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Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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Letzte, was ich hier sein
wollte, war ein Voyeur des Par tyspaßes, ein Spanner beim Drogenkonsum
anderer, wobei mir auffiel, dass ich überhaupt keine Lust hatte, jetzt ebenfalls
Sekt zu trinken, das beruhigte mich dann doch, sonst hätte ich vielleicht auf
Werner hören und schnell weglaufen müssen.
    »Wir haben
einfach keine Alben«, wiederholte Ferdi, »wir haben keine Alben, das ist ja
auch der Grund für Kratzbombe, wir müssen das ganz neu aufstellen, Kratzbombe
wird das Album-Label, darum haben wir da auch die Hosti Bros rübergeholt auf
Kratzbombe, ich dachte, die beiden können einfach keine Hits, aber ich hab gedacht,
da geht vielleicht was mit Alben, aber hier!« Er hielt mir seine Zettel hin.
»Die sind noch nichtmal auf der Warteliste für die Albumcharts! Die sind
noch nicht mal auf der Warteliste für die Warteliste!« Er lachte.
»Stattdessen sind sie auf Platz fünfzehn der Single-Charts. Mit Hosti Brosti,
die Spacken. Unglaublich! Und jetzt lass uns mal ein bisschen Party machen.« Er
stand auf und diesmal folgte ich ihm ins Gewühl. Am Faxgerät war ordentlich
was los, da wurden Basti und Holger gefeiert, und Ferdi stellte sich dazu und
hielt den Leuten eine Ansprache über das Thema Singles und Alben und Hits und
warum die Hosti Bros trotz Platz fünfzehn in den Single-Charts versagt hätten,
»Komplettversager«, »totale Mauken«, das waren die Begriffe, die er verwendete,
und es störte ihn dabei nicht im Mindesten, dass Holger und Basti dabeistanden.
Und Holger und Basti störte es auch nicht, sie grinsten und nickten, während er
das sagte, und als er ihnen sagte, dass sie nicht grinsen und nicken sollten
bei sowas Ernstem, lachten sie ihn aus. Ich ging derweil zum Kühlschrank und
schaute hinein. Er war voll mit Champagner, kein Sekt, nur Champagner, auch das
Gemüsefach, nur in der Kühlschranktür gab es außerdem noch
einen angebrochenen Tetrapak Milch und eine Tafel weiße Schokolade und im
Eisfach war eine Flasche Wodka und eine Packung Schokoladeneis, aber nirgendwo
Mineralwasser, keine Softdrinks, gar nichts. Ich nahm mir einen Pappbecher und
füllte ihn mit Wasser. Als ich zu Ferdi zurückkam, stand Rosa bei ihm. Sie sah
mich kommen und winkte. Sie hob ihren Pappbecher und wir stießen an.
    »Bing«,
sagte ich versuchsweise.
    »Typisch
BummBumm Records«, sagte sie. »Champagner trinken, aber zu faul zum
Gläserspülen!«
    »Ich
versteh’s«, sagte ich. Ich zeigte auf ein Bündel Zettel, das neben uns auf dem
Kopierer lag. »Bist du auch in den Charts?«, sagte ich.
    »Nie im
Leben«, sagte sie. »Ich bring jetzt was bei Kratzbombe raus, aber nur, weil die
keine CD-Maxis machen.«
    »Bist du
sicher?«, sagte ich.
    »Von meinen
Sachen nicht.«
    »Dann ist
ja gut«, sagte ich.
    »Kratzbombe
macht keine CDs, wenn der Künstler das nicht will«, sagte Ferdi. »Nur dass Rosa
die Einzige ist, die das nicht will. Aber jedes Label braucht so einen! Wir
können ja nicht alle nur Kommerzschweine sein.« Er lachte und ging weg.
    »Ich glaub,
ich geh jetzt was essen«, sagte Rosa. »Kommst du mit?«
    »Ja,
gerne«, sagte ich.
    »Aber nicht
schon wieder in den Suppenladen«, sagte sie.
    »Ist mir
recht«, sagte ich.
    Als wir
rausgingen, hakte sie mich unter, dabei hatte ich keinen Schirm und es regnete
auch nicht mehr.

21. Backhendl
    Rosa wollte zu einem kleinen Restaurant
in der Nähe, sie sagte etwas von Backhendl und ob ich sowas mögen würde, und
ich sagte »wer mag sowas nicht«, und sie sagte »Vegetarier vielleicht« und so
ging das eine Zeitlang, ein freundliches Geblödel entspann sich zwischen uns,
während wir durch die Straßen liefen, sie mit »auch mal was essen, was aus der
Friteuse kommt«, ich mit »Folklore ist immer gut«, sie mit »sie sagen backen,
aber sie meinen frittieren«, ich mit »das Hähnchen ist kein Napfkuchen«, und
immer die schmalen Straßen entlang mit ihren kaputten, engen Gehwegen und
kleinen Häuschen, die mich jetzt, wo es dunkel wurde, noch mehr an Bielefeld
erinnerten, was mir ganz gut gefiel, vielleicht weil es eine so frühe
Erinnerung war, Bielefeld war ja das verlorene Paradies meiner Kindheit, naja,
jedenfalls hatte ich Bielefeld als Kind verloren und seitdem nicht
wiedergesehen, das war hart gewesen, wir verließen Bielefeld damals, und das
war es dann irgendwie gewesen mit der unschuldigen Kindheit, so erschien es mir
jedenfalls in der Rückschau, und ähnlich diffus wie meine Erinnerung an meine
Kindheit war auch die an Bielefeld, ich bin da

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