Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
Vom Netzwerk:
Basti
mir langsam zu Boden, was würde Golo Mann dazu sagen? Als ich endlich meine
Plastiklochkarte für die Fluxi-Zimmertür bekommen hatte und Basti schon ganz
auf dem Boden lag, sagte ich: »Und dann hab ich den noch hier, das ist ein
Kollege, das ist Basti, also der heißt wahrscheinlich Sebastian oder was, der
ist hier auch eingebucht, der müsste mal auf sein Zimmer und sich ein bisschen
erholen.«
    Der
Historikerfreak guckte über seinen Tresen hinweg auf Basti und sagte: »Aber der
ist jetzt nicht krank oder sowas? Soll ich einen Krankenwagen holen?«
    »Nein, der
ist bloß blau«, sagte ich, »der war im Hofbräuhaus und hat das wohl nicht so
gut vertragen.«
    »Wussten
Sie, dass da die NSDAP gegründet wurde?«, sagte der Portier und guckte wieder
in seinen Computer.
    »Nein«,
sagte ich. »Ich nehme auch mal an, das hängen die nicht so an die große
Glocke.«
    »Wer weiß«,
sagte der Mann, »wer weiß! Sebastian mit Vornamen oder mit Nachnamen?«
    »Vornamen,
nehme ich an, es ist Basti von den Hosti Bros!«
    »Echt?« Er
beugte sich wieder über den Tresen und schaute sich Basti an. »So sieht der
also aus.«
    »Sie kennen die Hosti Bros?«, sagte ich.
    »Natürlich,
die haben doch gerade einen Hit, HostiBrosti, aber die sind natürlich jetzt
nicht so direkt gesichtsbekannt, würde ich mal sagen, eher so faceless-techno-mäßig
unterwegs.«
    Nicht zu
fassen. Ein Raver. Stellten die für die Nachtschichten in den Fluxi-Hotels
immer Raver ein?
    »Hier habe
ich einen Sebastian Stratmann«, sagte der Mann jetzt, »der ist zusammen mit
Holger Przybilla auf einem Zimmer.«
    »Das ist
er, Basti, Holger, Hosti, Hosti Bros, alles klar, da müsste ich dann den
Schlüssel mal haben, dann bring ich ihn da rein.«
    »Kann ich
nicht machen, tut mir leid. Müsste ich erst seinen Ausweis sehen oder so. Oder
dass er mir seinen Namen selber sagt oder so.«
    »Wieso, wir
wissen doch, dass er Sebastian Stratmann ist.«
    »Das ist
nur eine Vermutung. Ich kenne ihn ja nicht persönlich, auch nicht vom Gesicht
her, das sind ja die letzten, die die Fahne noch hochhalten.«
    »Welche
Fahne denn jetzt?«
    »Na, die
Faceless-Techno-Fahne!«
    »Soso, und
das finden Sie jetzt gut oder nicht so gut?«
    »Das finde ich gut.«
    »Aber jetzt
gerade verwenden Sie es gegen ihn, so sieht’s aus!«
    »Ja,
stimmt.« Er dachte kurz nach. »Aber da kann ich nichts machen. Vielleicht hat
er ja einen Ausweis dabei!« Er deutete auffordernd mit dem Kinn auf Basti, der
sich in diesem Moment auf dem Boden umdrehte und grunzte.
    »Ich kann
doch nicht einfach seine Sachen durchsuchen. Das geht ja wohl irgendwie auch
nicht, sowas mach ich nicht, einen hilflosen Mann durchsuchen. Außerdem kann ich Ihnen doch sagen, dass das Sebastian Stratmann ist.«
    »Das
funktioniert als Security-Check aber nur, wenn Sie das zuerst und ohne Hilfe
sagen. Und mit der Zimmernummer zusammen. Nicht, wenn ich Ihnen das vorher
erzähle. Dann ist das ja witzlos.«
    »Aber das
ist doch Scheiße!«
    »Klar ist
das Scheiße. Aber noch mehr Scheiße wäre das, wenn ich Sie den jetzt auf ein
Zimmer legen lasse im Vertrauen darauf, dass das a) Basti von den Hosti Bros
und b) Basti von den Hosti Bros mit Sebastian Stratmann auf Zimmer 110
identisch ist, und sich dann später ergibt, dass der richtige Sebastian
Stratmann gar nicht zu Hosti Bros gehört und in sein Zimmer kommt und in seinem
Bett einen vorfindet, der sich im Hofbräuhaus betrunken hat.«
    »Und nun?«
    »Weiß auch
nicht. Wollen Sie denn schon ins Bett?«
    »Nein, ich gehe nochmal weg.«
    »Dann legen
Sie den doch erst einmal bei sich aufs Zimmer.«
    »Ja, das
ist wahrscheinlich das Beste. Hier liegenlassen wäre ja nun schlecht.«
    »Das wäre
gar nicht gut.«
    Ich bückte
mich, fasste Basti unter die Achseln, zog ihn halb hoch und schleifte ihn so
zum Fahrstuhl. Im ersten Stock brachte ich ihn auf Zimmer Nr. 105 und legte ihn
dort in mein Bett.
    Auf der
Rückfahrt zum
Hofbräuhaus zwitscherten die Meerschweinchen wie verrückt und ich merkte, wie
das dunkle Gefühl kalt in mir hochkroch, das kam ganz plötzlich, eben war noch
alles tippitoppi gewesen, um es mit Raimund zu sagen, oder jedenfalls irgendwie
okay oder jedenfalls nicht ganz so schlimm, und plötzlich die Hölle und keine
Ahnung, was dahintersteckte, es waren nicht die Meerschweinchen und es war
nicht Basti, es war nicht Magical Mystery und es war nicht das Fluxi, es war
nicht das Auto und es war nicht Raimund, es war nicht das
Hofbräuhaus und es war

Weitere Kostenlose Bücher