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Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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nicht München und es war nicht der Portier, ich ging
alles durch, es war nicht die Einsamkeit, es war nicht meine Mutter und nicht
Werner und nicht die Sehnsucht nach früher, außer vielleicht die Sehnsucht nach
früher, an diesen Gedanken klammerte ich mich wie ein Ertrinkender an ein Stück
Treibholz, früher, früher, wann war das gewesen, wie war das gewesen, ich
versuchte krampfhaft diesen Gedanken nicht loszulassen, wann das wohl gewesen
war, ob es das überhaupt einmal gegeben hatte, eine frühere Zeit, in der ich
das dunkle Gefühl noch nicht gekannt hatte, und ich konzentrierte und
konzentrierte mich und die Meerschweinchen zwitscherten und zwitscherten immer
lauter, und ich überlegte und überlegte, wann das gewesen sein könnte, als Kind
vielleicht? In Bielefeld? Das waren natürlich Quatschüberlegungen, die
angesichts dessen, was mit mir gerade passierte, völlig belanglos waren, aber
ich wollte und konnte nicht lockerlassen, ich hielt mich an dem Gedanken fest,
dass es irgendwann einmal anders gewesen sein musste und ich redete mir ein,
dass es nur darauf ankam, herauszufinden, wann das gewesen war und wo das
gewesen war und vor allem, wie ich damals gewesen war und wie ich
gelebt und gedacht hatte, denn, und das war der Gedanke, an den ich mich
klammerte, wenn ich das einmal herausfand, dann müsste ich vielleicht nur
irgendwie wieder so draufkommen oder so denken oder dieselben Tricks wie damals
anwenden, was immer das für Tricks auch gewesen sein mochten, um wieder okay zu
werden, um diese Kälte, dieses nackte Grauen loszuwerden, das die Beine
hochkroch und direkt körperlich wehtat, das einen sich krümmen und die Luft
anhalten und die Bauchmuskeln anspannen ließ, wie wenn man von einem dieser
Jahrmarktsdinger hin- und hergeschleudert wurde, und das war
mittlerweile so schlimm geworden, dass das Konzentrieren auf diese eine Frage,
ob und wenn ja wann ich dieses Gefühl einmal nicht gekannt oder wenigstens
vergessen gehabt hatte, zur Überlebensfrage wurde, zum Einzigen, das mich davon
abhielt, auf der Autobahn, auf der ich mit den immer lauter zwitschernden
Meerschweinchen Richtung Hofbräuhaus dahinknatterte, nach rechts rüberzuziehen
und der Sache am nächsten Brückenpfeiler ein Ende zu machen, und ich kam nicht
drauf und kam nicht drauf, aber ich hielt mich damit so lange hin, ich hielt
mich damit so lange über Wasser, dass ich es mit dem letzten bisschen Energie
auf einen Parkplatz schaffte, ich also da rauf und den Motor abgestellt und
alles was dann noch zu hören war, waren das Rauschen der Autobahn und das
Zwitschern von Lolek und Bolek, die kein bisschen leiser wurden, die waren
außer Rand und Band, waren sie vielleicht kontaktstoned? Kontakdepressiv?
Hatten sie eine Verbindung mit mir über die vierte Dimension, über ein
Psychowurmloch, das sich in Unterschleißheim aufgetan hatte? Ich versuchte
einigermaßen gleichmäßig zu atmen, und als das nicht ging, öffnete ich die
Tür, lief raus und auf eine an den Parkplatz angrenzende Wiese, um durch
Bewegung wieder okay zu werden, und so hüpfte und taumelte ich da ein bisschen
herum, das muss ziemlich lächerlich ausgesehen haben, und ich sah weiter weg
das Auto auf dem Parkplatz, innen erleuchtet, weil ich die Tür aufgelassen
hatte, und ich setzte mich schließlich auf die feuchte Wiese, es war kalt, aber
das Gras unter meinen Händen hatte etwas Beruhigendes, ich verkrallte die Hände
darin und die Feuchtigkeit kroch in meine Hose und war lästig und das Empfinden
dieser lästigen Feuchtigkeit und Kälte half mir ein bisschen und selbst hier,
in der Ferne, hörte ich die Meerschweinchen zwitschern oder
eher quietschen, noch durch das Rauschen der Autos auf der Autobahn hindurch,
oder bildete ich mir das nur ein? Ich war auf einmal todmüde und das dunkle
Gefühl war genauso plötzlich wieder weg, wie es gekommen war, verschwunden wie
eine Armee Zombies, die durch einen hindurchmarschiert und einfach weitergezogen
war, so hatte Klaus-Dieter das einmal beschrieben, daran erinnerte ich mich
jetzt, guter alter Klaus-Dieter, das war ein guter Vergleich gewesen. Ich
stand auf und klopfte mir die Hose ab, am Arsch alles durchnässt, aber das
störte mich nicht, ich hatte ja im Auto meinen Mantel, der würde das später
verdecken. Das Gras war ziemlich lang. Ich rupfte einige Handvoll davon aus und
brachte sie den Meerschweinchen.

51. Endstation Holger
    Im
Hofbräuhaus waren
von meinen Leuten noch Raimund, Ferdi, Sigi, Rosa, Holger und

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