beuteln schrumpfen zu lassen. Aber schließlich hatte er es geschafft. Er packte mit seinen Klauen die Beutel und schwang sich in die Luft, um dem Falken hinterherzufliegen, der schon einen gewaltigen Vorsprung hatte.
Sie flogen nach Norden, hoch in der Luft, direkt unter den Wolken. Eusebius sah unter sich Hügel und Flüsse, dazwischen kleine Siedlungen. Der Falke schien keine Müdigkeit zu kennen. Pfeilschnell flog er voraus, und Eusebius hatte Mühe, ihm zu folgen. Die Landschaft unter ihnen veränderte sich, die Berge wurden höher. Auf manchen Gipfeln glitzerte roter Schnee – und Eusebius wusste, dass sie jetzt über die Blutberge flogen. Er wünschte sich von Herzen, dass sich Mafaldus nicht ausgerechnet die Blutberge als Ziel ausgesucht hatte. Das war ein unheimlicher, verhexter Ort, an dem vor vielen, vielen Jahren großes Unheil geschehen war, sodass sich seit jener Zeit der Schnee stets rot färbte. Noch immer sollten die Geister jener, die damals getötet worden waren, in den Blutbergen spuken. Es war ein Ort, den die Hexen und Zauberer gewöhnlich mieden, weil ihre Magie an dieser Stelle versagte oder unkontrollierbar wurde. Manchmal verirrten sich ein paar Jugendliche in die Blutberge, die es als Mutprobe ansahen, dort eine Nacht zu verbringen. Ein sehr leichtsinniges Vorhaben, denn die meisten von ihnen kehrten niemals zurück. Diejenigen, die tatsächlich den Rückweg schafften, waren für den Rest ihres Lebens im Geist verwirrt, weil sie in den Blutbergen offenbar schreckliche Dinge erlebt oder gesehen hatten.
Doch zum Glück flog Mafaldus Horus weiter und ließ |95| die Blutberge hinter sich. Es wurde allmählich Abend und die Dunkelheit senkte sich über das Land. Eusebius fragte sich schon, ob sie wohl die ganze Nacht hindurch fliegen würden, doch da landete Mafaldus auf einem Felsvorsprung, schüttelte sein Gefieder und nahm wieder seine normale Gestalt an. Er sah zu, wie Eusebius neben ihm aufsetzte und sich zurückverwandelte.
»An diesem Ort werden wir übernachten«, sagte Mafaldus, ohne eine Begründung für seine Entscheidung zu liefern. »Du kannst unser Zelt aufstellen.«
Eusebius fragte sich, woher Mafaldus wusste, dass sich in einem der Rucksäcke tatsächlich ein Zelt befand. Aber dem großen Zauberer blieb wohl nichts verborgen. Mit einem unguten Gefühl im Magen begann Eusebius, das Zelt aufzubauen. Er suchte sich dazu einen windgeschützten Platz im Schatten eines Felsens. Mit einem Zauberspruch fügten sich die Stangen ineinander, ein zweiter Zauberspruch sorgte dafür, dass sich die Zeltplanen ausbreiteten und sich an den richtigen Stellen festzurrten. Mafaldus sah mit verschränkten Armen zu. Das Zelt war schwarz, darauf tanzten rote Flammen, die leuchteten und gleichzeitig Wärme verbreiteten. Doch der Stoff brannte nicht.
Eusebius kroch ins Innere des Zeltes, um die
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