Magic Girls – Eine verratene Liebe
sich ein Bild vor dem geistigen Auge zu erschaffen, das in irgendeiner Form das Phänomen der Zeit erfasst. Dieses Bild muss zehn Sekunden lang ohne Brüche oder weiße Flecken mit dem geistigen Auge betrachtet werden, so, als sähe man auf eine scharfe Fotografie.« Miranda stöhnte und verdrehte die Augen. »Das scheint eine ziemlich aufwendige Konzentrationsübung zu sein. Bei dir dagegen ist dieser kleine Bruch in der Zeit einfach so passiert … «
»Na ja, irgendetwas muss ich – leider unbewusst – getan haben, dass diese Moment-Wiederholung eingetreten ist.Vielleicht hat es aber doch etwas mit meinen neuen Ohrringen zu tun. Schließlich gibt es magische Artefakte.« Elena trat an den Schreibtisch, auf dem sie zuvor ihren Modeschmuck abgelegt hatte. Es waren silberfarbene Stecker mit einem tropfenförmigen grünen Stein. Elena hatte die Stecker vor einiger Zeit sehr günstig in einem kleinen Laden gekauft, in dem Nele sich ein Halstuch ausgesucht hatte. Jana hatte nach einem Haarreifen gesucht, aber keinen passenden gefunden.
»Magische Artefakte?« Miranda nahm die Ohrstecker behutsam in ihre Hand und betrachtete die Tropfen. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ich kann keine Zauberkraft spüren.« Sie legte den Schmuck wieder zurück. »Natürlich ist es auch möglich, dass ich mich täusche. Mona sollte die Stecker unbedingt überprüfen.«
Elena setzte sich auf die Bettkante. Sie wusste nicht, was sie von alldem halten sollte. Ungeahnte starke Kräfte? Zeitzauberei? Ihr war das Ganze ziemlich unheimlich, und einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, in Monas Zimmer zu gehen und ihr alles zu erzählen, obwohl ihre Großmutter darüber sicher sehr ungehalten sein würde. Sie hasste es, wenn man sie beim Schlafen störte.
Miranda setzte sich neben Elena. »Vielleicht liegt es ja auch an deinem Feenblut.«
»Wie bitte?« Elena starrte Miranda an.
»Na, es könnte doch sein, dass Feen besonders gut in Zeitzauberei sind«, sagte Miranda. »Die Zeit in der Feenwelt vergeht schließlich anders als bei uns. Jeremias hat so etwas auch angedeutet. Vielleicht sind Feen die heimlichen Herrscher über die Zeit … «, fügte sie nachdenklich hinzu.
Elena überlegte. Es klang ganz logisch, was Miranda dasagte – und es würde auch erklären, warum der Zeitzauber bei ihr funktionierte und bei Miranda nicht.
»Wir wissen ziemlich wenig über die Feenwelt«, bemerkte Miranda. »Genauso wenig, wie wir über die Welt der Dämonen gewusst haben, bevor die Sache mit Tiziana und ihrem Vater passiert ist. Das wird bei uns irgendwie totgeschwiegen. Wir lernen zwar alles Mögliche über die Hexenwelt, aber die anderen Welten werden ausgeklammert – so als gäbe es sie nicht. Dabei verfügen Dämonen und Feen über sehr starke magische Kräfte, und ich finde, wir sollten darüber viel mehr wissen.«
»Du hast recht«, antwortete Elena und gähnte. »Es können schließlich auch Gefahren von diesen Welten ausgehen. Das haben wir ja bereits am eigenen Leib erlebt.«
»Genau das meine ich.« Miranda sah Elena von der Seite an. »Aber du bist todmüde, das sehe ich dir an. Dann lass uns jetzt schlafen. Wir können ja morgen weiterreden.«
Die beiden Mädchen krochen ins Bett. Elena löschte mit einem kleinen Zauber das Licht. Nur die Sterne an ihrem Himmelbett leuchteten schwach.
Miranda griff unter der Bettdecke nach Elenas Hand. »Ich finde es unheimlich spannend, mit dir befreundet zu sein. Habe ich dir das schon mal gesagt?«
Elena kicherte leise. »Ich glaube schon.«
»Offen gestanden beneide ich dich ja ein wenig um deine Kräfte«, sagte Miranda. »Du wirst eine supertolle Hexe werden, glaub mir. Da kann ich nicht mehr mithalten … «
»Ach was.« Elena drehte sich zu ihrer Freundin. »Bisher bist du immer die bessere Hexe von uns gewesen. Und dass ich Feenblut habe, ist schließlich nicht mein Verdienst. Ich habe ein bisschen Angst vor diesen unbekannten Kräften,die ich da gerade neu entdecke.« Nach einer kurzen Pause setzte sie noch hinzu: »Außerdem sollten Freundinnen keine Konkurrentinnen sein.«
»Das ist ein sehr kluger Satz.« Miranda drückte noch einmal Elenas Hand. »Und wir werden auch keine Konkurrentinnen sein – niemals.«
Elena nickte zufrieden und kuschelte sich in ihr Kissen. Wenig später waren die beiden Mädchen eingeschlafen.
»Also – was gibt’s denn so Wichtiges?« Mona saß auf der Couch im Wohnzimmer, eine Tasse Cappuccino in der Hand, und sah fern, als Miranda
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