Magic Love
das Warum blieb ungeklärt. Ganz zu schweigen von der Frage, wann oder wie sie und Harvey jemals wieder zusammenkommen würden.
Und alles, was sie bisher gesehen und gehört hatte, sprach dafür, dass Harvey und Jenny ein Herz und eine Seele waren.
Doch sie weigerte sich, die Hoffnung ganz aufzugeben. Sabrina hinterließ in regelmäßigen Abständen nette kleine Nachrichten auf seinem Anrufbeantworter – Harvey war niemals zu Hause! –, obwohl ihr klar war, dass er wohl nicht zurückrufen würde. Dasselbe galt für Jenny. Sabrina bemühte sich so zu tun, als hätte sich zwischen ihnen als Freundinnen nichts geändert. Und Jenny war immer freundlich. Allerdings hatte sie nie Zeit für Sabrina.
Am Montagmorgen – in der Woche vor dem Ball am Samstag, stellte Sabrina düster fest – wusste sie nicht mehr weiter. Irgendwie würde sie jetzt die Wahrheit herausfinden müssen, auch wenn sie ihr eigenes Geheimnis dafür preisgeben müsste.
Montag war der Tag des Halbfinales vom Landesturnier der Bogenschützen. Westbridge trat gegen ein weiteres führendes Team an, Southvale High. Southvale hatte hart an seinem Aufstieg gearbeitet. Vielleicht, weil von dem Sieg soviel für sie abhing. Die Schule lag in einer ärmlichen Gegend und benötigte die neue Sportausrüstung dringend, die man bei dem Wettbewerb gewinnen konnte. Doch der Sieg von Southvale schien nicht sehr wahrscheinlich. Die Schützen von Westbridge hatten eine ungebrochene Serie von Erfolgen. Doch für alle Fälle hatte Direktor Conroy die Mannschaft von den Nachmittagsstunden befreit, damit sie trainieren konnte. Die Schützen waren den ganzen Nachmittag auf dem Sportplatz.
Das war der Moment, als Sabrina impulsiv beschloss, Quentins Schließfach zu durchforsten – er könnte doch dort ein Geheimnis verbergen, dachte sie. In den Raum mit den Schließfächern der Jungen zu gelangen war ein Klacks. Vielleicht kann ich meine Magie nicht bei ihm anwenden, aber bei mir selbst funktioniert sie immer noch. Und sie machte sich unsichtbar.
Ein schneller Blick durch den Raum gab ihr die Gewissheit, dass niemand dort war, doch sie blieb vorsichtshalber unsichtbar. Sie suchte überall nach dem Schließfach mit Quentins Namen. Zuerst konnte sie es nicht finden. Harveys fand sie gleich und schrieb ihm spontan „Viel Glück“ auf ein Taschentuch und schob es unter der Tür durch.
Schließlich entdeckte sie das Schließfach von Quentin Pid am anderen Ende des Raumes. Seltsam, dass es so weit von den anderen entfernt liegt, dachte sie. Man sollte doch glauben, er würde in der Nähe seiner Mannschaft sein wollen. Also...
War sein Schließfach ebenfalls immun gegen sie?
Sie sollte es niemals herausfinden.
Ihr Finger hob sich schon, doch gerade, als sie ihrer Magie freien Lauf lassen wollte, hörte sie, wie die Tür zum Raum aufflog. Sie bekam Gesellschaft, singende Gesellschaft, jemand trällerte einen bekannten Song: „All You Need Is Love.“
Quentin.
Sabrina war für das sterbliche Auge unsichtbar – aber konnte Quentin sie vielleicht sehen? Vorsichtig wich sie von seinem Schließfach zurück. Er wiederholte ständig die selbe Zeile: „Love, love, love... love is all you need, love is all you need, love is all you need, everybody !“ Gott sei Dank ist er nicht in den Chor eingetreten, dachte Sabrina und hielt den Atem an.
Quentin ging geradewegs zu seinem Schließfach. Er blieb direkt davor stehen und hörte plötzlich auf zu singen. Dann lauschte er angestrengt und blickte sich um, als wolle er sicher gehen, dass er wirklich allein war. Sabrina, die direkt hinter ihm stand, wagte nicht zu atmen.
Als Quentin sich seiner Einsamkeit sicher war, entspannte er sich und begann summend seine Schranktür zu öffnen.
Jetzt werde ich mich sichtbar machen und ihn zur Rede stellen!
Sabrina wollte gerade auf sich selbst deuten, als Quentin seine geliebte Lederjacke auszog. Gebannt sah Sabrina zu, wie er sie auf die Bank warf. Dann knöpfte er sein langärmliges weißes Hemd auf. Plötzlich war Sabrina ein wenig verlegen und sie wandte sich halb ab, als er es auszog.
Doch da sah sie seinen Rücken. Etwas Vergleichbares hatte sie noch nie gesehen, weder bei einem Sterblichen noch bei einem Zauberer. Genau unter seinen Schulterblättern ragten fest angewachsen zwei goldene Flügel hervor.
9. Kapitel
Sabrina sog hörbar die Luft ein. Quentin wirbelte herum. In Panik rief er: „Wer ist da?“ Er griff schnell nach seinem Hemd und warf es sich hastig über die
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