Magic Love
zeitaufwendig. Die Reihe war voll mit Leuten, die den Boden mit ihren Jacken, Schokoladenpapier, Popcornschachteln und Getränkebechern bedeckt hatten. Außerdem wollte Sabrina den Anfang vom Film nicht verpassen.
Frustration konnte Sabrina nicht besonders gut ertragen. Hexerei gegen widerliche Leuten war normalerweise gestattet, wenn man ihnen eine kleine Lektion erteilen wollte. Doch heute hatte Sabrina selbst daraus ein Tabu gemacht.
Grollend zog Sabrina ihren Zeigefinger zurück und verschränkte die Arme über der Brust. Sie reckte sich und versuchte eine Position zu finden, von der aus sie die Leinwand sehen konnte. Aber was sie auch anstellte, sie erhaschte gerade mal einen Blick auf ein flüchtiges Nasenloch oder höchstens die Hälfte von Tom Cruises Gesicht. Auch ihre Tanten suchten nach der besten Stellung, um etwas zu sehen. Egal, was.
So hatte sich Sabrina ihren normalen Familienabend nicht vorgestellt. Sie versuchte trotzdem, den Film zu genießen. Jedenfalls das, was sie davon sehen und hören konnte.
„Martin, ich habe gesagt, dass ich das Popcorn haben will!“, zischte die Frau mit Hut laut, als ihr riesiger Ehemann sich damit vollstopfte.
„Hol dir doch selbst was, Veronica!“, antwortete er schließlich und schob ihre Hand weg. Sie stieß ihm den Ellenbogen in die Rippen und schnappte sich eine Handvoll Popcorn.
„Lass noch was für mich übrig, Dad“, sagte sein Sohn und beugte sich über seine Mutter, um seinem Vater eine Handvoll Popcorn abzunehmen.
Teilen schien nicht Martins Stärke zu sein. Er war mit seinem Popcorn ziemlich eigen. „Quentin, ich hab dich gefragt, als wir ankamen. Da wolltest du kein Popcorn, und jetzt kriegst du meins nicht.“
„Aber da hatte ich noch keinen Hunger“, jammerte Quentin. „Aber jetzt. Komm, Dad, gib schon her!“
Martin hatte Temperament, und offenbar reichte es ihm jetzt. „Du willst Popcorn? Hier!“, brüllte er und bewarf seine Frau und seinen Sohn damit wie ein Irrer.
Sabrinas Mund klappte auf. So ein kindisches Benehmen hatte sie noch nie gesehen – noch nicht mal in der Schule, wo das Bewerfen mit Essen zur Routine gehörte, wenn es nicht zu langweilig werden sollte in der Mittagspause. Ihre Tanten waren ähnlich erstaunt und auch jeder andere in unmittelbarer Umgebung. Hilda stand sogar auf und wollte der Frau dabei helfen, das Popcorn abzubrüsten. Doch Veronica brauchte Hildas Hilfe nicht. Sie und ihr Sohn Quentin verteidigten sich. Die beiden bewarfen Martin mit Gummibärchen, der lachte jedoch bloß und rief: „Ihr wollt Krieg? Ihr sollt Krieg haben!“ Und er beugte sich vor und griff nach seiner Limonade. Es war der Jumbo-Becher. Veronica und Quentin dagegen bewaffneten sich mit ihren Getränken und einem Arsenal von Süßigkeiten. Alles flog durch die Gegend! Und gleichzeitig beschimpften sie sich noch. Die Schlacht tobte.
Schnell rutschte Sabrina tief in ihren Sitz und deckte sich mit ihrer Jacke zu. Auf keinen Fall wollte sie von diesen Wahnsinnigen mit klebriger Limonade durchweicht werden. Sie war versucht, ihnen eine Lektion zu erteilen... ein kleiner Fingerzeig war alles, was dafür nötig war. Sie wusste, dass Hilda das Gleiche dachte. Doch ein Blick zu Zelda hinüber ließ sie diesen Gedanken gleich wieder aufgeben.
Außerdem war Sabrina sicher, dass inzwischen irgendjemand den Geschäftsführer gerufen haben musste – die gesamte vordere Hälfte des Kinos war unter Beschuss. Rufe wie: „Setzen Sie sich hin! Ruhe! Raus!“, klangen durch das Kino. Die drei erwiderten lediglich unfreundlich: „Kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten! Lasst uns in Ruhe!“ Und sie fuhren mit ihrer Schlacht fort.
Oben auf der Leinwand hatte Tom Cruise nicht die geringste Chance.
Gerade als Sabrina es wagte, unter ihrer Jacke hervorzulugen, erhaschte sie einen Blick auf den Jungen namens Quentin. Von hinten hatte sie schon seine blonden Locken bemerkt, die unter der Baseballkappe hervorquollen. Jetzt, wo sie sein Gesicht sehen konnte, musste sie unwillkürlich nach Luft schnappen. Sein glattes, rundes, träumerisches Gesicht war von blonden Locken umringt, seine Augen blitzten unter langen, dichten Wimpern. Er schenkte ihr sogar ein hinreißendes Lächeln (was für süße Grübchen!), bevor er seinen wütend tobenden Vater wieder mit Chips bewarf. Sabrinas Herz schlug schneller. Er war einfach umwerfend! Alles, was dieser Typ brauchte, war eine Charakter-Transplantation.
Schließlich, nach einer Ewigkeit, wie es schien,
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