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Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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weiß und schön und
strahlend.
    Das war das
Versprechen gewesen, dachte ich, als ich da neben den picknickenden
Multitoxikern im Gras lag und die Wolken betrachtete.
    Das war das
Versprechen gewesen.
    Am
nächsten Morgen
ging ich zum Bahnhof Altona. Gudrun verabschiedete mich mit den Worten, ich
könne das ja wohl gut alleine schaffen, den Zug nach Uelzen könne ja wohl
»jeder Döspaddel« kriegen, das hätten schon ganz andere geschafft, da brauche
sie ja wohl nicht mitzukommen. Dabei hatte ich sie gar nicht darum gebeten,
aber sie ging wohl zu Recht davon aus, dass Werner mitgegangen wäre, und da
wollte sie wohl gleich mal ihren abweichenden, auf die Eigeninitiative und die
Eigenverantwortlichkeit ihrer Schützlinge vertrauenden Standpunkt klarmachen.
Sie war eine gute Seele, die alte Charityhaubitze, und ich verabschiedete mich
von ihr mit einem schlechten Gewissen.
    Der
Bahnhof Altona war
ein Sackbahnhof. Von ihm gingen alle Züge los und in ihm endeten alle Züge.
Der nach Uelzen stand auf Gleis 12. Auf Gleis 10 stand der nach Berlin. Den
nahm ich dann.

TEIL 2
    2. Teil
Mitte

10. Alles leer
    Ich
atmete erst auf,
als wir hinter Büchen waren, also in der DDR oder dem, was davon noch übrig
war, die Grenzkontrolle war ja weg, unfassbar eigentlich, dass die
Uniformfreaks mit ihren aufklappbaren Umhängetäschchen nicht mehr ihre Formular- und Stempeloperette abzogen. Aber der Zug war noch so eine alte
Reichsbahngurke und die Zuggeschwindigkeit stimmte auch noch, ab Büchen
zuckelten wir mit dreißig Sachen über die Betonschwellen. Bis Büchen hatte ich
noch Angst gehabt, dass ich es mir anders überlegen könnte, von Büchen aus
hätte man noch einen Schienenbus nach Uelzen kriegen und die St.-Magnus-Sache
durchziehen können, erst danach, als der DDR-Kram begann, der seit einigen
Jahren ja wohl keiner mehr war, entspannte ich mich ein bisschen und ging in
den Speisewagen, der immer noch Mitropa hieß und auch noch genauso aussah. Nach
zwei Kännchen Kaffee und einer halben Schachtel Zigaretten hatte ich mich so
weit beruhigt, dass ich aus dem Fenster gucken und darüber nachdenken konnte,
was jetzt eigentlich Sache war. Viel kam dabei nicht heraus: Clean Cut 1 lag
hinter mir, und alles, was mir noch blieb, war ein bisschen Geld bei der Haspa
und ein Jobversprechen von zwei Ravern, die einen Club und ein Label betrieben
und denen es
offenbar gut genug ging, einem Klapsmühlenzausel wie mir viertausend Mark für
zehn Tage Arbeit anzubieten.
    Bis
Wittenberge war das durchdacht, danach war alles leer. Die alten Sachen waren
Vergangenheit und die Zukunft war offen. Keine Richtung, kein Plan. Das gefiel
mir ganz gut.

11. Ihr Fahrplaner
    Der Zug
hielt in Nauen, und
als er da wieder abfuhr, roch es schon irgendwie nach Berlin. Ich wurde unruhig,
an Nauen konnte ich mich nicht erinnern, ich kannte das gar nicht, wusste gar
nicht, wo das lag, aber es roch nach Berlin, als wir da rausfuhren, wobei
riechen das falsche Wort ist, es war etwas Elektrisches, wahrscheinlich bloß
Einbildung, eine Unruhe, die mich erfasste, jetzt geht’s los, dachte ich,
jetzt geht’s los, aber viel ging da erstmal nicht, da kamen erst noch kleine
Häuschen und kleine Straßen und dazwischen Felder und Gewerbe, das sah alles
noch ziemlich nach Othmarschen aus, wenn auch in einer DDR-Version, also etwas
abgeschabter, aber dann hörte das mit den Feldern und Wäldern ganz auf und wir fuhren
nach Berlin rein, irgendwie Spandau oder sowas, und dann durch Charlottenburg
und zwischen Kudamm und Kantstraße, und als wir uns dem Bahnhof Zoo näherten,
kriegte ich Angst und überlegte, einfach sitzenzubleiben und gleich weiter bis
Hauptbahnhof zu fahren, was immer das sein sollte, Hauptbahnhof, seit wann
hatten die hier einen Hauptbahnhof, richtig schlau wurde man da nicht aus dem
IC-Fahrplanblättchen, in dem ich die ganze Zeit zwischen Wittenberge und Nauen
sinnlos herumgeblättert hatte, ein Umstand,
dem ich wohl auch die Ahnung der Nähe Nauens zu Berlin zu verdanken hatte, wie
mir jetzt auffiel, an dieser Ahnung war ja wohl nichts Mystisches und nichts
Elektrisches gewesen, wenn man sich erstmal klarmachte, dass im Faltblatt »Ihr
Fahrplaner«, das ich die ganze Zeit zwischen Wittenberge und Nauen völlig
enthirnt von hinten nach vorne und von vorne nach hinten durchgeschmökert
hatte, der Abstand zwischen Nauen und Berlin-Zoologischer Garten mit 34 km angegeben
war, das war ja wohl das verdiente Ende jeder esoterischen

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